„Saint Omer“ von Alice Diop: In den Augen der Mütter

Kino Eindrucksvolles Gerichts-Drama: In ihrem preisgekrönten Film „Saint Omer“ geht es der Filmemacherin Alice Diop, selbst Tochter senegalesischer Eltern, nicht mehr um die Repräsentation migrantischer Frauen. Warum gerade das hochpolitisch ist
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 10/2023
Rama (Kayije Kagame), eine junge Schriftstellerin, die selbst gerade ein Kind erwartet, verfolgt den Prozess
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Foto: Grandfilm

Meeresrauschen. Der Atem eines Menschen. In der Dunkelheit ist schemenhaft das Profil einer Frau zu erkennen, in ihren Armen ein Bündel. Der Blick ist gesenkt, ihre Schritte langsam, aber bestimmt. Die Brandung wird lauter. Schnitt. Mit dieser Einstellung, kaum eine Minute kurz, beginnt Saint Omer, das Spielfilmdebüt von Alice Diop. 2016 war die französische Regisseurin in die gleichnamige Kleinstadt an der Nordküste gereist, um den Prozess gegen Fabienne Kabou zu verfolgen, der landesweit für Aufsehen sorgte. Die Frau, wie Diop senegalesischer Abstammung, war angeklagt, im November 2013 ihre 15 Monate alte Tochter getötet zu haben.

Die 1979 bei Paris geborene Diop drehte bisher mehrere Dokumentarfilme, darunter den auf der Berlinale vor zwei Jahren ausgezeichn