Die Wahrheit stirbt zuerst

Werbekritik Die NATO betreibt seit neuestem Viral-Marketing im Internet. Offenbar will sie nach den Gipfel-Protesten vor allem bei jungen Menschen ihr Image aufpolieren

Die NATOwird sechzig und macht Werbung ganz auf der Höhe der Zeit: mit drei Viral-Spots, also kurzen Filmchen, die nicht im Fernsehen laufen, sondern nur über das Internet verbreitet werden. Die Netz-User sollen sich, so der Plan, die Video-Links per E-Mail oder, ganz up-to-date über Twitter gegenseitig weiterleiten. Internetfilmchen sollen vor allem junge Menschen erreichen. Nach den Gipfel-Protesten im April hat die NATO es anscheinend nötig, bei eben jenen ihr Image zu polieren.


Die Videos:

60 Jahre NATO – Staircase

60 Jahre NATO – Basement

60 Jahre NATO – Run


Die Idee der Filme ist immer die gleiche und dabei weder besonders neu noch originell: Eine anfangs als bedrohlich gezeichnete Situation stellt sich am Ende als völlig harmlos heraus: Eine Frau rennt durch ein dunkles Treppenhaus, Explosionen und Blitzlichter dringen durch die Fenster, doch als sie aus dem Haus tritt, nimmt ihr Freund sie in den Arm und beide bestaunen das Feuerwerk. Ein glatzköpfiger Folterknecht entpuppt sich als Techno-DJ und seine Opfer sind tanzende Gäste in einem Partykeller. Flüchtende Kinder spielen eigentlich Fußball und ihre Jäger sind in Wahrheit Väter, die sie anfeuern. Am Ende steht immer ein Satz, der das Engagement der NATO rechtfertigt: „Sie wollen ein Leben in Freiheit und Stabilität. Wir auch. Frieden und Sicherheit. Das ist unsere Mission.“

Doch dieser Schuss ging daneben: Die Netzjugend ist häufig kritisch und nicht selten pazifistisch. Eine Internet-Userin, die anderes im Sinn hat als die Videos zu verbreiten, bringt es auf den Punkt: „Was haben Werbung und Krieg gemeinsam? Richtig, die Wahrheit stirbt zuerst.“

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