V-Mann Piatto als Zeuge im NSU-Prozess

Verfassungsschutz Erst wollte Brandenburg seine Aussage verhindern,dann erkrankte Beate Zschäpe,nun wird "Piatto" heute als Zeuge angehört.Sein Erinnerungsvermögen ist schwach.

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Die Segnungen des Verfassungsschutzes

V-Leute, Informanten und Topquellen agierten im direkten Umfeld des sogenannten NSU-Trios. Trotzdem wurden Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt nicht verhaftet. Der derzeitige Präsident des LfV Sachsen, Gordian Meyer-Plath, ehemals Brandenburger Verfassungsschützer, erhielt 1998 von dem V-Mann Carsten Sz. (Deckname Piatto) Hinweise auf den Verbleib des Trios und die Beschaffung von Waffen für “die drei Skinheads”. Warum diese wichtigen Informationen trotz ihrer Brisanz nicht zeitnah bei den Landeskriminalämtern ankamen, konnte Meyer-Plath vor dem Untersuchungsauschuss nicht erklären. Meyer-Plath machte für den verurteilten Neonazi Szczepanski, der wegen Mordversuchs an einem afrikanischen Asylbewerber zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden war “kleine Erledigungen” und fuhr ihn während dessen Freigängen zu Treffen mit anderen Neonazis. Die Vernehmung von Sz. im Münchener NSU-Prozess sollte auf Wunsch der Brandenburger Landesregierung zunächst nur unter strikten Bedingungen (geheimer Ort,Videoschaltung unter Ausschuss der Öffentlichkeit,Verfremdung des Aussehens und der Stimme des Zeugen) stattfinden. Sein Auftritt vor Gericht am heutigen Tag wurde mit Spannung erwartet. Was allerdings bislang aus dem Gerichtssaal berichtet wird bietet kaum neue Erkenntnisse. Der Zeuge hat angeblich keine konkreten Erinnerungen an Details aus der Szene und das Untertauchen des NSU-Kerntrios.

Piattos ehemaliger V-Mannführer Meyer-Plath rechtfertige die Kooperation mit einem rassistischen Gewaltverbrecher und versicherte, dass die durch ihn gewonnen Informationen vorschriftsmäßig an die LfV’s in Sachsen und Thüringen weitergegeben wurden.

Sebastian Edathy kommentierte in einem Interview vom 10.04.2013 die Zusammenarbeit von Carsten Sz. mit dem Verfassungsschutz:

“Jemand, der wegen versuchten Mordes verurteilt worden ist, der sich mit einer Postkarte beim Verfassungsschutz beworben hat. Das ist ein Kaliber, von dem man die Finger lassen sollte. Stattdessen hat der Verfassungsschutz in Brandenburg begünstigt, dass die Haftzeit von Piatto verkürzt wird und gewährleistet, dass die Justizvollzugsanstalt in der Zeit vor der Entlassung nicht mehr die Post kontrolliert hat. Offenkundig hat er zudem aus der Haft eine Neonazi-Zeitschrift publiziert. Das alles ist unvertretbar. Als die vorzeitige Entlassung aufgrund einer positiven Sozialprognose beschlossen wurde, wusste die Strafvollzugskammer nicht, dass die Prognose darauf beruhte, dass Piatto eine Anstellung bei einem rechten Szeneladen der sächsischen Neonazistin Antje Probst vorweisen konnte. Die Kammer wusste nicht, dass das ein einschlägiger Szeneladen ist mit dem nicht ganz einschlägigen Namen „Sonnentanz“. Der Verfassungsschutz wusste das und hat die Information nicht weitergegeben. Es war im Interesse des Verfassungsschutzes, den V-Mann auf freiem Fuß abschöpfen zu können. Um das zu erreichen, ist jedes Maß an Verhältnismäßigkeit gesprengt worden.”

Michael P., der mit seiner damaligen Frau Antje den Neonazi-Laden Sonnentanz betrieb, beschrieb am 2.12.2014 vor dem OLG München die ihm bekannten V-Männer als „Aktiv-Kader“, als „Leute, nicht die nicht nur berichten, sondern Leute, die etwas tun und dann darüber berichten.“ Szczepanski sei es ihm irgendwann so vorgekommen, als müsste er jeden Tag eine Sache planen“. Er sei ihm immer “wie ferngesteuert” vorgekommen, sagte Probst. “Ich hatte den Eindruck, dass er nicht aus freien Stücken handelt.” Carsten Sz. sei nach seiner Inhaftierung plötzlich extrem umtriebig” gewesen, beschrieb es Probst. “Er hat Sachen gemacht, die ich als politischen Selbstmord bezeichnen würde.” Zeit-Autor Tom Sundermann kommentiert dies in seinem Artikel “Die schützende Hand des Geheimdienstes:

“Dabei handelte es sich möglicherweise um Aktionen, die Sz. mit der Segnung des Verfassungsschutzes veranstaltete.”

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