Barbara Rosenkranz (51) war bereits 1996 Vizechefin der FPÖ in Niederösterreich und wurde zwei Jahre später Landesparteisekretärin. Seit April 2005 ist sie stellvertretende FPÖ-Bundesobfrau
Anders als in Deutschland wird in Österreich der Bundespräsident direkt und für sechs Jahre gewählt. Der Amtsinhaber heißt Heinz Fischer und es ist absehbar, dass der Sozialdemokrat es auch wieder werden wird. Fraglich ist allerdings, wie hoch sein Sieg am 25. April ausfallen wird. Denn die einzig ernst zunehmende Gegenkandidatin, die niederösterreichische Landesrätin Barbara Rosenkranz von der FPÖ, sorgt derzeit für einige Aufregung.
Die 35 Prozent Wahlstimmen, die von den Freiheitlichen angepeilt werden, sind allerdings reines Wunschdenken. Die passionierte Dirndl-Trägerin und zehnfache Mutter ist kein Angebot für die Mehrheit der FPÖ-Wählerschaft. Anders als einst Haider oder heute Strache wirkt die 51-Jährige tatsächlich ewig gestrig. Vor allem die jüngeren Wähler von Heinz-Christian Strache sind nicht für Mutterkreuz-Romantik und BDM-Verklärung zu haben. Das ist, bei aller Indifferenz, nicht ihre Welt und wird es auch nicht werden. In die Disco passt die Rosenkranz jedenfalls nicht. Nicht junge Faschisten verkehren dort sondern Youngsters, die Straches rebellische Attitüde durch Stimmabgabe und Stimmung unterstützen. Aber Rosenkranz?
Auch katholische Wähler dürfte sie kaum ansprechen. Zwar wollte Strache „die heilige Barbara“ gegen den konfessionslosen Fischer in die Wahl schicken, doch bald stellte sich heraus, dass Rosenkranz – anders als der Name nahe legt – aus der Kirche ausgetreten ist. Sie gehört also weniger zu den vom FPÖ-Obmann beschworenen christlichen Kreuzrittern als zum alten Schlag deutsch-nationaler Antiklerikaler. Gab es in der christlich-konservativen ÖVP anfangs noch vereinzelt Stimmen, die der freiheitlichen Kandidatin Wählbarkeit bescheinigten, so sind die jetzt ganz verstummt. Rosenkranz sei untragbar, so der Tenor.
Vorbild Maria Theresia
Nicht 35 Prozent dürften es werden, realistischer scheint eher die Hälfte. Mit Rosenkranz ist die FPÖ erstmals seit Jahren wieder in die Defensive geraten. Das hat sich auch bei den letzten Kommunalwahlen in einigen Bundesländern gezeigt. Das modisch gestylte Erscheinungsbild der FPÖ-Führung wird durch diese Kandidatin konterkariert. Barbara Rosenkranz war auch nicht unbedingt Straches Favoritin, sondern wurde von maßgeblichen Funktionären aus den Bundesländern und ganz rechten Kreisen in der Partei durchgesetzt.
Aussagen wie „Der Feminismus ist ein Irrweg. Mein Vorbild ist Maria Theresia“, der Slogan „Wir sind Heimat“ oder die Forderung nach „demokratiepolitischer Hygiene“ lassen auf rechte Gesinnung schließen. „Sie ist eine standhafte, treudeutsche Frau“, wird ihr in Neonazi-Foren im Internet bescheinigt. Auch die Vornamen der zehn Kinder sprechen für sich. Sie heißen Hedda und Horst, Mechthild und Sonnhild, Arne und Hildrun, Ute und Volker, Alwine und Wolf. Ihr Mann, Horst Rosenkranz, ist in der Neonazi-Szene keinen unbeschriebenes Blatt. Er war Mitglied der 1983 wegen NS-Wiederbetätigung verbotenen NDP. 1990 trat er zur Nationalratswahl als Kandidat der Liste Nein zur Ausländerflut in Erscheinung.
Ist Barbara Rosenkranz eine zu spät gekommene Nationalsozialistin? Sie tut zumindest einiges, um so wahrgenommen zu werden. Selbst in ihrer Partei wird sie „Reichsmutter“ genannt. Wie soll man eine Kandidatin auch charakterisieren, die das NS-Verbotsgesetz explizit und den Massenmord an den Juden in Gaskammern implizit in Frage stellt? „Ich habe das Wissen eines Österreichers, der zwischen 1964 und 1976 in österreichischen Schulen war“, sagte sie, wohl wissend, dass diese Bemerkung nur als nazistische Chiffre zu interpretieren ist. Mit dieser Ansage wurde die Kandidatin jedoch schlagartig berühmt, auch über Österreichs Grenzen hinaus.
Unerträgliche Heuchelei
Das war selbst dem fast 90-jährigen Zeitungsherausgeber Hans Dichand, der seine Unterstützung für Rosenkranz kundgetan hatte und auf den Leserbriefseiten seiner Kronen Zeitung für die „mutige Mutter“ schreiben ließ, zu viel. Sie müsse sich eidesstattlich von allen nationalsozialistischen Gedanken distanzieren, ließ er ausrichten. Auf diesen Zuruf reagierte die niederösterreichische Landesrätin prompt und schickte eine eidesstattliche Erklärung an Dichand. Die FPÖ-Kandidatin vollzog eine 180-Grad-Wendung und wies nun „jede Interpretation, dass ich dieses Gesetz abschaffen wolle, mit aller Entschiedenheit zurück“. Nicht nur KZ-Überlebende fühlten sich von dieser unerträglichen Heuchelei verhöhnt.
Freilich wusste Rosenkranz auch vorher, was man sagen darf und was nicht, daher muss angenommen werden, dass die ursprünglichen Provokationen absichtlich platziert worden sind. Nicht auszuschließen, dass es auch mit Wissen des FPÖ-Vorsitzenden Strache geschah. Eine Panne dürfte es jedenfalls nicht gewesen sein, wenngleich die Dimension der Angelegenheit von der FPÖ offenkundig unterschätzt worden ist. Die freiheitliche Wahllokomotive wurde durch die öffentliche Erregung diesmal nicht beschleunigt, sondern gebremst. Gewinner der FPÖ-Turbulenzen könnte Heinz Fischer sein. Der beste Grund, ihn zu wählen, sei diese Gegenkandidatin, ließ er wissen. Und so wird es der Kandidatin vielleicht doch noch gelingen, viele Wähler zu mobilisieren, die sonst zu Hause geblieben wären. Nur dass sie dieses Mal dem Lager der FPÖ-Gegner angehören werden. Wogegen sich ja eigentlich nichts sagen lässt.
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