Kippe, Name, Foto

Zigarettenpause In Peking darf ab Juni an öffentlichen Orten nicht mehr geraucht werden. Wer es doch tut, darf denunziert werden. Helfen solche Maßnahmen?
Ausgabe 23/2015
Aus, der Rauchertraum. In Peking gilt nun eines der strengsten Rauchverbote weltweit
Aus, der Rauchertraum. In Peking gilt nun eines der strengsten Rauchverbote weltweit

Foto: Mike Clarke/AFP/Getty Images

Noch vor wenigen Tagen qualmte es in den Kneipen und Restaurants von Sanlitun, Pekings populärem Ausgehviertel. Das ist nun nicht mehr erlaubt. Rauchen verboten. Selbst die Aschenbecher draußen vor der Tür sind verschwunden.

Seit dem 1. Juni gilt in der 25-Millionenmetropole eines der strengsten Rauchverbote der ganzen Welt – und es wirkt abschreckend. In sämtlichen öffentlichen Räumen ist Rauchen untersagt. Nicht einmal abgetrennte Raucherräume sind erlaubt – auch auf der Straße darf seit dem neuen Gesetz nicht mehr gepafft werden. Zumindest nach den ersten Tagen scheint das zu wirken. Das überrascht. Denn wer in China schon mal zum Essen eingeladen wurde, weiß, wie verankert die Nikotinkultur im Reich der Mitte ist. Ein Nein zur angebotenen Zigarette wird nicht akzeptiert. Viele heimische Zigarettenmarken genießen geradezu Kultstatus. Ist es eine „Suyan“ oder gar die Luxusmarke „Nanjing“? Die Marke sagt viel darüber aus, welchen Stellenwert der Gastgeber seinen Gästen beimisst. Rauchen ist in China Ausdruck für Status, Freundschaft und Anerkennung.

Nach dem Willen der Pekinger Stadtverwaltung soll damit nun Schluss sein. Zwar hat es in Peking in Restaurants und Cafés auch in den vergangenen Jahren schon ein Rauchverbot gegeben. Daran hat sich bislang aber keiner gehalten. Mit strengeren Regeln geben sich die Stadtoberen dieses Mal nicht zufrieden. Begleitet wird das Verbot mit einer Kampagne, die an die ideologisch aufgeladenen Zeiten unter Mao Zedong erinnert. Seit Wochen bekommen Schüler spezielle Handzeichen beigebracht, die Mitmenschen zum Nichtrauchen auffordern. Eine ausgestreckte linke Hand heißt: Bitte hören Sie auf. Selbst zur Denunziation wird aufgerufen: Auf einer speziellen Regierungsseite sollen Bürger illegales Rauchen anschwärzen können. Wen man dreimal beim Verstoß gegen das Nichtrauchergesetz erwischt, der wird mit Name und Foto für einen Monat auf der Webseite bloßgestellt. In den sozialen Netzwerken begrüßen viele Chinesen ein rigoroses Vorgehen, die meisten lehnen aber Denunziation als Mittel ab.

Strengere Maßnahmen sind in China dringend nötig. In keinem anderen Land wird so viel gequalmt: 360 Millionen von 1,3 Milliarden Chinesen rauchen. Weil Rauchen gesellschaftlich so akzeptiert ist, haben sich Nichtraucher auch kaum zur Wehr gesetzt. Obwohl 740 Millionen Menschen regelmäßig passiv rauchen, darunter 182 Millionen Kinder. Mehr als eine Million Lungenkrebstote im Jahr gehen unmittelbar auf Nikotin zurück. Rauchen ist damit schlimmer als der Pekinger Smog.

Schwieriger als die Kontrolle wird es, die enge Verflechtung der chinesischen Führung zur Tabakindustrie aufzulösen. Mehr als zwei Billionen Zigaretten werden in China im Jahr produziert. Dahinter steht die China National Tobacco Corporation, ein staatlicher Dachverband, von dem auch die Zentralregierung profitiert (die chinesische Tabakindustrie trägt jährlich zu rund sieben Prozent der Einnahmen bei). Die staatliche Tabakmonopolbehörde wiederum kontrollierte nicht nur die Gewinne aus dem Zigarettengeschäft, sie war auch für die Gesundheitskampagnen zuständig – halbherzige Kampagnen. Künftig soll sich das Gesundheitsministerium darum kümmern, dass das Rauchverbot eingehalten wird. Und diesmal dürfte es besser klappen: Gesundheitsinspekteure gehen weniger zimperlich mit unbeugsamen Rauchern um.

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