Wenn es ums Bier geht, geht der Bayer und diesem voran natürlich der Münchner auf die Straße. Das war schon 1848 so: Während in den übrigen deutschen Landen die Revolutionäre eher vom nationalliberalen französischen Dreiklang "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" bewegt waren, trieb die Münchner ganz bodenständig der Bierpreis um. Der sollte nämlich nach dem kartellmäßigen Willen der Brauereien um einen Pfennig pro Liter erhöht werden - für damalige Verhältnisse ein Anstieg, den heute nicht einmal mehr Oktoberfestwirte wagen würden. Die Münchner regten sich darüber jedenfalls so auf, dass nach einer Nacht einige Brauereien in Schutt lagen, die Preiserhöhung auf königlich-bayrische Anordnung hin zurückgenommen wurde, und der Preis fortan wieder sukzessive angehoben werden musste.
Was das alles mit dem Streit um das Dosenpfand zu tun hat, das diesen Freitag auch im Bundesrat beschlossen werden soll? Edmund Stoiber, der sich noch bei der letzten Münchner Bierrevolution, als 1995 ein Oberverwaltungsgerichte die Öffnungszeiten der Biergärten auf den Vorabend beschränken wollte, an die Spitze der Rädelsführer gesetzt hatte, scheint heute all sein Instinkt für das bayrische Weltbild verloren zu haben. Denn in einer schlichten Logik befürwortet man das Trittinsche Dosenpfand südlich des Mains nicht aus ökologischen Gründen. Bier hat in der Dose nichts zu suchen, heißt die schlichte Fortentwicklung des Reinheitsgebotes in den Alltag des Biertrinkers hinein. Deswegen demonstrierten am Dienstag Bayern und Brauer vor der bayrischen Staatskanzlei. Denn der bayrische Ministerpräsident hat entsprechend folkloristische Stimmen aus der eigenen Partei erst geduldet, sich dem Dosenpfand aber dann wieder massiv entgegengestellt. Das freute die Lobby der großen Handelsketten, die das ganze Blech nach den Trittinschen Plänen zurücknehmen und auf eigene Kosten entsorgen müssten. Und das löste auch Jubel auf den Oppositionsbänken des Bundesrates aus, die sich selbst schon nicht mehr an eine anständige Blockade in der Länderkammer erinnern können.
Es ist die föderalistische "Mir-san-mir"-Linie, die Stoiber hier zum ersten Mal aufgegeben und sich dabei gehörig die Finger verbrannt hat. Nun muss er hoffen, dass seine Stimme über ein Veto Nordrhein-Westfalens gegen das Dosenpfand abkömmlich werden und Bayern sich enthalten kann. Aber der Düsseldorfer Ministerpräsident Wolfgang Clement hat sich ohnehin in den letzten Tagen noch über die Gentechnik hinaus so kämpferisch freistaatlich gegeben wie ehemals ein Franz-Josef Strauß.
Kanzlerkandidat und bayerischer Ministerpräsident - die Doppelrolle hat ihre eigenen Tücken. Nur gut, dass Merkel in dieser Woche wegen des missglückten Personalmanagements in Berlin die Revoluzzer in den CDU-Reihen gegen sich aufgebracht hat.
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