Was Griechenland von Ostdeutschland lernen kann - oder besser nicht?

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Nun ist es also durch das aktuelle Griechenlandpaket. Ein neuer Tropf am Patienten. Eine Atempause. Inzwischen können die Herren Doktoren und Financiers abermals beraten mit welcher Therapie sie der griechischen Krankheit beizukommen gedenken.

Die abenteuerlichsten Phantasien irrlichtern dazu derzeit durch Äther, Draht und Blätterwald. Eine der abgefeimtesten drängte sich mir die Tage ins Ohr. Die unterbreitete Argumentation ging in etwa so:

Nur zu gern würden die deutschen Unternehmen Griechenland dabei helfen, zu einem prosperierenden Gemeinwesen zu werden, ähnlich den anderen Euro-Staaten. Man sprach von wirtschaftlicher Effizienz und modernem Staat. Nur leider müssten dazu die Rahmenbedingungen in Griechenland angepasst werden. (Gern würde man dazu deutsche Ministerialbeamte entsenden.) Nur dann würden die glückbringenden deutschen Unternehmen aktiv. Zum Beispiel wenn durch Einführung von Katasterämtern der Erwerb von Grundeigentum rechtssicher würde.

Grundsätzlich ist das Streben nach Rechtssicherheit ein berechtigtes Anliegen.

Das Problem der Offerte mit Hilfe deutscher Unternehmen Griechenland zu modernisieren liegt auf einer anderen Ebene. Jeder der sich ein wenig mit Ökonomie beschäftigt weiß, dass für Wachstum, also das was Griechenland benötigt um wettbewerbsfähig zu werden, entscheidend ist, was mit den Gewinnen aus dem wirtschaftlichen Engagement der deutschen Unternehmen in Griechenland geschähe. Werden die Gewinne im Land reinvestiert oder aus dem dem Land heraus transferiert? (Die Wirkung von Arbeitseinkommen auf das Wachstum einer Volkswirtschaft ist im Unterschied dazu eher nachrangig. Der Anteil der Lohnsumme am Gesamteinkommen nimmt in der Bundesrepublik beispielsweise seit vielen Jahren ab, ohne dass dies entscheidende Nachteile auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hätte.) Wachstum entsteht dort, wo die erzielten Gewinne reinvesitert werden!

Es ist nicht davon auszugehen, dass die deutschen Unternehmen sich verpflichten lassen würden, ihre Gewinne wieder in Griechenland anzulegen. Die internationalen Regelungen des freien Kapitalverkehrs schützen sie vor derlei Ansinnen. D.h. selbst wenn Griechenland den deutschen Unternehmen das schönste Bett bereiten würde, bestünde keine Gewähr, dass dies dort zu Wachstum führt. Deutsche Unternehmen handeln wie alle anderen nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung. Wenn sie davon ausgehen, dass es ertragreicher ist, die Gewinne, welche sie mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in Giechenland erzielt haben, an einem anderen Ort anzulegen, wird es kein Wachstum in Griechenland geben. Dann bleibt den Griechen nichts als Arbeit und ein wenig Lohn und Brot.

Bleibt die Frage:

„Und was ist mit den Investitionen, welche die deutschen Unternehmen in Griechenland tätigen würden? Die schaffen doch Wachstum! Da werden Bauleute nachgefragt und Zulieferer erhalten Aufträge. Das ist doch was, oder?“

Sicher ist das was. Mehr als nichts sozusagen.

Seit mehr als zwanzig Jahren wird nach dieser Methode in Ostdeutschland Wirtschaftspolitik betrieben und es hängt immer noch am Tropf des Solidarpakts. Übertragen auf Griechenland würde dies bedeuten, durch die Investitionstätigkeit deutscher Unternehmen wären die gesamtwirtschaftlichen Effekte für Griechenland auch in zwanzig Jahren noch nicht ausreichend um wettbewerbsfähiger zu sein als Ostdeutschland heute. Das ist nicht, was die Griechen vor der Pleite rettet. Man kann ihnen nur wünschen, dass sie sich nicht auf derlei vergiftete Angebote einlassen, die nichts weiter sind, als Geschäfts-Akquise für deutsche Unternehmen. Und die Griechen tun es auch nicht, wie die Nachrichten heute berichten.

Vielleicht sind die vorgenannten Überlegungen einer der Gründe dafür.


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