Alternative zum Inferno?

Giftgas in Syrien G 20 Gipfel in St. Petersburg hat die zähe Krise der Weltökonomie auf seiner Tagesordnung. Weltsicherheitsrat kann eine Alternative zur Gewalteskalation finden

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Nancy Pelosi erinnert an eine oft leichtsinnig vergessene Wahrheit. Im Syrien Dilemma zeige sich einmal mehr, dass nationale Interessen der USA in einem tieferen Sinne auf Bedürfnisseder Menschheit abgestimmt sind. In Wahrheit habe nicht Barak Obamafür den Fall des Einsatzes chemischer Waffeneine >rote Linie< gezogen.Er habe viel mehr dem Bedürfnis Ausdruck verliehen, sich gegen Völker mordende Herrscher zu wehren, die nur die Sprache der Gewalt anerkennen.Jetzt ist also die Stunde der Wahrheit gekommen, da der syrische Tyrann Assad gegen alle Warnungen Giftgas eingesetzt habe. Mindestens 1500 Todesopfer auf einen Schlag sind zu beklagen. Die UNO hat eine Diagnose vor Ort vorgenommen. Ihre Fachleute standen während ihrer Untersuchungstätigkeit fast täglich unter Beschuss, werden in absehbarer Zeit ihren Bericht veröffentlichen.

Doch schroff steht der Indizienprozess gegen Assad und terroristische Organisationen der Friedenssehnsucht gegenüber. Militärschläge, ausgeführt durch eine aufdistanzierte Vernichtung berechnete Maschinerie, sollen Strafe und Leuterung zugleich vollziehen. Trachtet der US-Präsident nur eigene Bündnisse zu schmieden? Verachtet er vielleicht das Bündnis der Völker wegen dessen politischer und militärischer Schwäche?Beide Fragen sind bereits Ausdruck der tiefer liegenden Befürchtung,dass vielleicht heute, in der Auseinandersetzung mit >terroristischer< Gewalt, die Weltorganisation der Völker ein zweites Mal auf dem Opferaltar des Krieges zerschlagen werden könnte. Nach dem ersten Mal, nach zwei großen Kriegen, zogen wir Bilanz: Geschätzt 80 bis 100 Millionen Tote und unermessliches Leid.

Heute neigen wir leicht zur Vergesslichkeit. Wir unterschlagen neben der problematischen Rolle einer mit anderenkonkurrierenden Super-Macht noch die sogenannten weichen Tatsachen, dass Toleranz und Glaubwürdigkeit mit Ausbreitung kriegerischer Flächenbrände rigoros verbraucht werden. Das Kulturniveau, eingeübte zivilisatorische Regelwerke werden rücksichtslos attackiert. Die USA können ihre Menschheit beglückenden Träume nur leben, indem sie keine Rechenschaft über ihre eigenen Taten ablegen.Sie haben das unbegriffene Leid von Hiroshima und Nakasaki erzeugt,chemische Waffen flächendeckend in Vietnam eingesetzt,sie betreiben noch heute Konzentrationslager und Foltergefängnisse unter wissenschaftlicher Aufsicht und Sondergerichtsbarkeit.Sie wollen und können sich selbst aber keinem internationalen Gerichtshof stellen, vor dem sich inzwischen so mancher Gewaltherrscher zu verantworten hat. Nur George W. Bush nicht, der wegen des Irak-Desasters der Kriegsverbrechen verdächtig ist.

Die immer wieder behauptete erzieherische Wirkung der Todesstrafe, die Obama in Selbstjustiz vollzieht, ist unglaubwürdig.Putin regiert scheindemokratisch auf der Basis eines korrupten Clan-Systems von Räuberbanden. Die chinesischen Kommunisten sind an nichts so sehr interessiert wie an einer ordentlichen Kapitalakkumulation in ruhigen Bahnen. Die Europäer sind angesichts ihrer Krisen geschüttelten Machtverhältnisse nicht in der Lage, mit einer Stimme zu sprechen. Sollte da nicht der Weltsicherheitsrat eine Kombination von Mitteln finden können, mit denen man auch den syrischen Kriegsschauplatz abkühlen kann? Alles andere muss Enttäuschung, weitere Verschärfung von Krisenherden hervorrufen.

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Geschrieben von

Ernst H. Stiebeling

Diplomsoziologe.Als Lehrer gearbeitet.Freier Publizist.Kultur-,Wissenschafts-,Politikthemen

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