Beginnen wir mit einer Definition: Sexismus ist die Abwertung und Schlechterbehandlung eines Menschen aufgrund seines Geschlechts. Rassismus ist die Abwertung und Schlechterbehandlung aufgrund der Herkunft, Hautfarbe oder – in der neueren Variante – aufgrund der Religion. Das Problem: Manche Menschen, vermutlich viele, schaffen es nicht, das eine zu bekämpfen, ohne in die Falle des anderen zu tappen.
So geschieht es derzeit deutschlandweit, wenn der Islam als ultimative Unterdrückerreligion der Frauen gebrandmarkt wird. Die Warnung vor einer „Islamisierung des Abendlandes“ ist ein rassistisches Phantasma. Es ist die Dämonisierung einer ganzen Religionsgemeinschaft entlang der eigenen Stereotype, mit der man zu legitimieren versucht, muslimischen Einwanderern und Geflüchteten ihre Menschenrechte zu versagen, ihre Grundrechte, ihre Freiheit.
Die Legende sogenannter besorgter Bürger geht wie folgt: „Die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln sind ein Beispiel für die Haltung muslimischer und arabischer Männer gegenüber Frauen – auch deutschen!“ Dies ist ein Tenor, der scheinbar gegen Sexismus gerichtet ist. Ja, es wurde sogar ein „Aufschrei“ gefordert, wie er 2013 von der Aktivistin Anne Wizorek initiiert wurde – ausgerechnet Birgit Kelle, die damals ein Buch mit dem Titel Dann mach doch die Bluse zu veröffentlichte, um den Aufschrei zu diskreditieren, schwang sich mit dieser Forderung zur Verteidigerin der weißen, deutschen Frauen gegen den angeblich sexistischen Islam auf. Auf die Thematisierung des Sexismus im eigenen Land auf verharmlosende Art zu reagieren und nur zum Kampf dagegen aufzurufen, wenn es Muslime betrifft – das ist rassistisch.
Dass die Debatte seit Januar inhaltlich nicht groß vorangekommen ist, zeigt auch ein gerade von Alice Schwarzer herausgegebenes Buch. In Der Schock recycelt die Emma-Herausgeberin vor allem bisher veröffentlichte Emma-Texte zum Thema – und prangert zu viel Toleranz gegenüber einem „Scharia-Islam“ an. Dass sie mit ihren Spekulationen über die Täter dabei selber antimuslimische Klischees bedient, scheint ihr keine kritische Reflexion wert zu sein.
Der 3D-Test
Nach den Ereignissen in Köln bildete sich schnell ein weitreichendes feministisches Netzwerk, das sowohl Schwarzers reflexhaften Pauschalisierungen widersprach als auch der Vereinnahmung der Aufschrei-Idee durch rassistische Motive. Der Name war schnell gefunden: „Ausnahmslos“. Man müsse Sexismus und Rassismus gleichermaßen bekämpfen, so der Tenor. Aber viele fragen sich seitdem: Wie? Es ist eine Debatte, die vor allem in der feministischen Szene geführt wird, deren Bedeutung aber weit darüber hinausreicht. Die buchstäblich alle etwas angeht.
Die britische Feministin Laurie Penny ist eine Ikone in Deutschland. Ihr Buch Unspeakable Things war hierzulande ein größerer Erfolg als in ihrer Heimat. Sie gilt als eine der Vorreiterinnen im Kampf gegen Sexismus. Und sie schreibt immer wieder Texte mit antisemitischen Versatzstücken. Ihre Einlassungen unter anderem in der britischen Wochenzeitung New Statesman betrachten den Konflikt zwischen Israel und Palästina auf eine Weise, die mit dem sogenannten 3D-Test für Antisemitismus, den der Politiker und Aktivist Natan Scharanski entworfen hat, abgeklopft werden können. Die drei Ds sind Dämonisierung, Delegitimierung und Doppelstandards. Penny dämonisiert die Angriffe der Israelis, indem sie immer wieder darauf verweist, diese töteten Kinder – und zwar so, als sei dies die Absicht israelischer Soldaten. Sie unterstützt außerdem „Boycott, Divestment and Sanctions“, eine internationale Kampagne gegen die Politik Israels, die zum Boykott israelischer Produkte aufruft. Penny legt Doppelstandards an, wenn sie nie auch nur in Ansätzen erwähnt, in welcher bedrohlichen Lage sich Israel befindet. Kurz: Man kann ihr in ihren Texten antisemitische Stellen nachweisen. Tappt sie also auch in die Falle?
