Der Startschuss

KOMMENTAR Vor zehn Jahren begann der Golfkrieg

Am 17. Januar 1991 trafen Bagdad die ersten Bomben der Operation Wüstensturm. Seinerzeit ging es nach den Worten des damaligen US-Präsidenten George Bush, um die Durchsetzung des Völkerrechts gegen die irakische Diktatur und um die einer "Neuen Weltordnung". Die UNO hatte den Luft- und anschließenden Bodenkrieg nicht beschlossen, aber der Sicherheitsrat die Mitgliedsstaaten ermächtigt, "alle notwendigen Maßnahmen" zur Befreiung Kuwaits zu ergreifen. Das schloss Gewalt - also Krieg - ein.

Die Rechtfertigung dazu beruhte nicht allein auf der Instrumentalisierung von Völkerrechtsargumenten zu weit profaneren Zwecken - nämlich der schlichten Wahrnehmung eigener Interessen am Golf. Schon damals reichte es nicht, die tatsächlichen Gräuel des irakischen Regimes zu betonen - wie ein gutes Jahrzehnt später wurde propagandistisch massiv nachgebessert. Damals ging es zwar nicht um "Hufeisenpläne", dafür ersann man allerlei Horrorgeschichten, wie die Tötung Frühgebohrener in ihren Brutkästen durch irakische Soldaten.

Der Krieg selbst verlief glatt, eigentlich eher als "Truthahnschießen", wie ein Bomberpilot es auszudrücken beliebte. Die Zahl der getöteten Irakis war beträchtlich, wurde aber nie veröffentlicht, während die Alliierten nur einige Dutzend Opfer zu beklagen hatten. Im eigentlichen Sinne handelte es sich überhaupt nicht um einen Krieg, da es fast keine Gegenwehr gab, sondern eben um "Truthahnschießen" - ein militärisch maskiertes Massaker. Was natürlich auch "richtige" Massaker nicht ausschloss, wie das der 24. Infanteriedivision zwei Tage nach dem Waffenstillstand an Hunderten vereinbarungsgemäß abziehender irakischer Soldaten. Samuel Hersh hat es gründlich dokumentiert.

Die Ergebnisse des Krieges sind schwerer zu bewerten als sein Verlauf, da die Kriegsziele mehrfach neu definiert wurden - wie ja auch im Kosovokrieg, der schließlich "zur Durchsetzung von Rambouillet" geführt wurde. Klar ist aber folgendes: Kuwait wurde befreit - Saddam und seine brutale Diktatur sind weiter an der Macht. Die irakischen Massenvernichtungswaffen wurden überwiegend vernichtet, aber das Know-how bleibt vorhanden. Durch das UNO-Embargo sind nach dem Krieg weit mehr Menschen gestorben als durch die Kampfhandlungen. Was unter "humanitärem" Firmenschild unternommen wurde, geriet zur größten humanitären Katastrophe. Die gesamte Region ist seit dem Golfkrieg nicht stabiler geworden, im Gegenteil. Zusammengenommen lässt sich feststellen: Der Golfkrieg war als Blitzkrieg ein großer Erfolg, als politischer Gestaltungsversuch ein Debakel und als humanitärer Akt ein besseres Schmierentheater. Als Startschuss zur Neuen Weltordnung hat er uns direkt in den Kosovo geführt, mit dem kleinen Unterschied, dass seitdem deutsche Truppen mit von der Partie sind.

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