Suche nach Wahrheit als actionreiches Coming of Age-Drama im Retrogewand

Film Der Film UFO Sweden (2022) erzählt von einer UFO-Jagd in einer 90er-Jahre Ästhetik und mit überraschenden Wendungen

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Manchmal kann die etwas unmotivierte Suche nach einem Streifen, den man noch nicht gesehen hat für einen Filmabend daheim zu erstaunlichen Entdeckungen führen. Um erstaunliche Entdeckungen geht es auch in dem schwedischen Film UFO Sweden (2022) von Victor Danell, auf den ich eher zufällig gestoßen bin. Nebenbei bemerkt, ist es der zweite nordeuropäische Film, den ich am vergangenen Wochenende geschaut habe, in dem die Protagonistin in einer Szene einen Hotdog zu sich nimmt, der ihr von einer Bezugsperson besorgt wurde.

Bevor ich nun in Erinnerungen an einen länger zurückliegenden Kopenhagen-Aufenthalt abschweife, die mir dieses kulinarische Detail ins Gedächtnis rief, kommen wir besser gedanklich wieder nach Schweden zurück. Dort spielt auch der Film, wie der Titel schon vermuten lässt. Denise, eine Teenagerin, überzeugend gespielt von Inez Dahl Torhaug, wird durch ein ungewöhnliches Ereignis darin ermutigt, die Suche nach ihrem verschollenen Vater wieder aufzunehmen. Sie vermutet, dass Außerirdische mit dem Verschwinden zu tun haben. So begibt sie sich denn auch zu der Gruppe, der einst ihr Vater engehörte, "UFO Sweden", von der sie sich Hilfe erhofft.

Nun, UFO-Gruppen haben zuweilen auch im realen Leben nicht den besten Ruf. Sicher gibt es auch Auswüchse, wie sie zuweilen bei verschieden gelagerten Anhänger*innen von Verschörungstheorien auftreten können. In Japan gab es einmal eine neureligiöse Bewegung, Pana Wave Laboratory, bei der die Religionsstifterin Yuko Chino mit verschiedenen Wesen, darunter Außerirdischen Kontakt gehabt haben soll, die hin und wider mit ihrem Raumschiff unser Universum besuchen würden. Die Gruppe hatte Bedenken gegenüber elektromagnetischen Wellen und versuchte sich gegenüber diesen abzuschirmen, außerdem war Yuko Chino davon überzeugt, dass Kommunisten hinter ihr her gewesen wären.

Nichtsdestotrotz hält die Faszination der Frage nach der Existenz außerirdischen Lebens an und befeuert neben der Fantasie und kulturelle Produktion auch die Naturwissenschaften. Ohne damit etwa manche aktuelle rechtslastige bzw. antisemitische von Verschwörungstheorien geprägte Bewegungen damit verharmlosen zu wollen, kann es ja außerdem ein interessantes Gedankenspiel sein, zu überlegen, was wenn da doch mehr ist. Um dieses mehr, das was bisher nicht entdeckt wurde, geht es in dem Film, womit man ja doch wieder bei einem "normalen" Forscher*innen-Ethos wäre. Was ist schon "normal", auch diese Frage wird in dem Film verhandelt. Beziehungsweise geschieht das, was schonmal bei relativ geschlossenen Communities passieren kann: im Film werden Mitglieder der Organisation "UFO Sweden" als Freaks beschimpft, sind aber auch ein bisschen stolz darauf, Freaks zu sein. Das wirkt durchaus klischeehaft und so ist es sicher auch gedacht, der Film nimmt sich in dieser Hinsicht aber, was das angeht, dafür nicht allzu ernst. Es ist in einem guten Sinne das Spiel mit dem Klischee, das darin seinen Platz hat.

Sodann passt der Film zum anhaltenden Retro-Trend. Es ist ja durchaus ein Sciene Fiction-Film aber soetwas wie CGI hält sich darin in Grenzen. Der Film spielt in den 1990er Jahren, Denise vermag sich in allerhand elektronische Systeme mit einem Gameboy einzuhacken. Und sie fährt ein Cross-Motorrad. Ein alter Saab spielt ebenfalls eine nicht unbedeutende Rolle (Drive My Car lässt grüßen). Der Philosoph Byung Chul Han hat in Undinge, Umbrüche der Lebenswelt (Berlin: Ullstein, 2021), die Tendenz beschrieben, wie wir heute vor allem von Informationen geprägt werden und die Dinge aus unserem Bewusstsein nicht zuletzt auf Grund technologischer Entwicklungen verschwinden. Diese gewisse Verlusterfahrung mag einer der Gründe sein, warum Dinge aus den 1990ern, in denen die Welt noch nicht vor allem über das Smartphone wahrgenommen wurde, ein Gefühl von Nostalgie auszulösen vermögen.

Denise hängt zudem zu Beginn des Films mit Freund*innen mit offenbar krimineller Energie rum. Sie wohnt bei Pflegeeltern und eine Polizistin, die sie einst "aufgesammelt" hat, pflegt zunächst ein gutes Verhältnis zu ihr und hilft ihr auch mal aus der Patsche. Doch die von Sara Shirpey gespielte Polizistin Tomi hat einen unbändigen Groll auf die UFO-Organisation und möchte mit aller Macht verhindert, dass Denise etwas mit dieser zu tun hat. Das Verschwinden von Denises Vater hat schließlich mit der Gruppe "UFO Sweden" zu tun, mit denen, die Denise trotz aller Warnungen doch aufsucht. Dadurch werden die beiden schließlich Gegenspielerinnen.

In der besagten Organisation gibt es einen etwas in die Jahre gekommenen Herrn, der akribisch darauf achtet, dass diese nicht mehr mit zwielichten Aktivitäten in Verbindungen gebracht wird. Überhaupt gibt sich die Gruppe bewusst seriös und wimmelt auch schonmal Anrufende ab, wenn sie ihre UFO-Beobachtungen nicht mit stichhaltigen Beweisen unterfüttern kann. Dass Denise nun mit ihrer Suche nach dem Grund für das Verschwinden ihres Vaters nachdem die Gruppe nach einigem Zögern zustimmt ihr zu helfen, für Wirbel sorgt, schmeckt dem altgedienten von Håkan Ehn gespielten "UFO Sweden"-Mitglied Gunnar gar nicht. Die anderen fühlen sich aber motiviert und sind mit von der Partie. Ein Konflikt ist damit vorprogrammiert.

In Konflikt kommen Denise und ihre neuen Freunde auch mit dem Gesetz, vor allem durch Denise Vorgehen um an Daten zu gelangen. Zudem gibt es im einem Forschungsinstitut eine Wissenschaftlerin, die heimlich auch nach Ufos Ausschau hält. Da kommt Rivalität ins Spiel.

Die Suche nach der Wahrheit, führt Denise und die Gruppe tatsächlich unter schweren Bedingungen und zu Erkenntnissen und als Zuschauer habe ich mich davon gerne mitreißen lassen - und überraschen, wenn dann doch etwas ganz unerwartetes zum Vorschein kommt.

Dieser action- wie einfallsreiche Coming-of-Age Film bietet überraschende Wendungen und hat dabei die Welt (in Schweden) der 1990er Jahre gut eingefangen. Eine deutschsprachige DVD-Fassung gibt es von Eurovideo.









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Geschrieben von

Ferdinand Liefert

Dipl.-Theologe (Studium in Greifswald / Marburg / Interreligiöses Studienprogramm in Kyoto ).

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