Statt des Kopf-an-Kopf-Rennens nun doch ein klares Ranking. Die CDU behauptet sich mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer als Nr. 1 im Saarland mit gut 41 Prozent, während die SPD ein Ergebnis erzielt, dass ihr mitnichten die erhoffte politische Richtlinienkompetenz in diesem Bundesland verschafft. Der Schulz-Effekt spiegelt sich nicht wie erwartet in Rehlinger-Prozenten. Die SPD hat im Vergleich zum Ergebnis von 2012 – seinerzeit kam sie auf 30,6 Prozent – sogar leicht verloren. Triumphieren kann die CDU und das mit einem erstaunlichen Plus.
Für die Bundespolitik bedeutet das, Angela Merkel hat den ersten Schulz-Test ohne merkliche Blessuren be- und überstanden. Sie kann fortan Wahlkämpferin mit eigenem Stil und in eigener Sache sein, die den gefühligen Botschaften des SPD-Bewerbers mit souveräner Weltläufigkeit begegnet und eine Rhetorik der Kampfansagen nur in Maßen braucht. Schließlich muss in Berlin noch gut sechs Monate miteinander regiert werden. Sich dabei als Regierungschefin in staatstragender Gelassenheit zu üben, kommt einer Wahlempfehlung gleich.
Politische Falschmünzerei
Merkel hat es nicht nötig, die onkelhafte Theatralik der neuen SPD-Koryphäe mit erbitterter Aggressivität zu bedenken. Sie hat noch vor dem Saarland-Votum einen Erfolg verbucht, der mehr stiller Diplomatie als schrillem Aktionismus zu verdanken ist. Denn der SPD-Vorsitzende wird nun doch – entgegen seiner ursprünglichen Absicht – am Koalitionsgipfel am 29. März teilnehmen. Schulz schien zuvor krampfhaft bemüht, sich die Finger nicht mit Tages- sprich: Koalitionspolitik zu verbrennen und so zu tun, als käme er von weit draußen her und stehe über großkoalitionärer Restlaufzeit in Berlin. So täuscht man Anhänger wie potenzielle Wähler und das in zweierlei Hinsicht – zunächst einmal war Schulz einer der Schirmherrn einer großen Koalition zwischen Europäischer Volkspartei (EVP) und Sozialdemokraten im EU-Parlament. Auch saß er solange wie kein anderer SPD-Spitzenfunktionär im SPD-Präsidium. Worüber haben sie in diesem Gremium geredet und was entschieden während der letzten vier Jahre, wenn nicht über einen von den Sozialdemokraten mit zu verantwortenden Regierungskurs? Eigene politische Vergangenheit zu vernebeln, stand schon immer im Geruch der Falschmünzerei.
Feststeht, es wird keine erste rot-rote Landesregierung im Westen geben. Die Linkspartei hat zwar mit gut 13 Prozent dank des Lafontaine-Bonus erreicht, was erreichbar war, doch ist sie von den 22 Prozent, die beispielsweise noch 2009 erzielt wurden, weit entfernt.
Ohnehin hat SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger während des Wahlkampfes eine erneute Koalition mit den Christdemokraten nie verworfen, wohl auch im Bewusstsein der Tatsache, dass es mit der Wechselstimmung im Saarland nicht weit her war. 68 Prozent meinten bei einer Umfrage von infratest dimap, sie seien mit der bisherigen Arbeit der schwarz-roten Regierung unter Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer zufrieden. Der rot-rote Signal für den Bund bleibt die Saar-Wahl auch deshalb schuldig. Ob daran die SPD und deren neuer Frontmann ihren Anteil haben, weil sie keine klare Koalitionsaussage treffen wollten, darüber kann nur spekuliert werden.
Martin Schulz hält sich gern offen, wohin es nach dem 24. September, dem Tag der Bundestagswahl, gehen soll. Warum eigentlich? Weil ein Bekenntnis zu Mitte-Links (Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün) unweigerlich zu einem Lagerwahlkampf führt? Weil dann die SPD für die CDU in der üblichen Weise angreifbar wird? Man kann sich die Polemik gut vorstellen – die Sozialdemokraten werden zum Risikofaktor für das Land, sie opfern wirtschaftliche Stabilität aus ideologischen Gründen einem Drang nach „sozialistischen Experimenten“. Aber muss eine solche Konfrontation nicht riskieren und durchstehen, wer es ehrlich meint mit jener Umkehr, die dem „Dachdecker“ und der „Krankenschwester“ wieder zu mehr Respekt vor der erbrachten Lebensleistung und so mehr sozialer Gerechtigkeit verhilft, wie das Martin Schulz in seinem Bedürfnis nach Gemütsdoping verheißt?
Bündnis links der Mitte
Wenn der SPD-Kanzlerkandidat politischer Klarheit ausweicht, muss er sich die Frage gefallen lassen, wie er seinen Versprechen Geltung verschaffen will, vor allem mit wem. Nur durch ein Bündnis links der Mitte ist eine zumindest partielle Abkehr von der Agenda 2010 denkbar, nicht aber in einer erneuten großen Koalition in Berlin, auch wenn diese von der SPD geführt werden sollte, wonach es nach dem Saarland-Votum freilich nicht aussieht.
Die Glaubwürdigkeit der SPD wird auf Dauer im Wahlkampf Schaden nehmen, wenn die nicht polarisiert, sondern ihr Spitzenmann nur euphorisiert. Die sozialen Gegensätze in der Gesellschaft verlangen nach mehr Kontur. Wie sich zeigt, tut ein diffuses Profil auch den Bündnisgrünen nicht gut, zumindest im Saarland brachte ihnen das Lavieren zwischen Schwarzen und Roten und ein ökoliberales Profil nicht einmal welken Lorbeer ein. Sie sind aus dem Landtag heraus gewählt.
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