War’s das jetzt, oder kommt noch was? Hat „Die Linke“ ihre Mission erfüllt? Die Frage liegt nach der Saarland-Wahl in der Luft. Über zehn Prozent hat die saarländische Linkspartei verloren, sie steht bei 2,6 Prozent, und damit knapp über der Tierschutzpartei. Die Aufarbeitung brauche Zeit, sagte Parteichefin Susanne Henning-Wellsow zu Beginn der Woche. Sie kündigte eine wissenschaftliche Studie für den Sommer an. Auch der Parteitag im Juni in Erfurt werde sich mit dem Thema befassen. „Die Linke“ habe sich diese Niederlage im Saarland „über Jahrzehnte erarbeitet“, sagte Henning-Wellsow. Die Wortwahl lässt aufmerken: erarbeitet?
Der stolze Parteiname jedenfalls klingt apokalyptisch. „DIE Linke“? Dann stürbe mit ihr die letzte Hoffnung auf das, was immer noch im SPD-Grundsatzprogramm steht: „Der demokratische Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist.“
Dauernd! Doch wer hört noch die Signale? Wie steht es angesichts der Selbstzerfleischung der Linkspartei um diese Sache, die sozialdemokratisch verschämt als „Vision“ in weite Ferne gerückt ist? Fällt mit dem Niedergang der linke Vorhang und lässt nicht nur alle Münder, sondern auch so manche Frage offen? Etwa die: War es am Ende ein abgekartetes Spiel?
Oskar Lafontaine versenkt die Linke und rettet die SPD
Wie Judas laut biblischem Drehbuch den Jesus verraten musste, damit der auferstehen konnte – die Oster-Erlösung funktioniert nicht ohne den Verrat – so hat der streng katholisch aufgewachsene Oskar das Kreuz auf sich genommen und damit auf seine Ex eingeprügelt. Aus Solidarität! Und es funktionierte.
Die SPD rutschte – ein wenig – zurück nach links, wo sie ja herkommt, auferstanden aus Ruinen, Beachtliches leistend, bevor sie allzu satt wurde und sich nicht mehr genug kümmerte um die Not der weniger Satten. Die Linkspartei mit ihrem Beharren auf sozialer Gerechtigkeit erinnerte die etwas weniger linken Genossen zuverlässig an deren „Markenkern“, obwohl der im Grunde schon mit der rhetorischen Anbiederung ans Marketing – MARKENKERN - verraten ward und verkauft. Denn so spricht man auch unter Linken, getrieben von der Kommerzialisierung aller Lebensbereiche: als seien Parteien Waren, als hätten ihre Funktionäre etwas zu verkaufen, soziale Gerechtigkeit, geschnitten oder am Stück – darf‘s ein bisschen weniger sein?
Immerhin: Nach und nach rückte die SPD ab von dem neoliberalen Teufelszeug und der hysterischen Globalisierungseuphorie. Zugegeben, von der neuen pandemischen Staatsbegeisterung hat sie Rückenwind bekommen, und jetzt, so bitter das ist, auch vom Krieg. Wenn Krieg ist, drängt zusammen, was zusammengehört. Und erinnert sich: Wirtschaft und Wohlstand sind nicht alles.
Zusammenhalt ist mehr. Der ganz und gar nicht linke Retroimperialist Wladimir Putin schweißt nicht nur die Nato-Staaten zusammen, sondern beschleunigt auch den Zerfall der Linkspartei. Ein Kollateralschaden. Und eine ironische Volte der Geschichte.
Doch so gefährlich es war, Putin zu unterschätzen, so dumm wäre es nun, ihn zu überschätzen, denn vielleicht war wirklich alles von Anfang an geplant gewesen. Vielleicht war für „Die Linke“ nicht die Zerstörung der SPD das Ziel, sondern deren Neuausrichtung und, nun ja – Versöhnung, Motto: „Ich verlasse dich, damit du merkst, was du an mir hast.“ Am Ende bringt „Die Linke“ ein selbstloses Opfer, indem sie sich selbst zerfleischt. Kapitän Oskar Lafontaine versenkt den eigenen Kahn, so dass der sozialdemokratische Muttertanker Fahrt aufnehmen kann. Mission erfüllt. Nun gibt es links vom Krieg bald gar nichts mehr.
„Putin-Versteher“ und wahre Linke
Nicht erst seit dem Angriff auf die Ukraine gilt „Die Linke“ als Sammelbecken für „Putin-Versteher“. Das zumindest nennt manch einer als Grund für den Parteiaustritt - und den Wechsel in die SPD. (Was einigermaßen skurril wirkt, da gerade die SPD selbst aus vielerlei guten Gründen immer auf dem Dialog mit Russland bestand und dies vernünftigerweise wieder tun wird, wenn der Krieg vorbei ist.) In der Heldenpose des Whistleblowers verraten manche „Die Linke“-Deserteure ihre Ex-Partei: Dort gehe es keineswegs sozial und schon gar nicht links zu. Denn auch das gehört zum Markenkern der Linken: über diejenigen herzuziehen, die angeblich nicht genügend, zu sehr oder nicht in genau der Weise links sind wie man selbst.
Das erinnert mich an die „Falken“. Wir sangen die „Internationale“ und lästerten über die nach unserer Ansicht viel zu lasche, viel zu wenig linke SPD; die Teamer nannten es politische Bildung. Später bin ich trotzdem eingetreten. Ein paar Mal war ich in Versuchung, zur Linkspartei hinüber zu schlüpfen. Viel deutlicher sprachen zumindest deren vernünftige Leute aus, was die SPD wollte. Schritten wir nicht Seit‘ an Seit‘?
Stattdessen bin ich ausgetreten, vor allem wegen des Hungers im Jemen, der durch die schwarz-roten Waffenlieferungen mit verursacht wurde. So wie die gut gemeinten ampelfarbigen Waffen auch jetzt den Hunger in der verflochtenen Welt vergrößern werden. Das gehört sozusagen zum Markenkern jedes Waffengeschäfts, auch wenn es Genossen abschließen: Für Krieg wie Profit müssen die Ärmsten bezahlen. Man sieht: Auch ich nehme übel! Dass immer die hässliche Wirklichkeit dazwischenkommt und die schönen Ideale zermalmt.
Doppelmoral mit vielerlei Maß ertrage ich ganz schlecht. Ich bin gekränkt, dass meine Partei nicht genauso tickt, wie ich es wünsche. Diese Hybris teile ich mit Oskar – falls man Ex-Genossen duzen darf? Er wollte „eine linke Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit“. Deshalb hat er „Die Linke“ mitgegründet. Nun bescheinigt er seiner Ex, was er schon seiner ersten Ex, der SPD, zum Vorwurf machte: Sie vertrete nicht mehr genügend die Interessen der Arbeitnehmerschaft, der Rentner und des Friedens.
Es ist eine uralte linke Geschichte. Anders war das wahre Links-Sein noch nie zu haben. In reinem Rot soll es glänzen, gewirkt in unverfälschten Zielen, um deren Erreichung sich andere kümmern, die man dann aufs Hässlichste niedermachen kann, um sich selbst weiter porentief links zu fühlen. Bald wird es so sauber sein, dass man links der SPD nichts mehr sieht als die Einsicht in die Notwendigkeit, die Not zu wenden.
Wer austritt, muss auch wieder eintreten können
(Sozial)Demokratie erschöpft sich eben nicht darin, gekränkt zu sein. Auf die Richtung kommt es an. Wobei nicht wenige Linke gern „Richtung“ mit „Haltung“ verwechseln. Und „Nachtreten“ mit „Solidarität“. Die steht auch bei der SPD im Parteiprogramm, als „Bereitschaft der Menschen, füreinander einzustehen und sich gegenseitig zu helfen“. Dem hat „Die Linke“ mit ihrer Abspaltung und Selbstzerstörung voll entsprochen. Ohne sie wäre die SPD sich selbst verloren gegangen. Darin liegt ihr größter Verdienst. Auch wenn Oskar jetzt sogar bezweifelt, ob es richtig war, die SPD zu verlassen - es war ein historisch notwendiger Fehler!
Mein eigener Austritt aus der SPD ist natürlich vergleichsweise unbedeutend, aber auch er fühlte sich nicht richtig an. Geschichte bedeutet mir viel, und die SPD war die einzige Partei, die gegen Hitler stimmte. (Die Kommunisten konnten es nicht mehr tun, sie waren verhaftet oder untergetaucht). Jetzt, wo die Verschwörungsrechten immer aggressiver angreifen, braucht die SPD jede Unterstützung, sogar meine. Also bin ich nach ein paar Monaten wieder eingetreten und seither stilles Mitglied, das sich mit Stolpersteineputzen und kritischer Empathie bescheidet.
Und gerade weil ich trotz allem sozialdemokratisch ticke, lässt mich der Niedergang der Linkspartei nicht kalt. Zur Häme besteht kein Anlass. Das triumphierende Nachtreten darf nicht mehr zum Plansoll für wahres Links-Sein gehören, bei dem die Hämischen es angeblich nur gut meinen, der Idee nach Stalin nicht unähnlich, der die Links- und sonstigen Abweichler in den Gulag schickte – er gab ihnen Gelegenheit, sich zu bessern. Danke dafür!
Ich hielte es in dem Fall eher mit Marx: Jeder Partei nach ihren Fähigkeiten, jeder nach ihren Bedürfnissen. Freundschaft!

BeckerBredel/Imago
Zum Abgang von Oskar Lafontaine: Niemand kann einen Freigeist lenken
Der Austritt des ehemaligen Spitzenpolitikers aus der Linkspartei beweist seine Stärke und Tragik zugleich
Elsa Koester
Kommentare 33
Ich ziehe vor Oskar den Hut! Man muss ja mal betonen, was er für einen Weg gegangen ist ... politisch ... welche Haltung da getragen wurde.
Er hätte es auch viel billiger haben können. Sich einreien, in die Vertreter der Kuscher, Absahner, Kapitulanten, Opportunisten ... gut versorgten EX-Staatsdiener, denen im "Alter" nicht besseres einfällt, als mit dem Wohnmobil ihre Beamtenpension durch's Ländle zu kutschen.
Ich ziehe vor Oskar den Hut! Von Gregor Gysi wende ich mich ab ...
Die Geschichte wird ihren eigenen Aufsatz darüber schreiben. "Chapeau!"
Kompliment. Ein insgesamt kritischer und auch selbstkritischer Artikel.
Die Frage ist, ob die Botschaft bei der Mehrheit der SPD-Mitglieder und vor allem der Führung der "sozialdemokratischen" Partei Deutschlands auch ankommt.
Einer Partei, die den Bürgern immer noch vorgaukelt, die Interessen der arbeitenden Bevölkerung und der vielen "kleinen Leute" zu vertreten, obwohl sie bei Lichte betrachtet vor allem die Interessen des Kapitals, des "großen Geldes" und der deutschen/internationalen Oligarchen vertritt.
Was sagt der neoliberal-konservative Bundeskanzler Olaf Scholz dazu?
Zitat: "Das triumphierende Nachtreten darf nicht mehr zum Plansoll für wahres Links-Sein gehören, bei dem die Hämischen es angeblich nur gut meinen, der Idee nach Stalin nicht unähnlich, der die Links- und sonstigen Abweichler in den Gulag schickte – er gab ihnen Gelegenheit, sich zu bessern. Danke dafür!"
Es gibt extreme Linke und es gibt extreme Rechte. Beide Extreme haben wenig mit Demokratie, Freiheit, Solidarität, Menschenwürde, sozialer Gerechtigkeit und Wohlstand für alle zu tun.
"Wohlstand für alle" war einmal ein Schlagwort in den 1960er Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der gescheiterten rechten Diktatur eines gewissen Adolf Hitler, den viele Deutsche 1933 selbst gewählt haben, weil sie mit der Demokratie, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Weimarer Republik höchst unzufrieden waren.
Das Schlagwort "Wohlstand für alle" stammt kurioserweise nicht von der SPD, sondern von einem konservativen Politiker der CDU.
Die Frage ist daher nicht, wo beginnt links bzw. rechts, sondern vielmehr: Wo befindet sich die Mitte der Gesellschaft?
Und diese Mitte der Gesellschaft hat sich seitdem der Kapitalismus aka "freie" Marktwirtschaft am Ende der sogenannten "Wirtschaftswunderjahre" nicht mehr Wohlstand für alle Bürgerinnen und Bürger schafft, sondern Armut auf der einen Seite und unermesslichen Reichtum auf der anderen Seite, ohne Zweifel nach rechts verschoben.
Vielleicht ist die nach rechts driftende sogen. Mitte bzw. selbst ernannte Mitte der Gesellschaft wesentlich radikaler in der Durchsetzung ihrer Interessen. Und das geht auf Kosten einer positiven Weiterentwicklung der Demokratie, die ja offensichtlich stagniert. Ich hätte mir z.B. nicht vorstellen können, dass es nach dem Faschismus noch einmal eine Zensur von Feindsendern geben könnte. Und dass die Grünen auf ihrem vorletzten Parteitag sich gegen mehr direkte Demokratie aussprachen, könnte auch als eine Absage an das Modell des mündigen Bürgers bezeichnet werden, an das wohl das ganze politische Establishment nicht mehr zu glauben scheint. Der mündige Bürger wird heute ersetzt durch staatlich alimentierte NGOs und ThinkTanks. Und die betreiben oft eine undurchsichtige Lobbypolitik für die Herrschenden.
Lafontaine hat das als kluger und gebildeter Politiker durchschaut und gewusst, dass eine linke Politik bedeutungslos werden wird, wenn sie in die Fußstapfen tritt, die andere Parteien in der wohligen Gewissheit betraten, vom großen und fetten Kuchen einer Parteienherrschaft ein mehr oder weniger großes Stück zu bekommen. DL wird selbst politischer Opportunismus nicht mehr retten. Deutschland bräuchte jetzt eine USPD.
„Die [deutsche] Linke in ihrer Denkfaulheit - analphabetisch, suhrkampkulturverklebt und politisch deformiert.“ — Gerhard Zwerenz
Es müsste einfach nur mehr Poltik gemacht werden, die auch für die Menschen nachvollziehbar etwas nützt. Dazu werden sie gewählt.
Da für die meisten Menschen eigentlich das "soziale" - was in dem Kontext eines Staates vor allem so Dinge wie Gesundheits-, Alters- und Krankenvorsoge bedeutet und in unserem Lebensumständen noch Wohnraum plus Infrastruktur -wichtig ist, könnten sozialdemokratische Parteien oder Parteien die unter Links solche Dinge verstehen, eigentlich auf eine grosse Wählerschaft zählen.
Aber solche Themen sind im medialen Alltag der Politik kaum sichtbar - kein Wunder, die Medien sind überwiegend Menschen für die diese Dinge nicht so relevant sind. 30% wählen gar nicht mehr, wen auch? und die meisten anderen machen ihr Kreuz da, wo die sitzen die besser Empörungen erzeugen und lauter schreien. Weil darüber berichtet wird.
Inhalte, soziale gar, finden sich wenn nur noch als Almosen. Früher ging es mal darum den Werktätigen zu stärken, Mitbestimmung und Beteiligung waren die Kernziele einer SPD. Und was der Staat an Wohnungen, Unis und Schulen einst baute sind heute die langsam zerfallenden Reste einer Ära, als Politik noch für die Menschen gemacht wurde.
Heute geht es darum Paläste des Konsums und des Reichtums zu erschaffen. Und da hilft auch das S im Namen nicht, das ist dort nur noch aus historischen Gründen.
Der Artikel wird weder Lafontaine noch der SPD gerecht, aber das wäre auch viel verlangt. Aber beide für einen Nachruf auf die LINKE zu mißbrauchen, das hat was von Leichenschändung.
es geht um geopolitik. das kapital kann nur noch durch krisen verdienen. vom ausgequetschten prekariat ist nichts mehr zu holen, auch nicht mehr von produktentwicklung. zu geringe margen, man muss immer neues bieten. besser man investiert in krieg.
Nach der SPD verhinderte "Die Linke" auf Kosten der einfachen Leute Lafontaine. Die PdL spielt zu Recht so gut wie keine Rolle mehr und interessiert nur noch ganz am Rande.
Neues tut sich nicht auf. Als soziale Bewegung machte allein Fridays for Future Furore. Aber diese tendieren zur bereits geebneten subtilen Paarung bürgerlicher Identitätspolitik mit heuchlerischem Nato-Bellizismus und Klassenkampf von oben, scheinen im Großen und Ganzen nicht von den Grünen los zu eisen zu sein. Offenbar haben sie dort Stichwortgeber. Insofern sind sie gescheitert, vor allem als Klimabewegung, da die Grünen nun für viele Jahre -die wir nicht haben- deutlich mehr denn weniger CO² Austoß besorgen. Und zwar weltweit, was die Folge der Ost-West-Spaltung sein wird, die FFF ja auch anheizt. Außer Spesen nichs gewesen.
Der benachteiligte Teil der Arbeiterklasse muss sich jenseits der etablierten Institutionen organisieren lernen und seine ureigene Sache -nicht die von Politwichsern und Karriereschnöseln- machen. Als Partei und Bewegung. Schafft man das nicht, wird es weiterhin vielen Landsleuten sehr schlecht gehen. Nicht trotz, sondern auch dank "Die Linke".
Oskar fehlt Vereinsmeierei. Wenn die Kamikazegenossen seine politischen Ideale verraten, dann muss er sie eben verlassen. Es finden sich neue, aber dafür ehrliche Verbündete.
schon klar, aber in dem Artikel ging es nicht um Geopolitik.
... ich denke schon! Denn Waffenliefern wollen ja nicht nur Leute jetzt aus der Partei die Linke, sondern recht viele aus der SPD - manch einer bis zum Sieg! ... der Ukraine! Na dann "Helm ab zum Gebet" ...!
"ehrliche Verbündete"...Tsss... Sein Abschied aus der Profipolitik dürfte den Erklärungen und Umständen nach entgültig sein. Fazit aus Wählersicht in einem Satz: Lafontaine zog die Partei hoch und diese zog ihn runter, vereitelte linke Politik.
So ziemlich alles, was der Abwehr des Klassenkampfes von oben hilft, ist denen ob kruder identitätspolitischer Esoterik rechts. Karawane, zieh weiter.
Oskar Lafontaine ist der wichtigste Politiker der deutschen Linken der letzten vierzig Jahre. Selbst seine Irrtümer und Fehler sind noch bleibende Lehrstücke. An ihm konnten sich alle wichtigen Auseinandersetzungen entzünden, im Zweifel hat er sie erst buchstäblich zur Sprache gebracht. Solange man sich an ihm reiben konnte, hatte der Streit noch Substanz, wenn auch keine anständige Form. Ohne ihn bleiben Langeweile und Belanglosigkeit. Die Linke könnte jetzt Boden gutmachen mit einer aggressiven Friedenskampagne und mit offensiver Russlandfreundschaft - brutal gegen den Mainstream. Aber dann liest man im Freitag Jan van Aken und weiß, dafür langt es weder intellektuell noch noch der politischen Statur her.
Wenn man ehrlich ist: der einzige 'Erfolg' des Wirkens von Lafontaine bei der Linkspartei war die Sicherung des politischen Überlebens von eigentlich schon erledigten Ex-SEDlern.
Dass eine Änderung der Politik der SPD durch die Linkspartei eingeleitet wurde, ist eine ziemlich aberwitzige Behauptung. Als die SPD wieder halbwegs zur Besinnung gekommen ist, hat sich der Untergang der Linken schon längst abgezeichnet. Eine ernsthafte Konkurrenz war sie da schon lange nicht mehr. Die SPD hat sich (wenigstens zu einem gewissen Grad) aus sich selbst heraus erneuert.
Die Linke wird es in den nächsten 3 Jahren mit einem Anbiedern bei den Arzt- und Anwaltskindern von FFF versuchen, die letzten Alleinstellungsmerkmale abstreifen, um dann bei der nächsten BtW so abzuschneiden wie vor kurzem im Saarland. Ihre Existenz war völlig überflüssig.
Das kann in den drei noch kommenden LT-WAhlen fortgesetzt werden.
Meine Meinung: Es waren vor allem persönliche Befindlichkeiten, die Oskar Lafontaine zum Austritt veranlassten. Wenn er sagt, dass die LINKE keine Partei der sozialen Gerechtigkeit und des Friedens mehr sei, dann setzt er die Messlatte sehr hoch. Keine Partei tritt mehr für soziale Gerechtigkeit und Frieden ein, wie es "Die Linke" tut. "Marx 21" schreibt dazu...."Noch vor zehn Jahren auf dem Parteitag in Göttingen hatte Oskar in einer fulminanten Rede Gregor Gysi, der damals von Spaltung schwadronierte, vorgehalten, dass eine Partei nicht wegen Befindlichkeiten verlassen oder gar gespalten werden darf. Nun verlässt er die LINKE und einen Landesverband, der möglicherweise am Wahltag die finale Quittung dafür erhält, was Oskar Lafontaine selbst lange Zeit maßgeblich mit ausgelöst und zu verantworten hatte. Nun mal abgesehen davon, Oskar Lafontaine für seine Lebensleistung in der Politik zu danken, ist mehr als gerechtfertigt. Danke Oskar Lafontaine!
Na, wenn jetzt noch die Ex-SED-Parteikasse übergeben wird, dann ist doch alles geritzt, oder?
Ging es im Artikel nicht um Lafontaine und seine Austritte?
Meines Wissens hat er diese nicht mit der Haltung einiger Genossen zum Krieg begründet.
"Keine Partei tritt mehr für soziale Gerechtigkeit und Frieden ein, wie es "Die Linke" tut."
Wenn dem so ist, stellt sich die Frage, warum die Partei bei Arbeitnehmern und Arbeitslosen so wenig (und immer weniger) Anklang findet.
Dass die Partei allerlei Soziales im Programm hat, ist sicher nicht falsch. Dies konkurriert aber mit den Fantastilliarden, die man gerne für Einwanderung und einen ökologischen Umbau ausgeben will. Während der Partei gleichzeitig die industrielle Basis des Landes ziemlich egal ist (laut Klaus Ernst gibt es Vorstandsmitglieder, die Bedenken bzgl. Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie nicht mehr hören wollen; sind ja auch nur Hunderttausende halbwegs gut bezahlte Arbeitsplätze die da direkt oder indirekt dran hängen). Die Linksjugend ist bei der CO2-Bepreisung voll auf FFF-Linie, die damit einhergehenden Nöte der unteren Mittelschicht scheinen völlig irrelevant zu sein.
Die Linke würde ihre vielen Versprechungen niemals auch nur im Ansatz finanziert bekommen. Und nicht wenige Wähler haben wohl das Gefühl, dass die sozialen Versprechen im Zweifelsfall zuerst dran glauben würden.
Was kam eigentlich bei den vielen linken Regierungsbeteiligungen in den Bundesländern substantielles heraus? Sicher mehr als nichts, aber in der Summe sehr wenig.
-- Lafontaine-Diktum --
Ich finde, Ihre IST-Analyse ist sehr gelungen.
Daran anknüpfend ist zu fragen, woran es liegt, dass das Wohlergehen der VIELEN (ca. 14 Millionen Mitbürger der vom Staat Vernachlässigten) aus dem Fokus der Politikgestalter (nicht nur der Partei Die Linke, der SPD, der christlichen Unionisten) geraten ist; schleichend, seit unvordenklichen Zeiten.
Obwohl unsere Verfassung mit dem Grundsatz des sozialen demokratischen Rechtsstaats an Klarheit nichts vermissen lässt.
Und als Folge diese VIELEN sich von Den-da-Oben verabschiedet haben, was sich vor allem in ihrer Wahlverweigerung niederschlägt. Sie sehen in einer demokratischen Mitwirkung keinen ´Mehrwert` für sich und ihre Familien. Gefangen in ihrem Alltags-Kampf schauen sie vielleicht nach Ungarn.
Dort erzielte der ehemalige Sozialdemokrat ( ehemals: Vorsitzender der Jugendorganisation der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei ) erneut einen durchschlagenden Wahlerfolg. Nicht nur weil er über die Jahre die ungarischen rechtsstaatlichen Strukturen europarechtswidrig verschoben, sondern auch, weil er vor allem mit EU-Geldern die Ungarn auf dem ´flachen` Land mit konkreten Zuwendungen bedacht hat. Diese erkennen also in der Wiederwahl Orbans einen persönlichen Nutzen; weniger interessiert sind sie an den staatlichen verschobenen Strukturen.
Was ist daraus für die künftige verfassungskonforme Gestaltung der deutschen Republik zu folgern? Unter Berücksichtigung des Sozialstaatsgebots des Grundgesetzes, des Klimaschutz-Beschlusses des BVerfG vom Frühjahr 2021? Bei Installierung eines sozial-demokratischen Jahrzehnts der Transformation mit starker grüner Einfärbung?
Das 100 Milliarden-Sondervermögen einerseits und in diesen Tagen von der Scholz-Regierung gewährten weiteren 100 Milliarden-Garantien/Sicherheiten zugunsten der stark Energie abhängigen Industrien andererseits offenbaren den aktuellen Regierungs-Fokus, wobei ignoriert wird, dass der Industriesektor gegenüber dem der Dienstleistung an Bedeutung verliert. Wie soll das alles zusammengehen, finanziert werden?
