Demokratie in Bewegung

Teilhabe Die Demokratie steckt in der Krise - eine neue Partei will mehr Mitbestimmung zum Prinzip machen

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AfD, Trump, Le Pen – bei der Analyse der Ursachen für die Erfolge der neuen Rechten fehlt ein Aspekt selten: Die Wut über eine als entkoppelt empfundene Elite. Es wäre falsch, diese Empfindungen wegzuwischen als dumpfes Gewüte einer hasserfüllten Minderheit.

Denn tatsächlich zeigt ja das politische Establishment kaum ehrliches Interesse daran, die Menschen mit ihren Anliegen in den Gesetzgebungsprozess aktiver einzubeziehen. Anstatt die niedrigschwelligen Möglichkeiten politischer Partizipation zu nutzen, welche durch Internet und neue Medien entstanden sind, kommuniziert die Regierung vorwiegend mit jenen gesellschaftlichen Akteuren, die ihre finanzielle Stärke in Form von Parteispenden und Lobbyismus in die Waagschale werfen können.

Instrumente, mit denen weniger finanzstarke Bürger ihren Einfluss geltend machen könnten, wie etwa dem Volksentscheid auf Bundesebene, werden von der CDU/CSU standhaft verhindert, während sie gleichzeitig mehr Befugnisse für Institutionen wie dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) fordert, welcher demokratischer Kontrolle weitgehend entzogenen ist (http://www.handelsblatt.com/politik/international/europaeische-waehrungsunion-moscovici-contra-schaeuble/19479828.html).

Doch auch die anderen Parteien tun sich mit Ideen nicht wirklich hervor, wie sie die Menschen stärker einbeziehen können. Warum bietet keine Partei eine Plattform für Anliegen oder Gesetzentwürfe, die sie bei genügend Interessenten in den Bundestag einbringt?

Möglicherweise sehen einige das Scheitern der Piratenpartei als Beleg dafür, dass zu viel Mitbestimmung ins Chaos führt, doch wäre dies eine sehr bequeme Haltung. Dass neue Ideen mitunter einiger Anläufe bedürfen, bis sie in eine funktionierende Form gebracht werden, ist schließlich eine Binsenweisheit.

Und dass direkte Teilhabe von vielen gewünscht wird und vieles erreichen kann, zeigt der Erfolg von Petitionsplattformen wie change.org. Durch Online-Petitionen wurden Abschiebungen verhindert, sexistische Werbung bekämpft - oder Gesetze initiiert; angeregt durch Einzelne, die durch die Unterschriften vieler den nötigen Druck aufbauen konnten.

Es liegt eigentlich nahe, den Erfolg dieses Prinzips auf die politische Ebene zu übertragen. Dies geschieht nun mit „Demokratie in Bewegung“. Wenn 100.000 Menschen die Idee unterstützen, wird aus der Initiative eine Partei, die zur Bundestagswahl 2017 antreten wird. Zum Gründungsteam gehören Wissenschaftler, Künstler, Aktivisten und – wenig überraschend – auch MitarbeiterInnen von change.org. Unterschriften werden noch bis zum 29.4. gesammelt, möglich unter: https://bewegung.jetzt/. Es könnte einen Klick wert sein.

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