Gleitgel ist halal

Netzgeschichten Der erste islamische Online-Sexshop ist nichts für Voyeuristen, sondern eine lebensnahe Einführung in islamische Erotik. Denn sexuelle Hilfsmittel sind hier klar erlaubt

Ethnologische Shoppingkonzepte ­mögen vor allem eine ideale Basis für dumme Sprüche bieten oder aber eigene Vorurteile entlarven. Der erste islamische Internet-Sexshop El Asira, der seit Ende März online ist, wird Voyeuristen eher enttäuschen. Interessierten bietet er aber eine durchaus lebensnahe Einführung in die islamische Erotik. Nackte Brüste und geölte Muskelpakete sucht man vergebens, El Asira kommt in gänzlich dezenter Optik daher. Und lehrt damit bereits die erste Lektion: Der Islam gebietet in der Öffentlichkeit einen zurückhaltenden Umgang mit Sexualität, wenngleich er diese nicht verbietet. Im Gegenteil: Der Prophet wies die Männer einst an, ihre Frauen zu befriedigen. Empfohlen wird dafür übrigens traditionellerweise der Donnerstag, wie der Geschäftsinhaber auf Anfrage verrät.

Er heißt Abdelaziz Arough, ist ­gebürtiger Amsterdamer mit marok­kanischem Hintergrund und will mit seinem in den Niederlanden registrierten Shop Muslimen eine Alternative zu den Webseiten bieten, die sich auf ­Porno und anstößige Erotik konzentrieren. Für das Angebot von El Asira beriet sich der 29-Jährige mit islamischen Gelehrten in Saudi Arabien, um nicht gegen die Regeln des Korans oder der Sunna zu verstoßen. Er habe dabei ­selber viel über das Verhältnis von ­Islam und Sexualität gelernt, sagt der gläubige Muslim. Er meint sogar, das sexuelle Wissen unter Muslimen wie Nicht-Muslimen sei im Westen geringer als etwa im Mittleren Osten oder in Nordafrika.

Sexuelle Hilfsmittel sind im Islam ­erlaubt. In zwei Katalogen, für den Mann und die Frau, beide in englischer und holländischer Sprache, präsentiert El Asira religiös unbedenkliche ­Gleitgele, Massageöle und Aphrodi­siaka. Was früher Honig und Ingwer ­erledigten, fördern heute Kapseln ­namens Desire oder Pure Power und Lovpils für beiderlei Geschlecht. Alle Produkte sind „halal“, also ohne Alkohol oder Gelatine hergestellt. Sexspielzeuge wie Dildos und Vibratoren zur Penetration oder Masturbation sowie Pornographie dagegen sind „haram“, sie verstoßen gegen die Regeln der Scharia, und finden sich deshalb auch nicht im Angebot.

Würde der Sexshop auch offline erfolgreich verkaufen? Ja, meint Arough, tatsächlich sei er bereits mit einem Concept-Store in Planung, der nach den selben Regeln wie der Online-Shop funktionieren werde. "Der Shop wird an einem Ort sein, den viele überraschen wird", verspricht er.

Zwar sei der Online-Versand aus einer islamischen Perspektive konzipiert worden und das Angebot richte sich vordergründig an verheiratete, muslimische Paare, erklärt Arough. Doch natürlich könne jede(r) bei El Asira einkaufen. Die Bestellung bringt der Postbote in einem unauffälligen Paket. Der Name des Absenders – El Asira – bedeutet im arabischen Sprachgebrauch übrigens Gesellschaft.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden