Porträts aus der Weimarer Zeit: Das Wesen der Epoche in einem Gesicht

Ausstellung Das Kunstmuseum Stuttgart zeigt die Typenbilder der Neuen Sachlichkeit, darunter Porträts von Otto Dix und Christian Schad. Die Faszination weicht schnell Erschrecken darüber, was aus dem neuen Menschenbild wurde, das die Kunst vorschlug
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 49/2023
„Bildnis der Journalistin Sylvia von Harden“ von Otto Dix (1926, links); „Selbstbildnis“ von Grethe Jürgens (1928)
„Bildnis der Journalistin Sylvia von Harden“ von Otto Dix (1926, links); „Selbstbildnis“ von Grethe Jürgens (1928)

Fotos: bpk/CNAC-MNAM/Jean-Claude Planchet/VG Bild-Kunst, Bonn 2023 (links); Privatsammlung, Deutschland

Eine Gesellschaft in ihrer Zeit kann man unter anderem darin verstehen, wie sich die Menschen untereinander anschauen. Was ist geboten, was erlaubt, was gilt als problematisch und wo ist etwas strikt verboten? Da geht es natürlich um den Körper als Ganzes, nackt, bekleidet, inszeniert, aber vor allem geht es um das Gesicht. Und wie man es auch maskiert: Das Gesicht ist nicht anders vorstellbar denn als Ausdruck.

Ausdruckslosigkeit ist gefährlich, unheimlich oder mindestens komisch, wie bei Buster Keaton. Die Semantik der Gesichter unterliegt überall einem strengen Regelwerk. Wer wen wie und wann anschauen darf, wer was wann und wie zeigt und welche Werte mit welchem Ausdruck verbunden sind, das nennt man auch „Kultur“, und weil Kultur etwas sehr Kompliziertes