Fit für die Zukunft? Die Digitalisierung aus Sicht eines Schülers

Digitalisierung Mit dem Digitalpakt wollte die Bundesregierung die Digitalisierung in Bildungseinrichtungen vorantreiben. Doch welche Folgen kann die Digitalisierung an einer Schule haben? Wie verändert sie den Unterricht und den Schulalltag?

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Alle Welt redet von der Digitalisierung, einige Politiker scheinen sie sogar als die Lösung aller Probleme zu sehen. Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Dennoch muss man klar betonen, dass die Digitalisierung in der Wirtschaft und auch im Alltag wichtige Veränderungen antreibt und ermöglicht. Neue Kommunikationsmöglichkeiten, neue Produktionsformen und neue sowie flexiblere Arbeitsformen sind nur einige der vielen Beispiele für wirtschaftliche Vorteile der Digitalisierung.

Um im digitalisierten Berufsalltag klarkommen zu können, müssen die Schüler von heute und morgen bereits während ihrer Schulzeit den richtigen Umgang mit digitalen Medien erlernen. Daneben kann der Einsatz digitaler Medien den Schulunterricht nachhaltig positiv beeinflussen, da neue und interaktive Lernmethoden zur Verfügung stehen.

Der Digitalpakt

Unter anderem mit diesen Annahmen hat die Bundesregierung im Jahr 2018 bekundet, die Digitalisierung an den allgemeinbildenden Schulen mit 5 Milliarden Euro fördern zu wollen. Diese Fördersumme stieg im Zuge der Pandemie noch einmal um 1,5 Milliarden Euro zusätzlich an.

Am 17. Mai 2019 trat der DigitalPakt Schule schließlich offiziell in Kraft. Doch die Verteilung der Mittel zog sich. Schulen mussten Medienkonzepte einreichen, um überhaupt die Mittel beantragen zu können. Anträge mussten gestellt und Mittel bewilligt werden, und dann musste das Geld auch in konkrete Maßnahmen gesteckt werden, die man dann auch umsetzen musste. Kein Wunder also, dass am 30. Juni 2020 gerade mal 16 Millionen Euro ausgegeben worden waren. Selbst ein Jahr später waren lediglich 189 Millionen Euro abgeflossen.

Zwar sind laut Bildungsministerium am 30. Juni 2023 mehr als 90% der verfügbaren Gelder verplant worden, dennoch sind mit 1,34 Mrd. Euro nur ca. 20% der Mittel tatsächlich ausgegeben worden.

Situation der Schule vor Corona

Doch wie erleben eigentlich die direkt Betroffenen die Situation? Ich will versuchen, eine Antwort und einen Einblick in die Veränderung des Schulalltags durch die Digitalisierung zu geben.

Ich bin Abiturient an einem schleswig-holsteinischen Gymnasium und habe die Veränderungen im Zuge der Digitalisierung hautnah miterlebt.

Früher war das Handy mehr oder weniger tabu. Für den Unterricht wurde es nahezu nie gebraucht, und Bestrafungen wie das Einkassieren des Smartphones wurden teils rigoros durchgesetzt. Auch in der damaligen Oberstufe war die Situation ähnlich. Außerdem wurde selbstverständlich der Overheadprojektor benutzt, der wie ein Relikt aus vergangener Zeit schien.

Die Pandemie als Motor der Digitalisierung

Eine erste Veränderung kam mit der Covid-Pandemie. Binnen kürzester Zeit mussten wir über eine digitale Lernplattform Aufgaben bekommen. Vieles war für uns und unsere Lehrkräfte neu und ungewohnt. An viele Dinge musste man sich erst gewöhnen, sich erst einarbeiten und sie verstehen.

Selbst im Präsenzunterricht war nun die Einbindung digitaler Medien zu spüren. Wir haben Hausaufgaben über die Lernplattform bekommen und auch Präsentationen über sie abgeschickt. Trotzdem war der Einfluss der digitalen Medien noch gering und unterschied sich stark nach Lehrkraft.

