In besserer Gesellschaft?

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Was für eine Woche! Eben erst haben sich taz und Freitag die Revolution anders vorgestellt, auf ihrem Medienkongress die Folgen technologischer Entwicklungen be- und hinterfragt – und nun diskutieren Blogger, Journalisten und Leute, die was mit Medien machen, auf „re:publica 11“ über Blogs, soziale Medien und die digitale Gesellschaft.

Am Wochenende war ich dabei, heute muss ich Zaungast bleiben. Sagt man noch Zaungast? Na, Desktop-Voyeurin jedenfalls. Mit Facebook-Zugang, Blogs und Twitter-Account, mit E-Mail-Konten, aber ohne Online-Banking. Bin ich also Teil der digitalen Gesellschaft?

Nein, denn die wurde heute erst freigeschaltet, also die Internetseite. Die Gründer kommen aus dem Umfeld von netzpolitik.org, und ich bin eingeladen, ach was, aufgefordert, mitzutun.

Will ich keine Vorratsdatenspeicherung? - „Mach mit!“
Liegt mir was am Datenschutz? - „Dafür brauchen wir Dich.“
Will ich öffentliche Daten nutzen? - „Mach doch mit.“
Das Urheberrecht muss menschenfreundlicher werden? - „Hilf mit!“
Netzneutralität geht auch mich an? - „Auch Dich.“

Es geht um mich, mein Wissen und mein Engagement, steht da, nötig, um „eine offene und freie digitale Gesellschaft“ zu erhalten und zu gestalten.

Was klingt wie ein Protestsong des Oktoberklubs, ist der Antwort-Katalog auf die Frage nach dem „Warum?“ Das Internet, erfahren wir, ist „als Teil unserer Lebenswirklichkeit eine überaus ernste Angelegenheit, eine, die nicht für politischen Aktionismus oder Schnellschüsse missbraucht werden darf“. Und da wird’s ulkig: „Wir haben verdammt viele Fragen an die Politik.
Was stört Dich? Welche Frage hast Du? Mach mit bei der Aktion.“

Politische Aktionen gegen politischen Aktionismus? Das ist ein schmaler Grat.

Klaus Raab nennt den Verein „Eine Art Greenpeace für die Netzpolitik“ und zitiert Gründer und Chef Markus Beckedahl mit der Begründung, viele Netzthemen gehen auch „unsere Eltern und Großeltern“ etwas an. Ich kann hier nur den Geschwister-Part spielen und fühle mich von der eher biederen Aufmachung der Website sogar angesprochen. Die halb vereinnahmende, halb nötigende Du-Animation aber ist schlicht abgrenzend. Und Abgrenzung, da beißt die Maus kein Kabel durch, ist digital genauso fragwürdig wie analog.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer