überlegungen zu robert enkes freitod

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

vorweg gesagt: robert enke ist mir als sympathischer zeitgenosse ohne allüren aufgefallen, einer von uns!

enke war im leben durchaus recht erfolgreich, zum beispiel mit anfang 30 finanziell für den rest des lebens abgesichert. offenbar waren auch seine privaten angelegenheiten in ordnung. vieles von dem, wovon andere leblang nur träumen, hatte er also erreicht. daraus ergibt sich kein motiv für einen freitod!

mir ist aber bewusst, dass eine krankheit wie depressionen anders tickt. selbst ein mit glück in höchstem maße überschütteter mensch kann so unglücklich sein, dass er permanent an den eigenen tod denkt! da könnte man zynisch sagen: pech gehabt beim genenbingo, dass nun gerade dich so eine stoffwechselstörung im gehirn getroffen hat. aber wie gesagt, das ist zynisch!

wenn anlässlich des gedenkgottesdienstes 35000 menschen durch hannover ziehen, um ihrem idol adieu zu sagen, bewegt einen dies natürlich! aber gleichzeitig habe ich empfunden, wie schwer auch die last für den noch lebenden enke gewesen sein muss, von so vielen menschen engehimmelt und bewundert zu werden! wie sehr man im glaskasten sitzt und jede abweichung vom erwarteten verhalten mit irritation wahrgenommen wird. oder allein dieses leben in der öffentlichkeit - es ist nicht nur schön, auch wenn viele unter uns es vielleicht für sich wünschen, berühmt zu sein. dies ist auch eine allzu schwere last.

auch unter ökologischen gesichtspunkten wäre es gut, wenn sich jeder mensch mehr wie eines von 6 Mrd. sandkörnern fühlen würde, ohne diesen hang, sich aus der masse heraus zu nehmen! ein wesentlich kleinerer fussabdruck von jedem individuum wäre schon gut, würde unsern planeten mehr helfen, als wenn wir einzelne menschen relativ willkürlich zu ikonen stilisieren. der fussabdruck der menschen ist sowieso schon viel zu groß!

...und dann faseln auch noch viele politiker von der demographischen entwicklung, die angeblich hinter den erfordernissen zurückbleibt. sehen wir uns schweden an, annähernd gleich große fläche wie deutschland, aber nur ein zehntel an einwohnern. das wäre doch schön: in deutschland nur 8 Mill. einwohner oder gar nur 800000, eine wunderbare vorstellung!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

karlsand

freier Autor, Flaneur

Autor, der sich langsam wiederfindet

karlsand