Jenseits der heute völlig offenen dauernden Folgen des Krieges wird die fortschreitende Spaltung der - nicht nur deutschen - Gesellschaft dann aufzuhalten und schrittweise zu kitten sein, wenn das Lafontaine-Diktum endlich in konkrete Politik umgesetzt wird:
>> Deutschland brauche wieder eine Volkspartei, die die sozialen Interessen der Mehrheit vertritt, sagt Lafontaine im RND-Interview<<
https://www.rnd.de/politik/oskar-lafontaine-die-spd-muss-wieder-sozialdemokratische-politik-machen-FJGZZS5LXJE2VES6WQ3XAR6G2Y.html
Die drei noch 2022 durchzuführenden Landtagswahlen gäben den linken Kräften in der Republik die Chance, das stark grün gefärbte sozialdemokratische Jahrzehnt mit der überfälligen, von den Merkel-Regierungen verbockten sozial-ökologischen Transformation zu festigen.
Dazu wäre es unverzichtbar, die VIELEN hinter sich zu vereinen; auch dadurch, dass eine sozial gerechte Politik ihnen bestehende Ängste nimmt und Mut und Unterstützung verbreitet, damit die überfällige "Tausend-Füßler-Revolution" (Ulrich Beck) bottom up und top down sandwichartig gelingt.
Zu ergänzen sei:
>> Die Organisation Gehlen und später der Bundesnachrichtendienst waren in der jungen Bundesrepublik ein von staatlichem Machtmissbrauch geprägtes Instrument der Innenpolitik. Das belegt der Historiker Klaus-Dietmar Henke. Bespitzelt wurde auch die SPD-Spitze – ein Service für Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU)."
https://www.deutschlandfunk.de/bnd-spionierte-adenauers-gegner-aus-100.html
Die SPD - die vereinigte Linke - sollte daraus für die Landtagswahlen und darüber hinaus HONIG SAUGEN.
Adenauer am 7. Juli 1957 aus Anlass des CSU-Landesparteitages in Nürnberg:
„Wir sagen, dass die SPD niemals an die Macht kommt. (…) Warum sind wir so fest dazu entschlossen? Wir sind dazu so fest und bis zutiefst entschlossen, weil wir glauben, dass mit einem Sieg der Sozialdemokratischen Partei der Untergang Deutschlands verknüpft ist.“
Zurecht verlangt die SPD von der Union Aufklärung über dieses "Schurkenstück". Welch ein Machtmissbrauch!
Noch ein Spruch von Adenauer: "Die SPD wird nicht gebraucht. Das bisschen Opposition können wir auch selber machen".
Entschuldigung, wenn ich mit meiner Antwort auf Ihre Frage spät dran bin....
"Keine Partei tritt mehr für soziale Gerechtigkeit und Frieden ein, wie es "Die Linke" tut."
Wenn dem so ist, stellt sich die Frage, warum die Partei bei Arbeitnehmern und Arbeitslosen so wenig (und immer weniger) Anklang findet.
Weil die Arbeiterschaft, einschließlich der Arbeitslosen durch die Systemimmanenz dieses Wirtschaftssystems entpolitisiert wurde. Damit meine ich auch eine Deintellektualisierung.
Alles links der Sozialdemokratie war (nicht nur in Deutschland) bei demokratischen Wahlen selten erfolgreich, und wenn doch, ist es für die Menschen oft übel ausgegangen (siehe z.B. Venezuela, wo die Menschen jetzt noch sehr viel erbärmlicher leben als unter der korrupten und moralisch verwahrlosten traditionellen Elite, was für eine Leistung).
Dieses stetige Versagen auf 'das System' zu schieben, erscheint mir nicht sehr klug, auch wenn es natürlich eine besonders praktische Haltung ist, da sie einen nicht dazu nötigt, Dinge zu hinterfragen.
Da möchte ich Ihnen widersprechen. Mit zunehmendem Alter habe ich zwei Dinge erkannt. Erstens, dass es das System selbst ist und eben nicht nur eine bestimmte Ausprägung des Systems, das uns unaufhaltsam in eine Katastrophe taumeln lässt. Zweitens, dass man keine definitive Alternative parat haben muss, um sagen zu können, dass der Kapitalismus scheitert. Die Aussage steht für sich.
..."Das Scheitern des Kapitalismus erwächst aus zwei seiner bestimmenden Elemente. Das erste besteht in permanenten Wachstum. Wirtschaftswachstum ergibt sich zwangsweise aus dem Streben nach Kapitalakkumulation und Extraprofit. Ohne Wachstum bricht der Kapitalismus zusammen, auf einem endlichen Planeten führt permanentes Wachstum aber zwangsläufig in die ökologische Katastrophe" (George Monbiot)
Für die neoliberalen Parteien ist das kein Problem, für die SPD seit Schröder &Co auch nicht mehr, aber für "Die Linke" ein Spagat an dem sie scheitern wird und muss. Und um auf das Thema soziale Gerechtigkeit zurückzukommen, ist es doch so, dass bisher alle Regierungen in einem politischen und wirtschaftlichen System agierten und agieren, das Kapitalinteressen über Menschenleben stellt. So viel auch zum Thema Dinge hinterfragen.
Sehr gutes Zitat. Da gehört die Artikelschreiberin mit ihrer arroganten Art auch dazu.
Tja der Zwerenz, er gehörte noch zu "Gysis-bunte-Truppe". Waren das noch Zeiten, als die Hoffnung keimte, aus dieser Partei könnte mehr werden als ein Geschwader mit den Hauptwaffen Programmentwurf und Pressemitteillung.
Diese Partei braucht wirklich kein Mensch mehr - nur schade, das es keine Alternativen gibt. Also wählen wir weiter ... NIX!
Stimmt, Deutschland baucht eine starke Linke, keine Schwatzbude!
... dann noch BND / VS Hilfe beim Spitzeln usw. oder wars Globbke?
Das Zitat wurde im "Vorwärts" am 22. Februar 1986 veröffentlicht. Also ein wenig Rückblick ist schon angebracht, wenn dieses Zitat richtig eingeordnet werden soll.
Die Sowjetunion marschiert in Afghanistan ein, Reagan wird zum US-Präsidenten gewählt, erster Golfkrieg zwischen Iran und Irak, Aids wird als pandemische Krankheit erkannt, Kohl wird Bundeskanzler, Falklandkrieg, Nato- Doppelbeschluss (Aufstellung neuer, atomsprengkopfbestückter PershingII Raketen in Westeuropa), Einzug der Grünen in den Bundestag, Reaktorkatastrophe Tschernobyl, Waldheim- und Barschelaffäre, George Bush wird Präsident der USA, Fall der Berliner Mauer...
Sicher wird fällt anderen Foristen noch mehr zu den 8O zigern ein. Ich kann auch nicht beurteilen - obwohl Jahrgang 48 - wie dieses Zitat mit der heutigen "Die Linke" in Verbindung gebracht werden soll. Ich kann dieser Partei weder Denkfaulheit, noch Analphabetismus, noch Suhrkampverklebtheit, noch politische Deformation zuschreiben. Aber wenn schon der Begriff "politisch deformiert" fällt, dann doch bitte die richtige Parteienzuordnung. Und da gibt es einige! "Die Linke" gehört für mich nicht dazu!
Solche Leute wie Frau Körting sind das Problem der Linken, egal ob sozialistisch oder sozialdemokratisch: Gutwillige Intellektelle mit geisteswissenschaftlichem Abschluss. In dem ganzen Artikel keine einzige Zahl, oder ein anderes inhaltlich-objektives Kriterium dafür, warum die LINKE und ihr Programm sich heute erledigt haben, wie die Autorin behauptet. Wie man einen Artikel über Oskar schreiben kann, ohne Schröder und die Agenda-Politik auch nur zu erwähnen, zeigt die Wüste der politischen Bildung. Da wird dann flott erklärt dass die heutige SPD die neoliberale Hitnerlassenschaft ja hinter sich lässt. WASSSS????????????? Und auch keine Zielvorstellung: Ob die SPD oder dioe LINKE relevant ist hängt doch an knallhaten objektiven soziologischen Fakten. Was ist ganz konkret das Ziel der Linken in der heutigen kap. Gesellschaft? Ich würde mal versuchen zu sagen: Wiederherstellung des Sozialstaats, Wiederherstellung der Rentenformel und der flächendeckenden Tarifbindung. Das war/ ist Oskars Programm. Wie stehen SPD und LINKE dazu heute? Wie weit weg sind sie von der Erreichung dieses Ziels? Was hat Mandame dazu zu sagen? Nichts. Weil sie das Ziel gar nicht zu definieren in der Lage ist. Da hat jemand in der Tat das Konzept von marxistischer politischer Bildung nicht verstanden - seit 30 Jahren nicht. Und solche Leute mit ihrem subjektiven touchy-feely Linkssein bevölkern heute beide Parteien. und Leute die ein objektives materielles Interesse hätten, diese Parteien zu stärken, wenden sich wegen solchen Gelabers ab. Das ist der wahre Schaden.
Sehr notwendiger Kommentar! Danke!