Harvard, Inbegriff einer amerikanischen Elite-Universität, teilt mit: Von den 34.950 Studienbewerbern werden dieses Jahr nur 6,2 Prozent aufgenommen. Mehr Platz ist einfach nicht da im Tempel der Weisheit von Cambridge (Massachusetts). Mit der Bewerbung in Harvard gescheiterte High-School-Absolventen müssen sich nun an Universitäten ihrer zweiten oder dritten Wahl einschreiben. Enttäuschend, aber das ist noch keine Katastrophe.
Statistisch gesehen ist es allerdings fast leichter, auf einem Studienplatz in der Harvard-Universität zu landen, als einen Job beim Hamburger-Brater McDonald’s zu bekommen. Die Fast-Food-Kette mit rund 650.000 Beschäftigten, die in den USA derzeit für etwa 14.000 „Restaurants“ arbeiten, hat am 19. April medienwirk
medienwirksam einen nationalen Einstellungstag veranstaltet. McDonald’s USA werde an einem einzigen Tag 50.000 neue Leute einstellen, hieß es.Mehr als eine Million Menschen haben sich beworben, wie der Finanzinformationsdienst Bloomberg unter Berufung auf das Unternehmen berichtet. McDonald’s beschloss daraufhin, 62.000 Männer und Frauen aufzunehmen. Manche Vollzeit, manche Teilzeit, rund 1.000 im Management, informiert der Konzern. Ein Fernsehsender in Tampa, Florida, liefert die Resultate für diesen Bundesstaat: Dort hätten sich mehr als 100.000 bei rund 800 McDonald’s Lokalen beworben – 4.337 bekamen den erhofften Job.Lohn nach AbspracheDas müsse man sich einmal vorstellen, kommentiert der Sender Bay News 9: Einer von 200 Einwohnern Floridas habe sich im April bei McDonald’s beworben. Ein Rundfunkreporter aus Philadelphia (Pennsylvania) schildert die Zustände dort: Bei McDonald’s im westlichen Stadtteil Parkside hätten am 19. April schon in den ersten vier Öffnungsstunden 400 Arbeitswillige Bewerbungsformulare ausgefüllt.Ein großer Teil der Beschäftigten der größten Fast-Food-Kette in den Vereinigten Staaten sind Teilzeitler. Dabei sind die Bewerbungs-Webseiten bei McDonalds.com sparsam mit Details. Der Stundenlohn werde „in Absprache“ mit den Bewerbern festgelegt, heißt es. Oder er sei eben „flexibel“. Die Arbeitszeiten auch. Zumindest für Teilzeit-Kräfte gibt es anscheinend keine Benefits wie Krankenversicherung und Urlaubsgeld. Aber ein Job bringe viele Vergünstigungen, teilt eine McDonald’s-Filiale in Mississippi mit: „Arbeit bei McDonald’s wird Ihnen viele Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, darunter Know-How zum Team-Building und Selbstvertrauen!“Und mit Nachdruck verweist McDonald’s darauf, dass viele führende Personen im Firmen-Management als Hamburger-Brater angefangen hätten. Wer es zu etwas bringen wolle, könne auch in der firmeneigenen Hamburger-Universität in Oak Brook (Illinois) Management- und Restaurantkurse belegen. Dort lehren 19 Professoren; und 275.000 Studenten haben nach Firmenangaben in den vergangenen 50 Jahren ihre Ausbildung abgeschlossen. Laut CNN zahlt McDonald’s durchschnittlich 8,30 Dollar in der Stunde brutto.Der nationale Mindestlohn liegt bei 7,25 Dollar. Aber in manchen McDonald’s- Dependancen kriegen die Arbeiter die Uniform kostenlos gestellt und dürfen samt Familie verbilligt essen. Mit einer neuen Werbekampagne will der Konzern den Beschäftigten das Gefühl vermitteln, sie hätten einen tollen Job, berichtet das Industriemagazin Advertising Age. Man wolle „auf kreative Weise“ den Mythos zerschlagen, „dass Stellen hier keine Chancen bringen“, sagte Marlena Peleo-Lazar, beim Konzern tätig als Global Creative Officer.Winning the Future!So verwendet McDonalds seit neuestem auch den früher verpönten Begriff „McJob“, der – als er in die Welt gesetzt wurde – von Kritikern des Konzerns als Inbegriff für einen No-Future-Job gedeutet wurde. Man will offensichtlich cool sein bei McDonald’s und es dem schicken Kaffeeriesen Starbucks gleichtun – heute die drittgrößte Restaurantkette in den USA nach McDonald’s sowie Subway und vor Burger King. Auf Facebook „liken“ mehr als acht Millionen User den Hamburger-Konzern. Die Firma hat denn auch Beschäftigte gebeten, Videos für soziale Medien zu produzieren, auf denen sie erklären, warum sie ihren Job bei McDonald’s so gern machen.Der Andrang auf die McJobs sei ein Zeichen der Zeit, wirtschaftlich gesehen, kommentiert der Chef von McDonald’s im Parksideviertel von Philadelphia. In der Tat. Rund 25 Millionen US-Amerikaner sind arbeitslos oder nur höchst unfreiwillig Teilzeit-Arbeiter. Die Erwerbslosen-Quote liegt bei neun Prozent. Zuletzt hatte ein erneuter Anstieg der Erstanträge auf Arbeitslosenversicherung die Börsenkurse nicht ungeschoren gelassen. Im I. Quartal 2011 sind zwar in den USA pro Monat 159.000 neue Arbeitsplätze entstanden, doch würde es bei diesem Tempo der Arbeitsplatzschaffung 14 Jahre dauern, bis sich die Nation von Immobilien-Crash und Rezession erholt habe, rechnet der Wirtschaftswissenschaftler Dean Baker vom gewerkschaftsnahen Center for Economic and Policy Research vor. Es konnte bisher nur ein Bruchteil der 2007 und 2008 verlorenen acht Millionen Jobs ausgeglichen werden.Winning the Future! – das ist gegenwärtig ein Slogan des Weißen Hauses. Soll heißen, man wolle die Zukunft mit Wirtschafts- und Ausbildungsprogrammen so gestalten, dass Amerika optimistisch nach vorn blicken kann. An vielen Amerikanern geht diese Rhetorik total vorbei. Das sieht man im nächstbesten Fast-Food-Lokal. Im Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Debatte steht in Washington die Frage, wie man das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung reduzieren kann. Als ob das Arbeitsplätze schaffen würde.