Studieren ohne NC – In Berlin bald möglich

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Viele junge Menschen in Deutschland träumen von einem Studium in Berlin, schaffen tun es nur Wenige, da die NCs an der Berliner Universitäten zu hoch sind. Das könnte sich allerdings bald ändern, denn das Berliner Landesverfassungsgericht hat einem Beschluss stattgegeben, der das Studiensystem in ganz Deutschland verändern könnte.

Besagten Beschluss hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin bereits kurz vor Weihnachten veröffentlicht (20.12.2011, VerfGH 28/11; siehe auch Pressemitteilung). Zwei Studentinnen haben sich für den Bachelor-Studiengang Psychologie an der HU in Berlin beworben und wurden abgelehnt, dagegen hatten sie geklagt. Die Fälle müssen nun von neuem vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg aufgerollt werden. Dort waren die Beschwerdeführerinnen schon einmal mit Entscheiden vom 12. Januar 2011 abgeblitzt, nachdem zuvor bereits das Verwaltungsgericht Berlin ihre Forderung nach vorläufiger Zulassung “außerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität” abgewiesen hatte.

Klage nach Ablehnung

Auslöser für die Klage der beiden war der Ablehnungsbescheid, den die beiden Studentinnen von der Universität erhalten hatten. Die vorhandenen 90 Studienplätze wären nach Wartezeit und Durchschnittsnoten an rangbessere Bewerber vergeben worden, begründete seinerzeit die HU die Ablehnung. Die Abgewimmelten sahen damit ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit und freie Wahl des Ausbildungsplatzes verletzt und beschritten den Rechtsweg.

Das Urteil des Landesverfassungsgerichtes wurde nicht nur von den Studentinnen begeistert aufgenommen, sondern auch von der Landes-Asten-Konferenz. Nach ihrer Einschätzung berührt der Beschluss alle Bachelor- und Masterstudiengänge, die zulassungsbeschränkt sind. Für sie alle habe es “kein gesetz- und verfassungsgemäßes Verfahren zur Zulassungsbeschränkung” gegeben, heißt es in einer Stellungnahme der Landes-Asten-Konferenz (LAK) Berlin. Unter der Überschrift “Berlin jetzt zulassungsfrei” fordern die Verfassten Studierendenschaften die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft auf, “unverzüglich ein geeignetes und den Vorgaben entsprechendes Verfahren” unter Beteiligung der Studierenden zu entwickeln. Auch müsse “künftig auf sämtliche Notverordnungen und Staatsnotstandsbehauptungen” verzichtet werden, “diese greifen laut diesem Urteil schlichtweg nicht”. Überdies werde man “keine weiteren einvernehmlichen Absprachen” zwischen der Senatsverwaltung und den Hochschulpräsidien tolerieren, liest man in der Erklärung.

Auch Andreas Keller, Vorstandsmitglied bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht das Urteil als einen Schritt in die richtige Richtung. Den Hochschulen sei “nicht bewusst, dass sie mit der Abweisung von Studienbewerbern in ein Grundrecht eingreifen” so der Gewerkschafter. Auf lange Sicht gehe es darum, den Bedarf deckende Studienplätze zu schaffen, damit keiner mehr abgewiesen werde müsse. “Aber solange sie knapp sind, müssen sie nach demokratischen, transparenten und rechtsstaatlichen Kriterien vergeben werden«, betonte Keller. Diese Anforderung werde aber nach Auffassung der Verfassungsrichter nicht erfüllt.

NC ist die Regel

Das Verfassungsgericht in Berlin erinnert mit seinem Urteil an einen Rechtsspruch des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG). Dieses hatte in seinem NC-Urteil im Jahr 1972 aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit, dem Gleichheitssatz sowie dem Sozialstaatsprinzip ein allgemeines Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium abgeleitet.

Der Numerus Clausus und die Beschränkung an Hochschulen sind demnach nur in ganz besonderen Fällen erlaubt, ein Urteil, das heutzutage ignoriert wird. Nach dem Urteil der Landesverfassungsrichter sind Beschränkungen nur “unter strengen formellen und materiellen Vorraussetzungen statthaft”, bedürften einer “gesetzlichen Grundlage und sind nur dann verfassungsgemäß, wenn sie zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts (…) und nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen” angeordnet werden.

Die Berliner Richter fordern nun ein Gesetz, dass die Einschränkung in das Grundrecht der Berufsfreiheit regelt und die Ausnahmefälle vorschreiben soll.

Probleme für Senat – Freude bei Studenten

Für den Berliner Senat und dessen Bildungssekretär ergeben sich nun eine Menge Probleme, da die aktuelle Praxis schnellstmöglich geändert werden muss. Eine Sprecherin von Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte: “Man sei zuversichtlich, dass eine klagesichere Lösung bis zum Wintersemester für alle NC-Fächer erarbeitet werden könne.”

Für Studenten, nicht nur in Berlin, ist dieses Urteil ein Grund zur Freude, denn es wird ihnen erlauben das Studienfach ihrer Wahl zu studieren. In Folge dieses Urteils werden auch Klagen in anderen Bundesländern erwartet und die gängige Praxis der Studienplatzvergabe könnte bald das zeitliche segnen und durch eine gerechtere und für alle Studierende sinnvollere Lösung ersetzt werden.

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