Alle Prophezeiungen waren falsch, bleiben aber richtig.

Aufstand für Frieden Die Kundgebung „Aufstand für den Frieden“, initiiert von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer, war ein großer Erfolg für die Friedensbewegung und trotzdem kann die breite Medienöffentlichkeit nicht aufhören die Kundgebung zu diffamieren.

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Was hätte man denken müssen, wenn man den düsteren Prophezeiungen der deutschen Medien und Politiker gefolgt wäre und sich nur so ein Bild darüber gemacht hätte, was am 25.02. um 14 Uhr am Brandenburger Tor so alles passiert: Nazis, Reichsbürger und ein Haufen AfD-Politiker hätten, wohlmöglich finanziert von Putin, mit der, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland am Samstagmorgen noch mitteilte, „größten Gefahr für die deutsche Demokratie“ Sahra Wagenknecht und der unbarmherzigen, amoralischen Alice Schwarzer für einen absoluten Sieg Russlands gegen die ganze Welt und das Universum dazu demonstrieren müssen. Passiert ist das, wie man erwarten konnte, nicht. Stattdessen entstand die größte Friedenskundgebung seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges mit einem klaren Standpunkt gegen den Kriegskurs der Bundesregierung und einer Verurteilung des Krieges. Wie die Berliner Zeitung bestätigte, waren etwa 50.000 Menschen vor Ort.

Die Kundgebung begann um 14 Uhr, die Straße des 17. Juni war gefüllt und von den Seiten drangen weiterhin eine große Masse Menschen vor die Bühne, um an der anstehenden Kundgebung zum „Manifest für Frieden“ teilzuhaben. Es ging los mit einem Redebeitrag des US-Ökonom und ehemaligen Beraters der russischen und ukrainischen Regierung und der Vereinten Nation, Jeffrey Sachs, der die Vorgeschichte des Krieges skizzierte und seine Sicht auf die Situation vorstellte und mit dem Appell endete, dass sofort eine Friedensinitiative starten müssen, bevor sich der Krieg in ein atomarisches Armageddon verwandelt. Nach ihm wurden die Rednerinnen und Redner der Kundgebung vorgestellt. Neben Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und Erich Vad sprachen noch die Schauspielerin Corinna Kirchhoff und der Pädagoge, Politikwissenschaftler und Wirtschaftspublizist Hans-Peter Waldrich. Alle betonten in ihren Statements die Forderung nach einer diplomatischen Initiative der Bundesregierung und dem Stopp von Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet. Konzentriert wurde sich jeweils auf einen anderen Aspekt des Krieges; Vad verwies bspw. darauf, dass die Bundesregierung nie ihr Ziel der Waffenlieferungen für den Krieg definierte und es so mit völlig offener Zielsetzung wirklich reiner Militarismus bleibt. Wagenknecht und Schwarzer verwiesen auf die bereits gelaufenen Friedensgespräche und wehrten sich gegen den bspw. von Christian Lindner gemachten Vorwurf, dass alle die sich der Kundgebung anschlossen auf der „falschen Seite der Geschichte“ stünden. Besonders interessant war aber Wagenknechts Aussage in Bezug auf die vermeintliche „Rechtsoffenheit“ der Demo und des Aufrufs. Sie machte gleich klar, dass Nazis und Reichsbürger, die in ihrer Tradition für die schlimmsten Kriege selbst verantwortlich waren, nichts auf einer Friedenskundgebung zu suchen haben. Ebenfalls wehrte sie sich gegen die völlig absurde These, dass das Eintreten für Frieden ein „rechtes Anliegen“ sei und stellte klar, dass gerade die Bundesregierung mit ihrer Politik des Militarismus im Bund mit Faschisten-Freunden wie dem Ex-Botschafter und jetzigen Vize-Außenminister Andrej Melnyk, sich lieber an die eigene Nase fasse solle, wenn es um eine rechtsoffene Politik geht. AfD-Politiker blieben, wenn überhaupt welche da waren, eine völlig isolierte Minderheit und der COMPACT-Chef Elsässer, vorher noch der Kronzeuge für eine angebliche „Querfront“ auf der Demo, wurde von der Versammlungsleiterin Sevim Dagdelen persönlich der Demo verwiesen. Er hat eben, wie der Friedensaktivist Willi van Ooyen ihm direkt ins Gesicht sagte, kein „Reihens Herz für Frieden“. Nachdem Elsässer nicht gehen wollte und die Polizei nicht handelte, drängten ihn andere Teilnehmer aus der Kundgebung. Eine irgendwie geartete „Querfront“ gab es, wie man es hätte als normaler Mensch erwarten können, zu keiner Sekunde. Rechte Symbolik war nirgends zu sehen.
Das es überhaupt nötig war, dass sich Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer nach rechts abgrenzen müssen; zwei ihr Leben lang politisch linke Menschen; ist absurd genug, allerdings auch der Situation geschuldet, dass die Kategorien „Links“ und „Rechts“ durch bspw. Grüne sich selbst als links bezeichnende rechte Kriegstreiber und sich friedliebend tuende AfD-Aufrüstungsfreunde völlig durcheinandergerüttelt wurden.

Die Berichterstattung auf und nach der Demo war durchmischt. Neben wenigen guten und sachlichen Beiträgen über die Demo waren sich aber große Medienhäuser weiterhin nicht zu schade, widerlegbare Falschaussagen über eine vermeintliche „Rechtsoffenheit“ zu tätigen. Das ZDF berichtete, dass es angeblich keine Abgrenzung von rechts gab und Sahra Wagenknecht dies relativiere; gezeigt wurde ein Ausschnitt ihrer Rede, der direkt nach ihrer Distanzierung von Rechtsextremisten kam und an alle anderen gerichtet war eingeladen zu sein, wenn man reinen Herzens für Frieden demonstriert. Neben der SPD-Vorsitzenden Eskens, die eine Unterstützung von Putins Propaganda witterte, ließ man noch den in letzter Zeit nur noch diffamierend urteilenden Mainstream-Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke zu Wort kommen, der die Kundgebung als Auftakt einer „neu-rechten Querfront“ sieht. Die Versuche, das Anliegen weiterhin zu diskreditieren und verächtlich zu machen, wird wohl nicht aufhören, auch wenn die Vorwürfe klar widerlegbar sind.

Trotzdem können sich all jene, die bisher eine starke Friedensbewegung sehnsüchtig vermisst haben, sicher sein, dass das nicht das letzte war, was man vom „Aufstand für Frieden“ gehört hat. Deutschland hat mit dem heutigen Auftakt wieder, wie auch Zahlen des INSA-Institutes über das „Manifest für Frieden“ bestätigen, eine starke Friedensbewegung, die breite Unterstützung in der Bevölkerung hat.

,,Lasst uns heute den Startschuss für eine neue starke Friedensbewegung in Deutschland geben!"
Sahra Wagenknecht

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

John Lucas Dittrich

Schüler, 18 Jahre, Mitglied im Bundesausschuss der Partei DIE LINKE

John Lucas Dittrich