Floridas republikanischer Gouverneur verhält sich wie einer, der 2024 Präsident der USA werden möchte. Ron DeSantis spricht seine Leute als Kulturkämpfer an und zeigt einen Hang zum Autoritären. Er ist gegen Schulbücher mit LGBT-Themen und Black Lives Matter, er war zeitweilig gegen Corona-Vorschriften, gegen die Erlasse „der Elite“. DeSantis sei streckenweise wie Donald Trump, wird gern kommentiert, doch spreche er in ganzen Sätzen und sei besser organisiert. Laut Magazin Politico hat DeSantis riesige Spenden von Republikanern eingefahren, die 2020 viel Geld für Trumps Wiederwahl gegeben hatten.
Er wünsche dem an Covid erkrankten Joe Biden eine „schnelle Genesung“, sagte DeSantis – dann kam der Seitenhieb – un
itenhieb – und der Nation eine „schnelle Genesung“ von Joe Biden. In der Welt des 43-jährigen Politikers gilt das als Scherz. DeSantis, Kind katholischer Eltern aus der unteren Mittelschicht (sein Vater hat Messgeräte installiert, um die Fernsehnutzung zu ermitteln, seine Mutter war Krankenschwester), ist Absolvent der Elite-Unis Yale und Harvard und als einstiger Marineoffizier Veteran der Irak-Krieges. Danach war er Staatsanwalt, von 2013 bis 2019 Kongressabgeordneter und Top-Politiker im Sonnenschein- und Tourismusstaat mit seinen vielen Ruheständlern. Er reagiert auf neue Befindlichkeiten republikanischer Wähler.Bei denen sind manche auf der Suche nach einem Trumpismus ohne Trump. Ein Kommentar beim Sender Fox News, jahrelang mediale Heimat des Ex-Präsidenten, hat das so formuliert: Auch wegen der Kongressanhörungen zum Sturm auf das Kapitol 2021 schleppe Trump „zunehmend Ballast“ mit sich herum. Das sei Hillary Clinton bei den Wahlen 2016 passiert – „dort ist Trump jetzt“. Werde der zur Seite gedrängt, sei DeSantis klarer Spitzenreiter. Bei der Gouverneurswahl 2018 gewann DeSantis gegen den demokratischen Anwärter Andrew Gillum, der bei einem Sieg erster schwarzer Gouverneur des 22 Millionen Einwohner zählenden Staates geworden wäre. Gillum hatte bei den demokratischen Vorwahlen mit dem Beistand des demokratischen Sozialisten Bernie Sanders die Establishment-Kandidatin Gwen Graham geschlagen. Sein Favorit werde die „politische Revolution“ anführen in Florida, hoffte Sanders, mit Unternehmenssteuern und einer Krankenversicherung für alle. Zudem wollte Gillum die für Abschiebungen zuständige Grenzschutzbehörde ICE „in ihrer gegenwärtigen Form“ abschaffen.Floridas Wählerschaft sah das anders. DeSantis gewann knapp mit einem konträren Programm und Trumps Rückendeckung. Hier bewerbe sich „ein konservativer Krieger für Amerika“, hieß es in DeSantis’ Kampagne. Ron sei auch ein toller Vater, versicherte Ehefrau Casey DeSantis in einem Werbespot. Darin baut der Papa mit seiner kleinen Tochter eine Mauer und liest aus einem Buch vor über Trump: „Und dann hat Herr Trump gesagt, Sie sind entlassen.“ Das gefalle ihm besonders, meinte Kandidat DeSantis.Florida sei eine „Oase der Freiheit“ in einer Nation, die unter dem „Joch eines repressiven Lockdowns“ leide, verkündete DeSantis im Februar 2021 bei der Versammlung der Conservative Political Action Conference. DeSantis hatte in Florida auf Corona-Impfungen gesetzt, vor allem für Ältere, jedoch Einschränkungen verworfen. Wenige Monate nach besagtem Meeting ordnete DeSantis an, Schulen dürften Maskenvorschriften nicht mehr durchsetzen.Der Sender Fox erhofft sich gute QuotenIn vielen Punkten ist DeSantis ein altmodischer Republikaner, dem an einem Wirtschaftsklima gelegen ist, das „Unternehmer und Innovatoren ohne belastende Vorschriften und Steuern“ arbeiten lässt. Doch zum Mobilisieren der bei Vorwahlen entscheidenden Basis setzt er lieber auf populistische Maßnahmen. Im Juli trat er mit der Ankündigung vor die Kameras, einer Bar in Miami die Lizenz zu entziehen, in der Kinder bei Drag-Shows zugeschaut hätten. Im März schon hatte DeSantis ein als „Don’t Say Gay“ (Sag nicht schwul) verspottetes Gesetz unterzeichnet, das es Lehrern an Grundschulen verbietet, über sexuelle Orientierung und Genderidentität zu sprechen. Einen Monat später legte DeSantis nach mit einem Gesetz gegen das Lehren der „bösartigen Critical Race Theory“, deren Kernthese lautet, Rassismus sei systemimmanent. Auf Kundgebungen gegen Polizeibrutalität nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd im Mai 2020 hatte DeSantis mit einem Verbot von Straßenblockaden und der „Einschüchterung durch den Mob“ reagiert. Er legte sich mit Konzernen an, die ihm zu „woke“ sind, selbst mit Disney World, einem der größten Arbeitgeber in Florida, nachdem der Disney-CEO das Gesetz gegen Unterricht über LGBT kritisiert hatte. Micky Maus und Daisy Duck sollen bestimmte wirtschaftliche Begünstigungen verlieren.So wird der Gouverneur immer mehr zum Sprecher rechtspopulistischer Anliegen. Häufig tritt er mittlerweile bei Fox News auf. In einem DeSantis-Profil des Magazins New Yorker hieß es, der Sender erhofft sich in der Post-Trump-Zeit gute Quoten von DeSantis’ „kraftvoller Präsenz und wachsender Beliebtheit“. DeSantis hat sich nie ganz Trumps Behauptungen über den Wahlbetrug 2020 angeschlossen, vermied aber die Aussage, Bidens Wahl sei legitim gewesen.Ron DeSantis geht es offenbar um Polarisierung. Sie soll seine Leute in Rage und in die Wahlkabine bringen, bei Vorwahlen eine erprobte Strategie, bei Hauptwahlen ungewiss. Erst einmal stehen die Gouverneurswahlen im November an. Umfragen zufolge liegt DeSantis vor dem demokratischen Gegner. Er hat Trump angeblich nicht um Beistand gebeten. Früher hätte der Gouverneur dies getan. Anfang November wurde dann öffentlich: Vor Spenderinnen und Spendern soll DeSantis erklärt haben, 2024 im Kampf um Präsidentenamt nicht gegen Trump anzutreten. „Er hat ihnen zu verstehen gegeben, dass er nicht kandidieren wird, wenn Trump es tut“, wird ein Republikaner von dem Magazn Vanity Fair zitiert.