"Früha wurde mehr jelacht"

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Man kann gegen Beckmann sagen, was man will, oder wollen, was man muss, am Donnerstag jedenfalls: Eine Sternstunde hätte es sein können. Das liegt erfahrungsgemäß nicht am Moderator, sondern an den Gästen: Wolfgang "Erfolgsproduzent" Rademann und Harald "Late-Night-König" Schmidt.

Rademann! Ein Sympathikus schon des Dialekts wegen. "Die Russen warn aber jar nich jetürmt, sondern die ham die Speidel jebracht." Er hat die Peter-Alexander-Show produziert und die Schwarzwaldklinik, das Traumschiff erfunden. Schwamm drüber. Dann sagt Schmidt statt "modernes Märchen" versehentlich "modernes Mädchen", und Sascha Hehn wird Deckoffizier genannt, und schönste Erwartungen schwinden Satz für Satz dahin.

Eine Sendung, die sich 10 Millionen Zuschauer anschauen, sagt Schmidt und meint das Traumschiff, sei enorm politisch, weil sie "für etwas steht". Er zitiert einen Soziologen, demnach ein Volk, in dem nicht 8 Millionen Musikantenstadl anschauen, unregierbar sei. Na toll. Vielleicht sollte dieser Aspekt der orakelnden Sonntagsfrage untergejubelt werden.

Ob er schon in Griechenland gedreht habe, wird Rademann gefragt: "Nee, da kannste selba hinfahrn und dein Geld verliern." Wenn die Leute Weihnachten, Neujahr das Traumschiff sehen, "wollen sie nicht frieren". In diesem Jahr, befleißigt sich Beckmann anzumerken, wird es Kuba sein. "Mit wem drehen Sie in Kuba?" Rademann: "Mit der Regierung." Im Hof schreien zwei Katzen.

Und dann will Beckmann doch über Griechenland reden, mit Schmidt. Es genügt, "Griechenland" zu sagen, sagt Schmidt. So wie früher "Calmund". Und was hat Rademann mit Politik am Hut? "Im Grunde jenommen hab ick keene Berührung damit." Dann lässt er sich aber doch hinreißen zu einer Antwort auf die Helmut-Schmidt-macht-Peer-Steinbrück-Frage: "Einen Größeren als Helmut Schmidt ham wa nich" Harald sieht es klassisch: "Das könnte ein ganz großer Shakespeare sein, einen Kandidaten zu beschädigen." Schon sind wir beim Hamburger Sie und könnten sein bei Roland Emmerichs Film "Anonymus", wonach Shakespeare gar nicht Autor Shakespeare'scher Werke ist, also Schmidts Helmut nicht der Königsmacher oder -mörder. Da wäre Potenzial gewesen,

Aber ach, "die Realität liegt da, wo wie sie ham woll'n", weiß nicht nur Rademann. "Die Mischung macht den janzen Erfolg aus."
So wie für Schmidt "Drehort vor Inhalt" geht. Eine Liebesgeschichte werde im Traumschiff erzählt, eine lustige und eine spannende. Die wirklich lustigen und spannenden erzählt Christoph Maria Herbst in seinem Buch "Ein Traum von einem Schiff". Er fehlt an diesem Abend. Vielleicht macht er gerade woanders für die neuen Stromberg-Folgen Reklame.

Stattdessen kommt als dritter Gast dieser Traumschiffkapitän-Darsteller. Dabei war Herbst vor einem Jahr beim gleichen Dreh wie Schmidt dabei. Bora Bora. Sechs Wochen Schiff, fünf Drehtage. Aus Langeweile, erzählte Herbst neulich, habe er seinen Freunden und Bekannten Mails geschrieben über die Kollegen und Umstände. Gewiss pointiert. Das habe sich dann zum Buch entwickelt. Rademann kommt darin sehr gut weg. Es gibt eine großartige Szene, in der sich die beiden in einem Berliner Hotel zum ersten Mal begegnen.

In der Öffentlichkeit wurde und wird das Buch als Abrechnung mit den Fernseh-Fuzzis wahrgenommen. Es ist aber eine Liebeserklärung! Die, zu der sich an diesem Abend weder Schmidt noch Beckmann hinreißen lassen wollen, während sie es behaupten. Das vielleicht unterscheidet den Zyniker vom Ironiker.
"Früha wurde mehr jelacht", sagt Rademann. Da wurde wohl weniger gelogen.

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer