Ein Lob dem Loben

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„Das ist aber mal ein schöner Pulli. Der steht Dir total gut!“

Wer etwas in der Art einem andern Menschen sagt, erntet Reaktionen, mit denen er vermutlich nicht gerechnet hat. „Ähm, den hat meine Frau gekauft!“ oder „Das war ein Angebot.“ Oder irgendwas in der Art. Das macht nun den Pulli nicht hässlicher, das Lob aber kleiner. Und das gilt nicht nur für Pullis.

Wer einen Erwachsenen lobt, weil er etwas besonders gut gemacht hat, muss damit rechnen, dass dieser das eigene Verhalten herunterspielt „Das ist doch selbstverständlich.“

Wir Erwachsene können mit Lob und Anerkennung nicht gut umgehen. Das macht uns nicht allzu viel, weil es ja auch nicht so oft vorkommt, dass wir gelobt werden. Und wenn es dann doch mal geschieht, glauben wir dem Lobenden erst mal nicht. Wir vermuten irgendeine List dabei „Bestimmt will der was von mir…“, eine Schmeichelei, Berechnung und Intrige - jedenfalls macht Lob ein komisches Gefühl.

Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, aus dem wir selbst so sparsam mit Lob sind. Was wird der andere denken, wenn ich ihm sage, dass ich gut finde, was er gemacht hat? Darf ich überhaupt etwas dazu sagen? Kann ich das beurteilen? Und weil nix gesagt, genug gelobt ist, sage ich dann mal auch nix.

Schade eigentlich!

Denn ein Lob ist etwas wirklich Wertvolles. Ich finde es schön, wenn ich etwas gut gemacht habe und ein anderer es bemerkt. Und ich sage auch, wenn mir etwas gefällt. Allen komischen Reaktionen zum Trotz, was mittlerweile dazu geführt hat, dass sich die Menschen in meiner Umgebung daran gewöhnt haben und sich auch darüber freuen können.

Ja, Lob motiviert und Lob macht gute Laune und es zeigt, dass ich den anderen und sein Tun wahrnehme, mich mit ihr beschäftige und sie wertschätze.

Natürlich darf man nicht übertreiben, aber ich bin überzeugt, dass wir das auch gar nicht tun. Angemessen loben können wir gar nicht zu viel. Wir gewöhnen uns nicht daran, beachtet und wertgeschätzt zu werden. Und wenn ich bemerke, dass etwa gut läuft, dass etwas schön ist, kann ich es doch eigentlich auch einfach mal sagen. Was nicht läuft, das wird sowieso angesprochen und zwar viel länger und breiter als das, was gut ist. Wir können stundenlang jammern und lamentieren und meckern, aber nicht über erfreuliche Dinge sprechen. Komisch, nicht?

Aber wir schauen ja auch meist zuerst auf das, was nicht läuft. Wir haben den Blick auf das Schöne, Erfolgreiche und Gute oft schon ein wenig verloren. Schade!

Ich glaube, dass wir ein Lob genießen und manchmal kann ein einziges kleines „gut gemacht!“ den Tag retten. Einen Versuch ist es jedenfalls wert!

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Geschrieben von

Ismene

Kein Mensch ist freiwillig schlecht.Aber es sind schon viele ganz komisch unterwegs.antigone@weibsvolk.org

Ismene

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