Der 3D-Test bietet einen guten Ansatzpunkt für so manche Ismen und ist ein Lackmustest für die Antwort auf die Frage, wie man denn nun konkret gegen Sexismus und Rassismus gleichermaßen kämpft. Denn die drei Ds finden sich bei rassistischen Ideen – und zumindestens die Doppelstandards, aber auch Delegitimierung und Dämonisierung können entlang sexistischer Haltungen auftreten. Stereotype über Mann und Frau, also doppelte Standards für ihre wirtschaftlichen, politischen und sozialen Rollen in unserer Gesellschaft, sind der Dreh- und Angelpunkt westlicher Antisexismus-Arbeit. Sich gegen Rassismus und Sexismus zugleich einzusetzen setzt voraus, die eigenen Doppelstandards, die eigenen Ängste und Dämonen sowie die eigenen Delegitimierungsstrategien abzulegen, immer und konsequent.
Nur über den Sexismus der deutschen, weißen, mittelalten, heterosexuellen Männer reden zu wollen und sich die Ohren zuzuhalten, wenn die Sexismen der „Anderen“ angesprochen werden, ist ein Doppelstandard. Die muslimischen Männer gehören zu Deutschland. Punkt. Das heißt aber auch: Wenn sie dazugehören, müssen sie es sich genauso gefallen lassen, wenn ihre Sexismen diskutiert und kritisiert werden. Erst recht dann, wenn wir aufgrund der weltweiten Flüchtlingsbewegungen davon ausgehen, dass sie mehr werden. Es ist und bleibt richtig, sie mit offenen Armen zu empfangen – wie Teile der Gesellschaft das tun. Das ist ein konkretes Eintreten gegen Rassismus: ihnen ihre Menschenrechte zuzugestehen, auf die Genfer Flüchtlingskonvention zu verweisen – uns gegen die zu wehren, die mit ihrem antimuslimischen Narrativ dafür sorgen wollen, dass die Schotten dicht gemacht werden. Nur weil ein Mensch nicht in Europa geboren wurde, nur weil er eine andere Hautfarbe hat oder einem anderen Glauben angehört, verlieren seine grundlegenden Rechte als Mensch nicht an Gültigkeit. Diese Menschen sind gleichwürdig (ein Wort, das der Familientherapeut Jesper Juul geprägt hat – und das mehr bedeutet, als nur die gleichen Rechte zuzugestehen, sondern auch die gleiche Menschlichkeit unterstellt).
Gleichwürdigkeit bedeutet auch, uns für den anderen Glauben zu interessieren. Uns die vielen verschiedenen Geschichten erzählen zu lassen. Ein antirassistisches Handeln muss für den Dialog werben und sich selbst interessieren. Kulturrelativismus, wie er bei vielen Aktivistinnen und Aktivisten anzutreffen ist, bedeutet allzu oft: Desinteresse. „Ja, dann trägt sie halt ’ne Burka – ist ja freiwillig“, hört man dann. Nein, halt! Die afghanischstämmige Autorin Jeezal (Name geändert) schreibt: „Ich habe einmal eine Burka für ein paar Minuten getragen, und tatsächlich konnte ich mich kaum fortbewegen, da mein Gesichtsfeld enorm eingeschränkt war – ganz abgesehen von dem Gefühl, in einem Käfig zu sein und mich absichtlich hilfloser gemacht zu haben.“ Die Augen vor solchen Erfahrungen zu verschließen heißt gegen Rassismus kämpfen zu wollen und auf dem sexistischen Auge blind zu sein. Jeezal hat Frauen gefragt, warum sie Burka tragen: „Antworten: Tradition. Gewohnheit. Was man mir angetan hat, tue ich nun auch anderen an.“ Sie kann der Idee, man dürfe die Burka nicht kritisieren, weil man damit ein rassistisches Narrativ nähre, nichts abgewinnen. „Ich denke, damit macht man sich eher schuldig, nichts getan zu haben angesichts evidenter Unterdrückung und ihrer Folgen.“
Zugleich hat die Vorstellung, das Tragen eines Kopftuches symbolisiere die Unterdrückung der Frau im Islam, noch sehr viele Anhängerinnen und Anhänger. Ungeachtet der Motive, die muslimische Frauen für ihr Kopftuch anbringen, die sehr individuell sind, werden dabei alle über einen Kamm geschoren. Das Tuch dient als Symbol für einen Kampf gegen die vermeintliche Generalunterdrückung – das ist Dämonisierung. Mervy Kay, die den Blog primamuslima.de betreibt, erzählt im Gespräch, dass ihr Kopftuch sie für ihre Gesprächspartner auf angenehme Weise aus der festgeschriebenen (deutschen) Rolle als Frau herausholt. Sie sei dann ein „Kopftuchmensch“ und keine Frau – im Alltag oder in professionellen Meetings kann dies mitunter geradezu entlastend sein.