Im zweiten Lockdown wechselten wir auf eine neue Lernplattform, was auch wieder eine starke Umgewöhnung erforderte. Wir erlebten Videokonferenzen, in denen manche Lehrkräfte allen Ernstes sagten: "Wer mich nicht hört, meldet sich bitte einmal." - wenn man die Lehrer nicht sieht, dann geht das leider sehr schlecht...

Wie auch immer, die Pandemie vervielfältigte den Einsatz digitaler Medien. Dennoch war zu einer wirklichen Digitalisierung noch ein weiter Weg.

Die große Transformation

Schließlich begann mit dem Digitalpakt an unserer Schule der große, der wirkliche Umbruch. Zuerst geschah dies eher still und leise. Es wurden einige Räume im Rahmen eines Pilotprojekts mit einem ActivPanel ausgestattet. All dies geschah aber eher heimlich, sodass die bloße Existenz dieser digitalen Tafeln für manche Mitschüler eine ziemliche Überraschung darstellte.

Für die Schule stellten sich nach Beginn der Pilotphase verschiedenste Fragen: Sollen die Räume nur über digitale Tafeln verfügen oder sollen einige Räume stattdessen mit Beamer und Whiteboard ausgestattet sein? Wie sollen diese in den Unterricht integriert werden? Welches Modell wird überhaupt angeschafft?

Dann musste auf die Bewilligung der Mittel gewartet werden, was sich über viele Monate streckte.

Schließlich kamen im Laufe des Jahres 2022 die digitalen Tafeln an und wurden endlich in Betrieb genommen. Bereits 2021 hatten die ersten Mitschülerinnen und Mitschüler Tablets bekommen, die sie im Unterricht nutzten. Ich habe im März 2022 mein eigenes Tablet bekommen, das ich seitdem nutze. Zu Beginn habe ich noch hybrid gearbeitet, mittlerweile ist das Tablet mein hauptsächliches Arbeitsgerät. Ich möchte es nicht im Unterricht missen. Es ist leichter als die schweren Bücher, die man sonst im Ranzen mit sich schleppen muss. Und es ermöglicht mir flexibles Arbeiten, das sonst kaum möglich ist. Nie wieder vergisst man ein Heft oder einen Ordner - denn alles ist kompakt in einem Gerät dabei. Ein Tablet - mehr braucht es also nicht mehr.

Für und Wider

Mit meinen Mitschülern kann ich leicht zusammenarbeiten und mich austauschen, man kann über das Panel schnell seine Arbeitsergebnisse präsentieren, und ich kann schnell googeln und Ergebnisse überprüfen. Für mich und meine Mitschüler ist dies also ein echter Segen.

Dennoch sieht man, dass einige abgelenkt sind, nicht ordentlich arbeiten, sich auf andere Personen oder Chat GPT verlassen. Da kommt es zuweilen vor, dass in der Arbeitsphase am Tablet gespielt wird. Und im Unterricht werden die Antworten oft genug gegoogelt und vorgetragen, auch ohne sie wirklich zu kennen. Aber all diese Probleme sind doch nicht wirklich neu. Abgelenkte Schüler gab es auch schon vor vierzig Jahren. Dennoch sehe ich deutlich, dass einige durch Handy und Tablet besonders abgelenkt und unkonzentriert sind, was wiederum auf andere übergreifen kann und in einer Lernumgebung fehl am Platz ist.

Mein Fazit

Oft wird die Digitalisierung als Lösung aller Probleme angesehen. Das ist falsch. Digitalisierung ist doch vielmehr eine Möglichkeit, ein Vehikel, um Dinge zu ermöglichen. Die Jugend von heute wird sowieso den digitalen Medien ausgesetzt sein. Da ist es nur sinnvoll und verantwortungsbewusst, wenn die Schule das pädagogisch betreut und diesen jungen Menschen Verantwortung und Medienkompetenz beibringt und dabei selbst von dem neu entstandenen Potential profitiert. Es geht dabei längst nicht um den Arbeitsmarkt. Nein, es geht darum, in einer digitalisierten Welt klarzukommen und für die Herausforderungen der Digitalität gewappnet zu sein, fachlich und menschlich.

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