Mehr Kommentare, auch von Toten

Netzgeschichten Google hat ein neues Tool, mit dem sich jede Webseite kommentieren lässt. Forscher haben herausgefunden: Microblogger sind Langweiler. Und Tote können E-Mails schicken

Es soll immer noch Menschen geben – nicht nur in der SPD –, die der Überzeugung sind, man könnte online präsent sein, ohne sich den Kommentaren der Nutzer zu stellen. Sie sind der Ansicht, das Netz ließe sich für Einbahnstraßen-Kommunikation nutzen. Warum sollte man sich auch mit dem „Wurmfortsatz“ (Die Zeit) unter dem eigenen Text beschäftigen? Diese Menschen betreiben Blogs, bei denen sie die Kommentarfunktion ausschalten. Oder lassen Webseiten programmieren, auf denen kein Feedback möglich ist.

Nun hat Google aber eine neue Applikation entwickelt, die es in Zukunft unmöglich macht, sich Kommentaren zu entziehen. Sidewiki heißt das kleine Programm, das in die Google Toolbar integriert wird. Wer beim Sidewiki angemeldet ist, kann jede beliebige Seite kommentieren – unabhängig davon, ob es dort eine Kommentarfunktion gibt oder nicht. Die Anmerkungen werden in den Tiefen der Google-Server gespeichert und andere Sidewiki-Nutzer bekommen sie angezeigt, wenn sie dieselbe Seite aufrufen. Die Kommentare sollen von einem Algorithmus nach ihrer Nützlichkeit vorsortiert werden, schreiben die Google-Entwickler. Wie man allerdings bei Missbrauch vorgehen will – wenn etwa Rechtsradikale das Sidewiki kapern –, hat man noch nicht verraten.

Ein anderes Google-Projekt dümpelt hingegen vor sich hin. Jaiku sollte als Microblogging-Dienst Twitter Konkurrenz machen, wurde aber bereits Anfang des Jahres fallengelassen und fristet nun als Open Source-Software ein Randdasein im Netz. Dennoch hat das „Helsinki Institute for Information Technology“ die Plattform für eine Studie benutzt und herausgefunden, dass die meisten Kurzblogger Langweiler sind. Sie haben große Probleme, die Aufmerksamkeit ihrer Follower auf Dauer zu halten.

Nicht verwunderlich, wenn man ihre Themen betrachtet. Die geposteten Beiträge drehen sich vor allem um: Arbeit, Essen, Schlafen. Die finnischen Forscher erklären die vielen nichtssagenden Einträge mit einem grundlegenden Widerspruch. Einerseits werden die Microblogger durch Fragen und Kommentare der Follower zum Posten ermutigt, andererseits sind sie sich jedoch sehr bewusst, dass alle Einträge öffentlich sind – weshalb sie allzu private Themen lieber vermeiden.

Um ihre Privatsphäre müssen sich die Nutzer der australischen Webseite FromBeyond2u.com hingegen nicht sorgen. Die Nachrichten, die dort hinterlegt werden, sollen ihre Adressaten erst nach dem Tod des Absenders erreichen.

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