Signale des Zorns

Im Gespräch Es gibt in diesem Land einen Riss zwischen den Erwartungen der Menschen und der sie umgebenden Wirklichkeit. Der Soziologe Oskar Negt über Stuttgart21, Sarrazin und Eulen
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Jakob Augstein: Sie haben einmal gesagt, dass heute Fragen für Sie wichtiger sind als Antworten. Das ist ja fast ein dunkler Satz – wie meinen Sie das?

Oskar Negt: Wir leben in einer Zeit, in der sich die Gehirne wieder öffnen müssen. Dafür sind die Fragen wichtiger als die Antworten. Es ist eine krisenhafte Zeit. Aber es ist nicht damit getan, den Leuten zu sagen: Wählt diese oder jene Partei, dann wird alles besser. Wir müssen den begrifflichen Horizont erweitern.

Unterscheidet sich denn unsere Gegenwart von vergangenen Gegenwarten?

Ganze Gesellschaftsordnungen sind zusammengebrochen, ohne dass ein Schuss fiel. Das hat es so bislang nicht gegeben. Der Fall der Mauer war ein unerhörter Freiheitsgewinn. Und gleichzeitig begann damit der Abbau des Soz