In Online-Foren von Konvertitinnen, die zum Islam übergetreten sind, ist als einer der häufigsten Gründe zu finden, dass sie damit der westlichen Sexualisierung und Objektivierung der Frau und ihres Körpers entrinnen konnten. Es ist eine Erleichterung für viele Frauen, aus der typisch westlichen Frauenrolle herauszukommen. Interessanterweise wollen gerade die vehementesten „Antisexisten“, die seit Köln besonders weit den Mund aufreißen, vom Verbot sexistischer Werbung, das Heiko Maas plant, nichts wissen. Sprich: Sie wollen nichts wissen, vom eigenen Sexismus und vom eigenen verqueren Frauenbild. Dieses überhaupt zu sehen ist aber unabdingbar, will man gegen Sexismus kämpfen, ohne dabei in Rassismus zu verfallen.
Die AfD ist ein wunderbares Beispiel für all die Mechanismen, die europaweit derzeit der Islamophobie Tür und Tor öffnen. In ihrem neuen Parteiprogramm schreibt die Partei, sie wolle Minarette und Muezzinrufe verbieten, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Islamische Organisationen sollten außerdem keinen Körperschaftsstatus erhalten. Gleichzeitig warnt sie aber vor einem „falsch verstandenem Feminismus“. In den Kreisen der konservativen Rechten wird dieser gern als „Genderismus“ bekämpft. Man beharrt auf der traditionellen Familie aus Mann, Frau und Kindern. Björn Höcke nennt das Konzept des Gender Mainstreamings eine „Geisteskrankheit“.
Zum Besitzstandswahrertum gehört es nämlich auch, die alten Geschlechterrollen bewahren zu wollen und nicht anzuerkennen, dass diese durch und durch sexistisch sind. Was AfD-Kreise zum Thema Frau und Mann so von sich geben, offenbart, vorsichtig formuliert, dass auch die Sexualmoral mancher abendländischer Christinnen und Christen noch einiges Modernisierungspotenzial enthält. Und denken wir auch an Bischof Mixa und Konsorten.
#tuskuteesh
Doch die AfD ist nicht das Deutschland, ein Bischof Mixa nicht der Katholizismus. Und genauso wenig ist die Burka oder die Obsession mit dem Jungfernhäutchen in manchen arabischen Ländern der Islam. Es sind jeweils irregeleitete Sexismen und Dogmen, die Jahrhunderte alt sind. Auch in der arabischen Welt regen sich Stimmen und formieren sich Aktivistinnen, um endlich offen darüber zu sprechen. Sie schaffen im Netz eine Art Aufschrei, nur heißt er #tuskuteesh.
Und wer sind wir, ihnen das abzusprechen und nicht zuzuhören? Wer sind wir, aus einem falsch verstandenen Antirassismus heraus nicht für sie einzustehen? Wer wirklich gegen Sexismus und Rassismus zugleich eintritt, wirft die eigenen drei Ds über Bord und interessiert sich. Der hilft Geflüchteten genauso wie muslimischen Anwältinnen, die für real unterdrückte Frauen streiten. Der fordert, das Staatsversagen zu beenden, wie es in Köln durch die untätige Polizei offenbar wurde, genauso wie er hier lebende Muslime anspricht, wenn sie sich sexistisch äußern oder Frauen gegenüber herablassend oder gar gewalttätig auftreten. Denn ja, wir müssen beides gleichermaßen bekämpfen. Wir müssen es tun, um in diesem Deutschland, zu dem auch der Islam gehört, friedlich und frei miteinander leben zu können.
