Das Narbengesicht

Kurzgeschichte über Hoffunglosigkeit bei chronisch Erkrankten

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Er hatte dieses markante Narbengesicht, welches aber seine seelischen Narben nicht offenbaren konnte, die aber sicher um ein vielfaches schwerer wiegten, als jene in seinem Gesichtsfeld. Seine Narben, hatten in sozusagen gezeichnet, ihn malträtiert und gepeinigt, bis aufs Blut, doch er überlebte all diese fürchterlichen Qualen und wischte sie einfach weg, so als würde er einen Vorhang rasch beiseite ziehen, um wieder nach draußen schauen zu können. Er lebte nun mit seinen Narben und nicht mehr gegen sie. Er respektierte sie, auch wenn er sie manchmal verteufeln könnte. Seine Narben erinnerten ihn häufig an seine wenig ruhmreiche Vergangenheit, an den ganzen Dreck der sich damals zugetragen hat, an seine Untaten zu jener Zeit, die ihm die Narben im Gesicht und auch die seelischen zudem bescherten. Wenn er sich im Spiegel seines Badezimmer betrachtete, sah er nicht nur die Narben in seinem Gesicht. Denn er spürte jetzt auch seine seelischen Narben, die zwar nicht zu sehen waren, aber eine Wucht entwickeln konnten, die seine Seele in helle Aufregung versetzte, so das er um seinen Gesundheitszustand bangen musste, der ihm einen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik bescheren konnte, wo niemand ernstlich hinkommen möchte, doch in seinem speziellen Fall, es manchmal keine Alternative gab. So musste er dann den Rettungswagen rufen, der ihn dann in eine solche Klinik brachte, ohne jedoch davon ausgehen zu können, das seine seelischen Narben dort „geheilt“ werden können, obwohl man dies von einer Fachklinik für Psychiatrie hätte erwarten können. So blieben ihm nur die Pillen, die ihm die Psychiatrie-Ärzte verschrieben hatten. Aber auch sie konnten keine Heilung seiner Symptomatik erzielen, höchstens jedoch eine Linderung, welches für ihn jedoch sehr viel wert war, so fühlte er sich mit der Medikation doch deutlich besser, als ohne die Tabletten. Zu Hause, lebte er dann, das langweilige Leben eines chronisch Kranken. Doch er beschwerte sich nicht mehr darüber wie in früheren Zeiten noch. Er schluckte jetzt pedantisch seine Tabletten, um zumindest eine Linderung seiner Symptome zu erreichen. Es wäre aber jedoch nicht realistisch, nach zwanzig Jahren psychischer Erkrankung von einer Heilung sprechen zu können. Allein aber die Psychopharmaka brachten zumindest etwas Linderung diesbezüglich - doch dies war für ihn schon wie ein kleiner Sieg, als ohne Tabletten vor Unruhe, halb verrückt werden zu müssen.

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Geschrieben von

Karl Valentin

Schreiber mit einem Schuss Ironie

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