Der böse Wulff war gestern: Heute grüßt der Gauckler

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Joachim Gauck – bereits 2010 als Köhler-Nachfolger im Gespräch – kann nun seine damalige Wahlniederlage vergessen machen: Am 18. März wird die Bundesversammlung aller Vorausicht den parteilosen Joachim Gauck wählen. Der Ausdruck der Medien verursachte einen viel zu langen Leidensweg des Ex-Bundespräsident Wulff, welcher den Politikern eigentlich alle Zeit gab, einen neuen Bundespräsidenten aus der Taufe zu heben. Auf ein erneutes hin- und her hatte die Kanzlerin weder Nerven noch konnte sie sich ein Zögern leisten: Sie wusste genau, dass ein Dagegenstellen der CDU gegenüber einer grün rot-gelben Mehrheit zwecklos wäre.

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Nach eiserner Unterstützung von Rot-Grün wurde Gauck auf den obersten deutschen Thron gehievt. Gauck ist aber nicht nur der elfte Bundespräsident, sondern auch der wohl konservativste Bundespräsident, den Deutschland je hatte.

Geschichte wiederholt sich

“Wer anderen eine Grube gräbt, fällt ….”. Wie war es noch gleich nach dem plötzlichen Rückzug Köhlers im Jahr 2010? Wer sprang nach und nach auf den Gauck-zug auf? Es waren anfänglich Jürgen Trittin Sigmar Gabriel, die Gauck ins Rampenlicht maövrierten. Auf diese Art und weise konnten sie Merkel in die eine knifflige Situation bringen: Sollte sie, trotz eigener Mehrheit in der Bundesversammlung, dem Vorschlag der Opposition folgen? Letztlich entschied sie sich, um keinen Autoritätsverlust anzugeben oder Schwäche zu zeigen, dagegen. Heute wissen SPD und Grüne, dass sie damals zu hoch gepokert haben und faktisch bei den neuen Vorschlägen gezwungen waren, erneut für Gauck zu plädieren. “Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein”.

“marktkonforme Demokratie” statt Umdenken

Der Bundespräsident fungiert in erster Linie als Vermittler der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Interessensverbänden. Gerade für solche Tätigkeiten überwiegt die Menschlichkeit des Bundespräsidenten und nicht das politische Couleur. – Händeschütteln mit Sportlern bei den olypischen Spielen kann jeder!

In den Medien wird Angela Merkel nun als die große Verliererin dargestellt. Sie habe durch schnelles Handeln stärke beweisen wollen und verschaffte aufgrund dieser obersten Priorität der FDP Gehör. Doch insgeheim kann sich sich Merkel auf einen Verfechter des liberalen Marktes freuen.

Der bereits oben genannte schlechte Schachzug der SPD & Grünen mag einen weiteren faden Beigeschmack haben: Auf welches Echo würde rot-grün wohl bei geplanten sozialpolitischen Themen stoßen? Was den Bundespräsidenten betrifft – kein gutes.

passende Fassadefalscher Kern

Was das Outfit und äußere Erscheinungsbild Guacks betrifft, scheint er die Wunschattribute eines Bundespräsidenten vollkommen aufweisen zu können. Er hat eine euphonische Artikulation, ist bodenständig und unaufgeregt.

Das ein wenig eitel erscheinende Außenbild Gaucks mag nicht die Politikinhalte oder ähnliches beeinflussen, so wussten aber die Medien dieses Bild gut zu verkaufen. Die Tageszeitungen und Magazine schafften es, die breite Bevölkerung für Gauck zu begeistern. Dabei kehrte der Großteil der Medien sämtliche Guack-Fauxpas unter den Teppisch.

So sagte Gauck über die Energiewende der Bundesregierung, dass man wichtige politische Entscheidungen nicht von der „Gefühlslage der Nation“ abhängig machen solle. Hier scheint Joachim Gauck die Grundsäulen der Demokratie nicht verstanden zu haben.

Als es um die Stuttgart21-Debatte ging, bagatellisierte Gauck dieses Milliardenprojekt dermaßen, dass er schlussendlich von einem Vorgarten sprach: „[Eine Bewegung die] aufflammt, wenn es um den eigenen Vorgarten geht“. Auch die Occupy-Bewegung erntete von Gauck keinen Respekt – ganz im Gegenteil. Zu der global vertretenen occupy-Bewegung, die unter anderem auch von intelektuellen Größen und einflussreichen Menschen unterstützt wird, fielen ihm nur die Worte “unsäglich albern” ein.

Für Verwirrung sorgten auch seine Bedenken darüber, dass Einlagen, die von Politikern geführt würden, weniger sicher als Einlagen von Banken wären. Demnach vertraut Gauck dem Finazmarkt und Banken mehr, als der Politik. Hier kann man sich die Frage stellen, warum er nicht in das Bankenwesen gewechselt ist.

Ein zynisches Zitat belegt Gaucks Paranoia vor einem stärkeren Staat: „Ich habe in einem Land gelebt, in dem die Banken besetzt waren“ entgegen.

Gauck mit klaren Worten zu Hartz-IV-Empfängern und Linken-Überwachung

Gauck scheint noch den ameriakanischen Traum zu träumen, in dem jeder, der fleißig ist hoch hinaus kommt und als Preis ein sorgenfreien Leben führen darf. Anstatt sich der Mammutsaufgabe “Umverteilung des Kapitals” zu widmen, setzt Gauck auf die konservative Floskel „Eigenverantwortung“, die mehr dazu dienen soll, den Reichtum der Reichen zu legitimieren. Gegen Hartz-IV-Empfängern und Einwanderern kann man leicht hetzen – erst recht wenn die BILD & co. auf deren Seite sind. Anstatt die “Abgehängten” (ein zweifelsohne negativ konnotierter Begriff) mit ins Boot zu nehmen, scheint Gauck den Weg der Forderungen gehen zu wollen. „Wir müssen uns nicht fürchten, auch in den Problemzonen der Abgehängten Forderungen zu stellen“, entgegnet J. Gauck den Empfängern von Sozialleistungen.

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Was die Debatte der LINKEN-Überwachung angeht, wird hier Gaucks Lücke bezüglich des Rechtsstaatrahmens ersichtlich. Gauck hält die Linke für eine „Vereinigung von Leuten, die neben unserem Rechtsstaat existiert und Linke verfolgt“. Gauck sollte lieber nachschauen, was in der Verfassung steht, denn wenn es danach geht, so kann man einige Verfassungsbrüche anderer Parteien erkennen: Den Punkt Sozialstaat beispielsweise.

Profit aus Mangel an Alternativen

Schnell zog sich Thomas de Mazière aus der Affäre, Magret Käßmann spielte im Kandidatenkreis keine große Rolle und sonst gab es auch keine Alternative, die von der Mehrheit in der Bundesversammlung hätte gewählt werden können.

Der Mangel an Alternativen bescherte Gauck die zweite Chance, die er zu Nutzen wusste. Ob Gauck als Vermittler des Volks eine gute Figur machen wird, bleibt abzuwarten. Die Vorzeichen jedenfalls stehen schlecht: Eine viel zu große kritische Bevölkerungsmasse wurde bereits im vorhinein ausgegrenzt.

Arbeitslose, Hartz-IV-Empfänger, Migranten, Linke, Atomkraftgegner, Demonstranten gegen Stuttgart-21, Kapitalismus-Kritiker. All diese Gruppen spielen in Gaucks Drehbuch maximal Statistenrollen.

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