Wieder ist eine Grenze überschritten. In seinem Blog gab Mark Zuckerberg am Mittwoch bekannt, dass jetzt über 500 Millionen Menschen Facebook nutzen. Mit der Gravitationskraft eines Schwarzen Lochs scheint das Soziale Netzwerk immer neue Nutzer anzuziehen. Drei Viertel der Facebook-User leben mittlerweile außerhalb der USA, die Online-Plattform bietet ihre Dienste in 70 verschiedenen Sprachen an. Tendenziell könnte das Mitgliederwachstum erst dann ans Ende kommen, wenn jeder Internetnutzer auch ein Facebook-Profil hat. Sind Netz und Facebook bald untrennbar verschmolzen?
Was Zuckerberg in seinem Blog-Eintrag allerdings nicht schreibt: Es gibt auch gegenläufige Tendenzen – und der Gegenwind stammt nicht nur von deutschen Datenschützern und einerVerbraucherschutzministerin, die aus Protest ihr Facebook-Profil löscht. Ebenfalls am Mittwoch lief um Mitternacht eine Deadline für einen Facebook-Boykott aus. Muslime hatten in einem offenen Brief gegen die Löschung vier beliebter muslimischer Facebook-Gruppen protestiert. Zusammen hätten diese über 2,5 Millionen Facebook-Mitglieder vereint. (Die tatsächliche Zahl dürfte allerdings niedriger sein, da ein einzelnes Mitglied bei allen vier Gruppen angemeldet sein kann.)
Wenn die Gruppen nicht wieder freigeschaltetet würden und Facebook sich zudem weigere, in seinen Nutzungsbedingungen einen Passus aufzunehmen, der die Herabwürdigung islamischer Symbole verbiete, dann wechselten die muslimischen Facebook-Nutzer zu Madina, einem Netzwerk, dass sich als islamisch korrekte Alternative – als halal – präsentiert. In der Malaysia Sun erklärte eine Facebook-Sprecherin zwar, die Seiten seien nicht aus inhaltlichen Gründen gesperrt worden, sondern weil sie die Nutzer mit Spam überschwemmt hätten. Zu einem Rückruf der Boykott-Drohung führte dieses Statement aber nicht.
Noch ist nicht klar, wieviele Muslime dem Aufruf tatsächlich folgen werden – ob überhaupt eine signifikante Anzahl ihre Facebook-Profile löscht. Die Drohung zeigt aber, dass das Landes-, Sprach- und Kulturgrenzen übergreifende Wachstum von Facebook schnell vorbei sein könnte. Nämlich dann, wenn sich segregierende Tendenzen durchsetzen. Sicher, die Sperrung der Seiten ist seltsam, der Spam-Vorwurf klingt vorgeschoben – da hätte sich auch eine andere Löung gefunden. Auf die Forderung nach Änderung der Nutzungsbedingungen kann das Unternehmen aber schon allein deshalb nicht eingehen, weil sonst morgen die nächste Gruppe ihren eigenen AGB-Passus fordert.
Während außerhalb von Facebook jeder, der sich im weltweiten Netz bewegt, mit jenen Inhalten leben muss, die ihm nicht passen, lassen sich innerhalb des Netzwerks die Forderungen nach Einschränkungen und neuen Regeln klar adressieren. Das Unbehagen hat einen Empfänger: Man schreibt einen Brief an Mark Zuckerberg. Der wird weiter mit Boykott-Aufrufen leben müssen – und er wird sie weiter ignorieren.
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