Falsch verbunden?

Telefonscherze Barack Obama gilt als der Meister moderner Kommunikation, aber manchmal scheitert er am Telefon. Zweimal verweigerte eine Kongressabgeordnete das Telefonat mit ihm

Das Telefonat hatte sich Barack Obama wohl anders vorgestellt. Der frischgewählte US-Präsident wollte der republikanischen Kongressabgeordneten Ileana Ros-Lehtinen zu ihrer Wiederwahl gratulieren, doch so weit kam er zunächst nicht. Ros-Lehtinen hielt Obama für einen begabten Stimmenimitator. "Junge, du bist ein wesentlich besserer Imitator als dieser Kerl bei Saturday Night Live", sagte sie - und legte auf.

Beim nächsten Versuch ließ Obama seinen Stabschef Rahm Emanuel anrufen, um zu bezeugen, dass es sich nicht um einen Scherz handelte. Ros-Lehtinen bedankte sich für die Ehre, als Opfer eines Telefongags ausgesucht worden zu sein – und legte wieder auf. Erst die Vermittlung eines Ausschusskollegen konnte sie überzeugen, es mit dem echten Obama zu tun zu haben. Man habe dann noch ein gutes Gespräch über außenpolitische Themen geführt, sagte Ros-Lehtinen.

Das Misstrauen gegen die Stimme aus dem Hörer ist so alt wie das Telefon selbst. Wie soll man wissen, ob der unsichtbare Sprecher jener ist, für den er sich ausgibt? Wie kann man sich sicher sein, dass niemand anderes mithört? Für Politiker haben diese Fragen eine neue Dringlichkeit, seitdem jeder Telefon-Gag im Netz archiviert wird. Wenn etwa im Wahlkampf ein Scherzbold anruft und sich als französischer Präsident ausgibt, sollte man besser nicht wie Sarah Palin erzählen, dass man statt des Amtes des Vizepräsidenten lieber Präsident geworden wäre. Auch Andrea Ypsilanti machte ihre Erfahrungen mit Telefonstreichen. Sie klagte gar, um ihr Gespräch mit einem falschen Müntefering nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen - vergeblich. Der Ton-Schnipsel findet sich immer noch auf Youtube.

So scheinen Politiker inzwischen auf bestimmte Anrufe geradezu paranoid zu reagieren. Ein ganzes Heer von Stimmenimitatoren, meist bei Privatradios beschäftigt, verdient seinen Lebensunterhalt damit, aus dem Verwechslungspotenzial am Telefon Witze zu schlagen. Schlimmer als das wachsende Politiker-Misstrauen gegenüber unbekannten Telefonnummern ist aber, dass die meisten dieser "Crazy Phones" oder "Super-Scherz-Anrufer" kaum lustig sind. Es ist eine abgedroschene Masche, die immer und immer wiederholt wird. Bis sie irgendwann wirklich keiner mehr hören kann. Und will.


Nicht alle Telefonscherze sind komisch. Manche aber sehr. Die Favoriten der Alltag-Redaktion

1. Sarah Palin, US-Republikanerin, spricht gerne mal mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy:


2. Achmed von "Freies Radio für Stuttgart"

Die Figur ist seit 2001 im Rennen und bis heute unschlagbar. Egal ob eingeschlossen in einer Telefonzelle oder beim Anruf bei einem Stördienst:


3. Paul Panzer, der auf Telefonscherze spezialisierte Comedian, scheitert auch mal:


4. Leider kein Scherz, sondern bitter ernst: Die Polizei und Frau Zehnbauer

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden