Dänemark und die Politik am Nordpol

Arctic Security Unter den anderen Mitgliedern des Arktischen Rates wird Dänemark oft übersehen. Tatsächlich hat Dänemark von allen Ratsmitgliedern die größten Polargebiete und somit Potential zu mehr Einfluss.

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Die dänische Regierung hat die sog. Ilulissat-Erklärung initiiert, die fünf arktische Großmächte in einem Abkommen über Umweltschutz, Verwaltung der Handelswege und maritimes Management bindet. Kürzlich kündigte das dänische Verteidigungsministerium einen Plan zur Entwicklung der Königlich Dänischen Marine an und die US-Luftwaffe bestätigte Pläne, den Luftwaffenstützpunkt Thule mit Unternehmen in dänischem Besitz zu unterstützen. Weit davon entfernt, ein unterschätztes arktisches Land zu sein, wird Dänemark in den nächsten 12 Monaten einen immer wichtigeren Aspekt bei der Sicherheit und Entwicklung der Arktis spielen.

Grönlands Rolle

Es ist unwahrscheinlich, dass Grönland im nächsten Jahr seine volle Unabhängigkeit erreichen wird. Die grönländische Souveränität würde den Status Dänemarks als arktischer Staat und Eigentümer des größten arktischen Territoriums gefährden. Die USA haben zugestimmt, grönländischen Unternehmen Wartungsverträge für den US-Luftwaffenstützpunkt Thule zu geben. Grönland ist entscheidend für die dänischen Ansprüche auf die 350.000 Quadratmeilen Festlandsockel, die 2014 beansprucht wurden. Diese Ansprüche beruhen auf der Ausdehnung des Lomonossow-Rückens vom grönländischen Festland aus. Dieser Anspruch wurde auch von Kanada und Russland bestritten. Die UN-Kommission für die Grenzen des Festlandsockels ist noch dabei, die dänischen Ansprüche zu bewerten.

Letztes Jahr wurde jedoch der grönländische Außenminister Pele Broberg wegen ethisch brisanter Äußerungen über den Wahlrecht Status von Nicht-Inuit degradiert. Broberg sagte, dass nur ethnische Inuit bei einem Unabhängigkeitsreferendum abstimmen könnten. Dabei hängt die grönländische Wirtschaft stark von den jährlichen Zuschüssen der dänischen Regierung ab.

Vorläufigen Umfragen zufolge gibt es eine Mehrheit für die Unabhängigkeit, aber die Unterstützung sinkt, wenn die Befragten gefragt werden, ob sie einen niedrigeren Lebensstandard als Ergebnis akzeptieren würden. Außerdem möchte die dänische Regierung in noch unbestimmter Form angeben, wann sie den jährlichen Zuschuss an die grönländische Regierung einstellen soll. Investitionen aus China könnten das Fehlen des dänischen Zuschusses möglicherweise ausgleichen. Um die Unabhängigkeit tatsächlich voranzutreiben, müsste die grönländische Regierung ein Referendum planen, finanzieren und ankündigen.

Militärische Expansion Dänemarks

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Dänemark in den nächsten 12 Monaten massiv in seine Marinekapazitäten investieren wird. Im August dieses Jahres hat das dänische Verteidigungsministerium eine Investition von 5,5 Milliarden Dollar in die Königlich Dänische Marine genehmigt. Diese Investitionen werden größtenteils für den Ersatz älterer Schiffe verwendet. Insgesamt hat Dänemark zugestimmt, die Verteidigungsausgaben auf bis zu 2% des BIP zu erhöhen. Terma, ein dänischer Hersteller von Verteidigungsgütern, schlägt vor, neue Patrouillenschiffe sowie C2- und Radarsysteme zu bauen.

Die NATO unterhält eine multinationale ständige Seestreitmacht. Die Dänen steuern mindestens ein Schiff zur Gruppe A der ständigen Seestreitkräfte bei. Dänemark stellt seit langem Seestreitkräfte für die NATO-Reaktionskräfte bereit. So absolvierte die Fregatte HDMS Niels Juel der Königlich Dänischen Marine der Iver Huitfeldt-Klasse eine Übung mit US-amerikanischen, britischen und deutschen Kriegsschiffen in der Arktis und der Ostsee. Trotz des zurückgehenden Meereises ist die Arktis immer noch ein gefährliches Gebiet für die Schifffahrt. Aus diesem Grund hat der National Research Council of Canada das Canadian Arctic Shipping Risk Assessment System (CASRAS) entwickelt.

Ferner waren Dänische Marineschiffe maßgeblich an der Erprobung des CASRAS beteiligt. Dänemark investiert in großem Umfang in ISR-Systeme für die Marine und in Kommunikationssysteme ohne Sichtverbindung für maritime Einrichtungen. Diese Entwicklungen sollen von allen Mitgliedern der Allianz integriert werden. Eine Fregatte der Iver Huitfeldt-Klasse der Königlich Dänischen Marine hat im vergangenen Monat SM-1-Raketen aus den USA abgefeuert und damit ihre Einsatzfähigkeit bewiesen.

Das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Schutzes von Offshore-Öl- und Gasfeldern und anderen Wirtschaftsgütern wächst. Die Dänen führen mit einer einzigen Fregatte, der HDMS Esbern Snare, Anti-Piraten-Operationen im Golf von Guinea durch. Die Esbern Snare vereitelte im Oktober einen Angriff auf ein Handelsschiff.

Möglicher Konflikt zwischen Dänemark und Russland

Gewiss ist hingegen, dass die russisch-dänischen Spannungen in der Arktis in den nächsten 12 Monaten eskalieren werden. Nachdem die USA und Norwegen das ergänzende Abkommen über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich unterzeichnet hatten, welches den US-Marineeinheiten erlaubt, norwegische Häfen zu nutzen, bemühten sich die Dänen um ein ähnliches Abkommen. Außerdem haben Dänemark und Norwegen vor kurzem ebenfalls ein Kooperationsabkommen unterzeichnet. Ein russisches Kriegsschiff ist im Juni 2022 wiederholt in dänische Hoheitsgewässer eingedrungen. Die Russen wiesen die Anschuldigungen zwar zurück, aber es ist klar nachweisbar, dass es ein russisches Schiff war. Der Vorfall ereignete sich am selben Tag, an dem das ukrainische Militär ein russisches Schiff im Schwarzen Meer mit Harpoon-Raketen versenkte. Die Ukraine hat Harpoon-Raketen von Dänemark erhalten. Als Konsequenz hat Russland Dänemark wegen der dänischen Unterstützung für die Ukraine auf die Liste der "unfreundlichen Nationen" gesetzt. Am Tag nach dem Vorfall begannen in den russischen sozialen Medien falsche Berichte zu kursieren, in denen behauptet wurde, die Dänen hätten das Feuer auf das russische Kriegsschiff eröffnet. Mindestens 4 Kriegsschiffe der russischen Marine, darunter ein U-Boot, passierten auf ihrem Weg nach St. Petersburg dänische Hoheitsgewässer.

Zwölf Monate voller Herausforderunge

Die dänische Arktispolitik wird durch eine starke arktische Militärpräsenz unterstützt, besonders von Seiten der USA. Die Unabhängigkeit Grönlands wäre für die russischen Interessen von Vorteil. Außerdem könnte der Kreml die Unabhängigkeitsparteien unterstützen. Die Chinesen und die Russen wollen Grönlands Bodenschätze und politische Unabhängigkeit ausnutzen, doch ist Grönland bereit hierfür den Preis zu zahlen?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Isabelle-Constance V.Opalinski

Journalistin, Autorin, Publizistin

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