Cum-ex, Panama- und Pandora Papers: deutsche Anwälte immer dabei

Finanz-Skandale Die giftige Symbiose zwischen Investmentfonds, Treuhand Fonds und Anwälten zum Schutz des Vermögens der Superreichen weltweit ist kein Geheimnis. Und Deutsche sind immer gut dabei.

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Die berüchtigte Cum-Ex-Affäre ist zweifelsohne einer der größten Finanz-Skandale in der deutschen Geschichte. Denn auch wenn der Aufschrei bei immer neuen Entwicklungen inzwischen ausbleibt, so zieht die Affäre doch immer weitere Kreise. So wollen die Ermittlungsbehörden bald eine Gruppe von 89 Bankern, Beratern und Brokern der Fondsgesellschaft Avana Invest anklagen, die im großen Stil Cum-Ex-Geschäfte machten und mittels windiger Manipulationen von Kapitalsteuern 219,8 Millionen Euro einstreichen konnten.

Der Fall Avana Invest ist, neben dem der Maple Bank und Warburg Bank, einer der größten im Rahmen von Cum-Ex, im Zuge dessen ein internationales Netzwerk von Beratern, Bankern – und vor allem auch Anwälten – weltweit gut 150 Mrd. Euro stahlen, darunter rund 36 Mrd. Euro. vom deutschen Staat. Die Rolle, welche Deutschland sowie deutscher Anwälte dabei spielten ist bisher wenig ergründet. Dennoch dürfte jedem mit auch nur einem Hauch von Realismus klar sein, dass auch deutsche Anwaltskanzleien in krumme Machenschaften bezüglich Steuerhinterziehung, Versicherungsbetrug und Fälschungen verstrickt sind, selbst jenseits von Cum-Ex.

In der Tat ist die giftige Symbiose zwischen Investmentfonds, Treuhand Fonds und Anwälten weltweit wohl kaum ein Geheimnis. Quasi parasitär ist sie global für erheblichen finanziellen Schaden verantwortlich, von den Panama Papers über Cum-Ex und den inzwischen fast vergessenen Pandora Papers bis hin zu vielen anderen Tricks zum Schutze des Vermögens der Superreichen.

Von Zürich bis Berlin

Was den letzten Punkt angeht, so mag es wenig überraschend wirken, dass einem deutschen Anwalt eine entscheidende Rolle in einem langjährigen, international ausgefochtenen Rechtsstreit zukommt, und das auf wenig löbliche Weise. Bei dem Streit handelt es sich um den Scheidungsprozess zwischen dem russischen Milliardär Oleg Burlakov – im Juli dieses Jahres an Komplikationen in Folge einer Covid-Erkrankung verstorben – und seiner Ehefrau Ljudmila, der zwar Hauptsächlich in Zürich geführt wird aber nun auch Deutschland erreicht hat.

Dem Verfahren mangelt es nicht an Drama, denn der Tycoon versuchte von jeher, seine Frau um das ihr nach der Scheidung zustehenden Vermögens zu bringen. Zum Beispiel, indem er seine Luxusyacht Black Pearl auf den Namen eines seiner Verwandten umregistrierte. Neben diesen Bemühungen steht dabei Oleg Burlakovs Neffe, Semen Anufriev, ein in Berlin ansässiger Anwalt für internationales Recht und deutscher Staatsbürger, im Zentrum des Interesses. Dem Schweizer Blatt Die WeltWoche zufolge soll Anufriev nämlich mittels „gefälschter Urkunden, rückdatierten Verträgen, fingierten Darlehen und imaginären Schuldzinsen“ Burlakov dabei geholfen haben, seine Firmen „finanziell ausgeblutet und einen großen Teil seines Milliardenvermögens“ an einen Schwager übertragen haben. Dadurch wurde seiner Witwe das Recht auf dieses Vermögen entzogen.

Im Strudel von Mossack Fonseca

Dass Anufrievs angebliche Taten den Behörden bisher nicht aufgefallen sind ist wenig überraschend im Angesicht der Tatsache, dass Deutschland alles andere als ein Musterknabe in der Bekämpfung von Finanzkriminalität ist. Dies wurde 2015 auf den Punkt gebracht, als eine Analyse des internationalen Netzwerks für Steuergerechtigkeit herausfand, dass Deutschland „Ausländern bei Steuerhinterziehung und Geldwäsche“ helfe. Ausserdem sei die Steuerverwaltung ineffizient und „es fehle ein Register für Trusts und Stiftungen.“

Defizite dieser Art spielten auch Mossack Fonseca, der Anwaltskanzlei im Zentrum der Panama Papers, in die Hände. Deutsche, bei der Firma angestellte Anwälte, waren auch mit von der Partie: Dirk Brauer, der für die Vermögensverwaltungsabteilung von Mossack Fonseca, einer Art Bank der Kanzlei, arbeitete, wurde im November 2018 in London festgenommen. Ihm werfen deutsche, englische und amerikanische Behörden vor, „Stiftungen und Briefkastenfirmen in Panama, Hongkong und den Britischen Jungferninseln gegründet und unterhalten zu haben, um für Kunden deren Geld vor den Behörden zu verstecken.“

Peinlichkeiten für den Lehrmeister

Auch wenn die Details seiner Geschäftstätigkeiten Bei Mossack Fonseca Großteils im Dunkeln liegen, so stellt Brauer doch einen wichtigen, räpresentativen Teil des Systems dar. Und dennoch ist Veränderung kaum zu erwarten. Beispielhaft steht dafür ausgerechnet das Bundesfinanzministerium, welches im Oktober 2021 verlauten ließ, dass der Deutschlandbezug der Pandora Papers „erst mal nicht so groß ist“ – obwohl die Behörde selbst keine Einsicht in die vertraulichen Dokumente gehabt hatte.

In der Zwischenzeit hat Steuerhinterziehung in Deutschland 2021 mit 1,25 Milliarden Euro einen neuen Höchststand erreicht. Dieses eklatante Versagen der Politik wiegt umso heftiger im Kontext der jahrelangen Rhetorik des Bundes, endlich härter gegen Steuerverbrechen und anderen Finanzfälschereien vorzugehen, insbesondere nach Cum-Ex, Panama und Pandora Papers.

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