Kommentare 10
Zunächst einmal sollte man Worte weglassen, die den politischen Gegner als psychisch krank diffamieren:
“Der Begriff „Islamophobie“ ist älter als seine Verwendung durch den Runnymede Trust 1997 und er ist auch in einem ganz anderen Kontext entstanden. Von „Is- lamophobie“ sprachen 1979 die iranischen Mullahs in explizit frauenfeindlicher Absicht. „Islamophobie“ diente zur Diffamierung von nicht verschleierten Frauen als „schlechte Musliminnen“ und sollte die Verweigerung gegenüber den Beklei- dungsvorschriften des Islam anzeigen.4
Wie der Begriff der „Islamophobie“ gegenwärtig im politischen Diskurs verwendet wird, zeigt, dass er nicht nur islamfeindliche Einstellungen und Handlungen be- zeichnen soll, sondern er soll auch dazu dienen, missliebige, völlig legitime Kritik am Islam als Religionssystem mit spezifischen kulturellen Ausprägungen im Keim zu ersticken”
fes.de/BerlinerAkademiegespraeche/publikationen/...
Die Argumentationslinie der PEGIDA ist sicher sonderbar. Aber wenn man es komisch findet, wenn:
„Björn Höcke nennt das Konzept des Gender Mainstreamings eine „Geisteskrankheit“.
Und dann g a n z genau das Gleiche tut:
„Die AfD ist ein wunderbares Beispiel für all die Mechanismen, die europaweit derzeit der Islamophobie Tür und Tor öffnen.“
Angststörung (auch: phobische Störung) ist ein Sammelbegriff für psychische Störungen, bei denen entweder eine übertriebene unspezifische Angst oder konkrete Furcht (Phobie) vor einem Objekt bzw. einer Situation besteht
https://de.wikipedia.org/wiki/Angstst%C3%B6rung
Hat einen kleinen Doppelstandard im Kopf.
Danke für einige notwendige Hinweise.
Kluge Replik.
Gottseidank spricht die Autorin nicht von Angststörungen, sondern von Phobien. Die haben Sie ja glücklicherweise unter "Furcht" gleich mit verlinkt.
Besten Gruß,
JJK
Das sind wir -auch männliche- Laurie Penny Fans aber froh,
dass diese Feministin (?) im Blog nicht gleich als Antisemitin entlarvt wird. Ok, lediglich "Texte mit antisemitischen Versatzstücken" schreibt sie dann und wann;
was über den 3D-Test schnell erkannt werden kann ...
Der Spagat mit den Doppelten Standards -wenn sie denn passen-wird uns wohl zunehmend beschäftigen; auch ganz ohne Israel-Bezug.
Ansonsten völligd’accord!
Doch Obacht, liebe Frau Rönnicke! „Bischof Mixa ist eben auch „der Katholizismus“ und deshalb wurde der auf Entzug (von seinem Weinkeller, heißt es, in eine Schweizer Sanatorium) von seinem Amt par ordre de mufti geschickt. Katolisch.de und domradio.de berichten regelmäßig über das inzwischen beschaulichen (Büßer)Leben des Ex-Augsburger Bischofs Mixa incl. süffisante Kommentare über >>Mixa und seine Dankbarkeit für „Prüfungen“ bis hin zum Shitstorm darüber. ;)
wie ich sehe, ist die große Friedmann-Keule immer noch ein ein gern genommenes Werkzeug
“Sich gegen Rassismus und Sexismus zugleich einzusetzen setzt voraus, die eigenen Doppelstandards, die eigenen Ängste und Dämonen sowie die eigenen Delegitimierungsstrategien abzulegen, immer und konsequent.”
Ich empfehle zu diesem Thema die Seite :
http://islam.de/
Also gewissermaßen das Sprachrohr des „Zentralrats der Muslime“, dessen Wortführer noch auf jedem Podium als Fürsprecher eines säkularen Islams Platz nehmen.
Schauen wir doch selbst, was dort zum Thema Frauenrechte steht:
„Der Islam regelt die Erbschaft derart, dass ein männlicher Erbschaftberechtigter soviel Anteile der Erbschaft bekommt wie zwei weibliche Erbschaftsberechtigte“
„Warum darf eine muslimische Frau keinen Nicht-Muslim heiraten?
Der Islam unterstützt nicht die Ehe einer muslimischen Frau mit einem Nicht-Muslim. „
Umgekehrt geht es schon.....
6. Sexuelle Verweigerung in der Ehe
Der Islam erlaubt es den Ehepartnern nicht, sich ohne berechtigten Grund oder willkürlich zu verweigern.“
http://islam.de/1640
Dort stehen noch ein paar andere Petitessen. Vielleicht sollte die Autorin des Textes doch einmal L E S E N was dort als liberaler Islam angeboten wird.
Ich denke mal, wenn wir hier schon mal dem politischen Gegner mit Krankheitsbildern pathologisieren, dann aber richtig:
Ich schlage hiermit zur Wiederherstellung des Gleichgewichts in der Diskussion den Begriff:
Islamismusagnosie
vor.
„Mit Gnosis (abgeleitet von altgriechisch γνῶσις: gnō̂sis: „[Er-]Kenntnis“) ist in der Neuropsychologie eine Fähigkeit gemeint, mit der die Bedeutung von Gesehenem, Gehörtem oder Getastetem etc. erkannt wird.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Gnosis_(Neuropsychologie)
Als das Krankheitsbild, dass eigentlich ansonsten vernünftig funktionierende Menschen befällt, wenn es um die Diskussion der Frauenrechte im Islam geht.
"Beginnen wir mit einer Definition: Sexismus ist die Abwertung und Schlechterbehandlung eines Menschen aufgrund seines Geschlechts. Rassismus ist die Abwertung und Schlechterbehandlung aufgrund der Herkunft, Hautfarbe oder – in der neueren Variante – aufgrund der Religion. Das Problem: Manche Menschen, vermutlich viele, schaffen es nicht, das eine zu bekämpfen, ohne in die Falle des anderen zu tappen."
Werte Autorin, in Ihre Rassismusdefinition möchten Sie Religion "in einer neueren Variante" einbeziehen - hier speziell den Islam.
Des Weiteren verknüpfen Sie Rassismus und Sexismus so miteinander, dass jemand, der die oder eine Ursachen für Sexismus in religiösen Lehren und/oder religiös begründeten Praktiken sieht, als Rassist abgewertet werden kann.
Sagen Sie mir bitte, wie Ihrer Meinung nach Sexismus bekämpft werden kann, wenn Abwertung und Ungleichbehandlung von Frauen Bestandteil religiöser Lehre und/oder religiös begründeter Praxis ist?
Kennen Sie eine Religion, in der Frauen bezüglich ihrer Wertschätzung und ihren rechtlichen Stellung Männern gleichgestellt sind? Welche? Und inwiefern?
Ich würde mich freuen, wenn Sie auf meinen Kommentar antworten.
Rassismus beurteilt Menschen nach einer angenommenen genetischen Grundausstattung. Jeder Mensch hat eine genetische Grundausstattung, nur wissen wir nicht sonderlich viel darüber. Dies leistet dem Aberglauben vorschub.
Sexisten beurteilen Menschen nach einer ganz spezifischen genetischen Ausstattung, die recht gut bekannt, erforscht und im Alltag fast aller Menschen eine herausragende Rolle spielt.
Sowohl Sexisten als auch Rassisten stellen die Nützlichkeit eines Lebewesens in den Vordergrund. Holsteiner Kühe liefern viel Milch, vertragen aber kein heißes Klima. Neger können hart und lange arbeiten, vertragen aber kein kaltes Klima. Frauen gebären Kinder, sind aber im Kampf gegen Feinde nicht zu gebrauchen. Dieser Mann hat Anlagen zum Hochsprung, jener ist gut im Marathon. Diese Frau hat Anlagen zur Olympiaschwimmerin, jene hat ein gebärfreudiges Becken. Frauen können generell kein Mathe. Wenn diese Beurteilungsschemata jenseits ihrer trivialsten Bedeutung zum abergläubischen System ausarten, dann haben wir es mit einem Rassisten und/oder Sexisten zu tun.
In der vielbeschworenen "natürlichen Ordnung" (die ein Rassist natürlich viel besser kennt als die Wissenschaft) gibt es keinerlei Rassen. Dem Löwen ist die Farbe der Antilope wurst. Wenn ein giftgrünes Lebewesen ungenießbar ist, dann liegt das daran, dass diese Art generell nicht genießbar ist oder das Individuum noch nicht reif oder zu alt oder selbst was falsches gegessen hat. Es liegt eher selten daran, dass bestimmte Individuen einer giftgrünen Varietät qua genetischer Ausstattung ungenießbar wären. Grade die genetisch andersartige Varietät innerhalb einer Art ist oft die, die als sexuell Attraktiver empfunden wird. Wenn ich selber etwas stärker auf dunkelhäutige Frauen abfahre und/oder die auf mich, dann liegt das daran, dass die Fortpflanzung unter genetisch ähnlichen Individuen eher unvorteilhaft ist. Exotik verspricht einen erweiterten Genpool.
