Novemberlicht

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Vor dem Hauptbahnhof bilden die Punks ein Empfangskommando. Ihre Hunde frieren weniger. Drinnen, im Einkaufsparadies, wird dem Teufel Zimt in die Augen gestreut. An jeder Ecke lauert die Bescherung: Farblärm und Glücksversprechen. Bald kommen die Weihnachtslieder.

Draußen bei den Straßenbahnen steht M., wir teilen uns zwei Haltestellen. Er will ins Lofft, freies Theater, ausverkaufte Performance: "Ich wollte schon immer eine Chica Almodóvar sein". Am Tag darauf geht er ins Centraltheater: "Nackter Wahnsinn - Was ihr wollt (Ich will nicht dass mir jemand sagt welche Rolle ich zu spielen habe)". (Wegen der Sparzwänge muss auf Kommata verzichtet werden.)

Gestern, erzählt M., hat er mittags für seine Kollegen gekocht. Eigentlich kann er sagen: für seine Angestellten. Das sagt er nie. Wie er es schafft, fast jede Theater-Inszenierung zu sehen ... bei kaum einer Vernissage zu fehlen ... Kuratorien anzugehören ... Kulturprojekte zu organisieren ... als Unternehmer Erfolg zu haben ...

Er nimmt sich Zeit und gibt sie wieder her.

Wir tauschen Rote-Bete-Rezepte, schwärmen von Krautgerichten. Und nie wieder sollen Kartoffelspeisen in den Gefrierschrank. So fühlt es sich an: an einem Novemberabend für einen Moment sicher zu sein.

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer