... weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte

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„Auch 2010 waren in Deutschland keine rechtsterroristischen Strukturen feststellbar.“

Schreibt wer? Schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht 2010 – auf Seite 57, als ersten Satz unter der Überschrift „Gewaltbereitschaft in der rechtsextremen Szene“. Und genauso geht es dann auch weiter:

„Rechtsextremistische Gewalt wird überwiegend spontan begangen. Häufig sind es Situationen, in denen oder anlässlich derer Rechtsextremisten – einzeln oder in kleinen Gruppen – auf Personen treffen, die dem typischen rechtsextremistischen Feindbild entsprechen. Im Verlauf rechtsextremistischer Demonstrationen bleiben Gewalttaten von Rechtsextremisten meist die Ausnahme.“

Wer in diesen Zeilen keine Verharmlosung der Gefahr erkennt, die von deutschen Nazis ausgeht, der oder die will es so. Eine Seite später wird dann immerhin ein „Anstieg des Gewaltpotenzials“ zum Beispiel bei den „Autonomen Nationalisten“ diagnostiziert, weswegen folgende Warnung ausgesprochen wird:

„Die Affinität von Rechtsextremisten zu Waffen und Sprengstoff bildet weiterhin ein latentes Gefährdungspotenzial, insofern sind Taten von Einzelaktivisten nicht auszuschließen.“

Spontane Gewalt, Einzeltäter, keine organisierten Strukturen. Diese Einschätzungen kann man in Publikationen der deutschen Verfassungsschutzämter seit Jahren lesen. Nicht etwa, weil das jemals der Wahrheit entsprochen hätte. Sondern weil einfach nicht sein konnte, was nicht sein durfte.

Der Verfassungsschutzbericht 2010 beginnt übrigens mit einem Vorwort von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Es beginnt mit Anmerkungen zur Gefahr, die von radikalen Islamisten ausgeht. Und dann schreibt Friedrich:

„So ist die Zahl gewaltbereiter Linksextremisten, besonders der Autonomen, erneut angestiegen. Politisch motivierte Straftaten, bei denen tatsächlich Gewalt ausgeübt wird, werden mittlerweile mehrheitlich von Linksextremisten begangen.“

Es bleibt eine Aufgabe der kritischen Öffentlichkeit, dafür zu sorgen, dass derartige Fehleinschätzungen nicht mehr unwidersprochen bleiben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Hanning Voigts

journalist – „das unglück muss überall zurückgeschlagen werden“

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