Aber genau aus den kleinen, subtilen Variationen innerhalb einer Art entspringt unsere wirsamste Kulturtechnik nähmlich die Zuchtwahl, mit der unsere Vorfahren Tier- und Pflanzenrassen erschufen. Das Kriterium ist der wirtschaftliche Nutzen unserer eigenen Art. Die natürliche Zuchtwahl der Darwinschen Evolution kennt nur ein einziges Kriterium: Das Leben an sich. Wenn es überlebt dann ist es gut. Durch die unnatürliche, zweckgebunde Zuchtwahl entstand erst das Konzept "Rasse". Dieses Konzept hat sich in unsere Bauernbregen fest eingebrannt.
Was nun die Rassisten, Sexisten und viele andere Esoteriker tun, ist die Darwinsche Evolutionslehre mit der bäuerlichen Zuchtwahl gedanklich zu vermengen, Nützlichkeitserwägungen zu Naturgesetzen umzudefinieren, genetische Merkmale mit erworbenen Eigenschaften zu verwechseln, alles lebendige einschließlich der eigenen Art ihrem eigenen (und _nur_ ihrem eigenen) ökonomischen Kalkül zu unterwerfen, Inzucht in Kauf zu nehmen weil die natürliche Zuchtwahl nur dem Leben an sich folgen würde. Dazu gehört unter vielem anderen auch der felsenfeste Irrglaube, dass Homosexualität eine Bedrohung darstellt. Wenn sich Dein eigener Zuchtbulle als schwul erweisen sollte, dann kann das tatsächlich eine wirtschaftliche Bedrohung darstellen weil Du ja zu einem bestimmten Zweck viel in dieses Tier investiert hast. Dein schwuler Sohn kann jedoch ein persönlicher 6er im Lotto sein falls Du nicht nur zu einem bestimmten Zweck in ihn investiert hast (falls doch, wäre er auch als Hetero eine Niete).
Die emanzipatorischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts richteten sich dagegen, von Klerikern, Kapitalisten, Politikern und sonstigen Lustmolchen als Nutzvieh missbraucht zu werden. Leider (aber durchaus nachvollziehbar) haben sie allesamt verloren. Die heutigen Rest-Strömungen sind viel zu vergeistigt, viel zu konstruktivistisch, um jemals wieder irgendwem gefährlich zu werden. "Genderism" ist eine alberne Farce.
Wenn man auf folgendes stosst, hat man keine Lust mehr von KATRIN RÖNICKE zu lesen. Sie tappt in die Falle des "Jüdische Gefängnis", wie es Jean Daniel definiert. "Penny dämonisiert die Angriffe der Israelis, indem sie immer wieder darauf verweist, diese töteten Kinder – und zwar so, als sei dies die Absicht israelischer Soldaten. Sie unterstützt außerdem „Boycott, Divestment and Sanctions“, eine internationale Kampagne gegen die Politik Israels, die zum Boykott israelischer Produkte aufruft. Penny legt Doppelstandards an, wenn sie nie auch nur in Ansätzen erwähnt, in welcher bedrohlichen Lage sich Israel befindet. Kurz: Man kann ihr in ihren Texten antisemitische Stellen nachweisen."
Haben dann Israelis aus versehen während der 2014 Bombadierung Gazas ca. 550 Kinder getötet? Ist KATRIN RÖNICKE so abgebrüht, dass sie solch ein Kriegsverechen verharmlosen möchte?
BDS ist eine friedliche internationale Kampagne, unterstützt von viele Juden, die fordert, u.a. dass 'Israel seiner Verpflichtung nachkommt, den Palästinenser*innen das unveräußerliche Recht der Selbstbestimmung zuzugestehen, und zur Gänze den Maßstäben internationalen Rechts entspricht, indem es die Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes beendet und die Mauer abreißt. Israel weigert sich das zu tun. Das Boykott richtet sich hauptsächlich gegen staatliche Einrichtungen und Siedleraktivitäten, die mit der illegale Besatzung verkoppelt sind, nicht gegen einzelnen Personen, die in Israel leben.
Das kritische Deutschen immer wieder unfähig sind, zwischen Holocaustgeschichte, Israel und Juden zu differenzieren zeigt, dass die linke Position auf Palästina sich von der globalen Solidaritätsbewegung isoliert hat.
Zum Glück können wir Amira Hass und Gideon Levys Artikel in Haaretz lesen, um zu wissen, dass es auch Israelis, mit Erfahrungen aus erster Hand, die zu den gleichen Schlussfolgerungen wie Penny gekommen sind. In Deutschland kann man kaum zwischen Antisemitismus und ernstzunehmenden Kritik differenzieren.