Schrillende Alarmglocken

Kommunikation Die Deutsche Telekom expandiert nach Südosteuropa. Politiker vor Ort sehen das sehr skeptisch
Strebt nach Macht: Die Deutsche Telekom
Strebt nach Macht: Die Deutsche Telekom

Bild: LUKAS KREIBIG/AFP/Getty Images

Deutschland zieht es im Kampf um den europäischen Telekommunikationsmarkt auf die Überholspur. Die Deutsche Telekom hat schon große Teile des südosteuropäischen Marktes aufgekauft. Sie ist mittlerweile aktiv in Kroatien, Serbien, Rumänien, Ungarn, Polen, Tschechien, der Slowakei, Makedonien, Montenegro und Griechenland. Es geht nicht um normale Privatisierung, da die Deutsche Telekom zu 32 Prozent immer noch dem deutschen Staat gehört. Die Expansion hat aber weitreichende Folgen für die Souveränität und die Sicherheit dieser Länder. Die Erfahrung in Kroatien belegt das.

Nun gilt die Deutsche Telekom auch als der wahrscheinlichste Käufer der Telekom Slovenija – eines von 15 slowenischen Staatsunternehmen, die in Zukunft verkauft werden sollen. Die slowenische Regierung kommt damit der EU-Kommission entgegen, die sich für den Verkauf eingesetzt hatte. Besorgt war jedoch der Verteidigungsminister Janko Veber. Er bat den Geheimdienst um eine Sicherheitsanalyse, was hohe Wellen schlug. Für das Empfinden einiger Politiker in Slowenien überschritt er seine Kompetenzen, als er Informationen über den Verkauf an den Geheimdienst gab. Vor zwei Wochen wurde er dementsprechend abgestraft. Das Parlament setzte ihn als Verteidigungsminister ab.

Die Fragen nach Souveränität und Sicherheit des Landes, die er aufwarf, sind jedoch nach wie vor aktuell. Im slowenischen Parlament diskutierte man jedoch lediglich sein unüberlegtes Handeln. Das ändert nichts an seiner berechtigten Sorge hinsichtlich sensibler Personaldaten. Was in Kroatien passiert ist, sollte bei allen anderen Staaten in dieser Region die Alarmglocken schrillen lassen.

Während des Besuchs der neuen kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović bei der deutschen Kanzlerin in diesem März, verwies Angela Merkel auf Probleme von Hrvatski Telekom, der kroatischen Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom. Laut kroatischen Medien kritisierte die Kanzlerin, dass ein paralleles Kommunikationsnetz gebaut wird. Aber soll ein Staat kein eigenes Kommunikationsnetz haben, mit dem auch für abgelegene Orte der Internetzugang bereitgestellt wird? Und das nur, weil es schlecht für das Geschäft eines fremden Staatsunternehmens sein könnte?

Es geht jedoch beileibe nicht nur um Abdeckung. Nachdem die Kroaten im Jahr 2001 ein Drittel ihrer Telekom für circa 500 Millionen Euro an die Deutsche Telekom verkauft haben, bauen sie jetzt eine neue, parallele Kommunikationsinfrastruktur, die schon mehr als 230 Millionen Euro gekostet hat, wie die slowenische Wochenzeitung Mladina berichtet. Den Kroaten wurde nämlich erst deutlich später klar, dass die Deutsche Telekom rechtlich alle Kommunikationsdaten in Deutschland speichern darf. Das heißt, dass sie nur deutsche Datenschutzgesetzen folgen muss. Dadurch verliert der kroatische Staat einen Teil seiner Souveränität. Zudem sollte nicht vergessen werden, dass die Daten in der Reichweite von deutschen Geheimdiensten sind. Hochrangige kroatische Politiker haben daher bereits begonnen, über verschlüsselte Verbindungen zu kommunizieren. Der kroatische Geheimdienst wechselte ebenfalls zu einem anderen Anbieter, Vipnet.

In der Schweiz wurde im Jahr 2005 ebenfalls darüber gesprochen. Die dortige Regierung wollte Swisscom privatisieren. Aus diesem Grund bestellte sie zwei Studien über die Zweckmäßigkeit eines solchen Verkaufs. Eine Studie behandelte den Sicherheitsaspekt. Laut Mladina stellte sie fest, dass der Verkauf zur Abhängigkeit von Technologie und Sachverständigen führt. Und auch, dass das Netzwerk im Zweifelsfall „durch Knopfdruck im Ausland“ ausgeschaltet werden könne. Das war nicht im Interesse der Schweiz, der Verkauf wurde abgesagt.

Die Deutsche Telekom strebt derzeit nach der Hegemonie in Südosteuropa. Natürlich kann sie den Konsumenten viele günstige Angebote machen. Es stellt sich jedoch auch die Frage der Netzabdeckung. Ein multinationaler Kommunikationsgigant hat sicher kein Interesse daran, sein Netz bis in Randsiedlungen zu erweitern. Dies sollte aber im Interesse eines Staatsanbieters sein. Denn was würde dies sonst für Menschen bedeuten, die nicht in Großstädten leben? Und falls die Infrastruktur veraltet, würde die Deutsche Telekom für Erneuerung sorgen – oder doch nur für das bessere Geschäftsergebnis? Auf die zweite Variante sollte man sein Geld setzen.

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