Wird Sicherheitspersonal mit einer solchen Verschwendungssucht aufgeboten wie gerade in Frankreich, lässt das an die Schlachtordnung eines Bürgerkrieges denken. Was der Cordon Sanitaire aus Polizeiketten, Räumpanzern und Tränengasgranaten in Paris auch immer verhindern sollte, eines bleibt ihm verwehrt: den Eindruck zu tilgen, dass der Protest vieler Einzelner mehr denn je zur landesweiten Erhebung geführt hat. Sie wird zum Sinnbild, wohin Gesellschaftssysteme und deren politische Schirmherrn geraten, die Millionen Menschen ein Leben in Würde und ohne Abstiegsangst verweigern. Wer dagegen aufsteht, hat es zunächst einmal nicht verdient, auf seine Zivilisationstauglichkeit oder Political Correctness hin überprüft zu werden. Gibt es bei den Menschen in gelber Weste parteipolitisch, genderpolitisch, migrationspolitisch, klimapolitisch und so weiter etwas zu beanstanden? Oder geht alles in Ordnung? Sind sie links oder rechts? Gesteuert von linken oder rechten Demagogen? Die Erhabenheit des Röntgenblicks, der Deutungshoheit vor Lernbereitschaft setzt, blendet eines aus: In Frankreich hat sich die präsidiale als Spielart der bürgerlichen Demokratie als unfähig erwiesen, elementaren Normen der sozialen Gerechtigkeit Geltung zu verschaffen. Auf die Spitze getrieben wurde dieser systemimmanente Offenbarungseid durch die präsidiale Hoffart eines Emmanuel Macron, der soziale Zumutungen für Wohltaten hält.
Sturm auf die Bastille
Die dadurch bewirkte Diskreditierung seiner Regierung ist keine Empfehlung zur Mediation, erst recht nicht, wenn die an diesem Wochenende offenbarte Dragoner-Mentalität des Staates auf Härte setzt und provoziert. Die Dialogangebote von Premier Édouard Philippe werden trefflich konterkariert durch Innenminister Christophe Castaner, der die Gelbwesten als ein „Monster“ bezeichnet, „das seinen Erschaffern entkommen“ sei. Dabei sollte ihm auffallen, es könnte das neoliberale Märchen sein, das die Geister verdient hat, die es rief. Man darf schon an Bertolt Brechts Metapher vom reißenden Strom erinnern, den jeder gewalttätig nenne, aber das Flussbett vergesse, das ihn einenge.
Zum Sturm auf die Bastille kam es am 14. Juli 1789 erst, als Gouverneur de Launay als Kommandant dieser Zwingburg seinen Soldaten befahl, Artilleriesalven auf die Bürger zu schießen, die sich vor dem Gebäude versammelt hatten. In der dichtgedrängten Menge wurden über hundert Menschen getötet. Dieses Blutbad trieb die Aufständischen zur Weißglut. Erst dann begann der Angriff und hatte Erfolg, was im Übrigen bis heute zum Nationalfeiertag gefeiert wird.
Nomenklatura der Anarchie
Jean-Luc Melénchon, Führer der Linkspartei La France Insoumise, hat im Interview mit dem Sender BFMTV angemerkt: „Die Gewaltausbrüche sind ein Ritual, und man hat den Eindruck die von den Behörden getroffenen Maßnahmen sind genau dafür gemacht.“ Zugleich spricht er von einer „Revolution des Bürgers“. Weil es mit der „Macronie“ vorbei sei, würden sich „die Dinge soweit entwickeln, dass eine offene politische Krise unausweichlich ist“. Man solle endlich verstehen, dass „der Schrei einer neuen Epoche zu hören ist. Es ereignet sich gerade französische Geschichte, das ist keine kleine Störung Ihrer parlamentarischen Arbeit“, rief Melénchon am 6. Dezember vor der Nationalversammlung in Richtung der Bänke von La République en Marche (LREM), der Präsidentenmehrheit, die ein politisches Domestikendasein fristet.
Die Gelbwesten sind keine Nomenklatura des Anstands, sondern der Anarchie, weil Aufstände, die Volksbewegungen zu verdanken sind, gar nicht anders sein können und stetem Wandel unterworfen sind, aufstehen und fallen, führen und verführen, geschlagen werden und zurückschlagen. „In Zeiten der Revolution“, schreibt Lenin, „lernen Millionen und aber Millionen Menschen in jeder Woche mehr als in einem Jahr gewöhnlichen trägen Lebens“.
Laut jüngster Umfragen des renommierten Institut français d'opinion publique (ifop) wird der Protest von 70 bis 80 Prozent der Franzosen nicht zuletzt deshalb unterstützt, weil er die Regierung gezwungen hat, den Rückzug anzutreten und die vorgesehene Erhöhung der Treibstoffpreise zurückzunehmen.
Wer sich nicht wehrt
Als die Gewerkschaften CGT und CFDT wochenlang, geordnet, angemeldet, machtvoll, im wesentlichen friedfertig gegen Macrons Arbeitsmarktreformen oder die Teilprivatisierung der Eisenbahngesellschaft SNCF demonstrierten, blieb ihnen vergleichbarer Erfolg verwehrt. Wenn nun den „Gelbwesten“ mit dem Marsch auf Paris, mit brennenden Autos und geplünderten Geschäfte, gelingt, was den Gewerkschaften nicht gelungen ist, sagt das viel aus über ein Verständnis von Demokratie, das soziale Interessen als lästige Ansprüche wahrnimmt, die missachtet gehören. Nehmt Euch zurück und seht zu, wo ihr bleibt! Die Quittung für derartige Ignoranz stellt Macron Präsidentschaft in Frage. Denn die „Gelbwesten“ machen den Teil der Gesellschaft sichtbar, der diesen Hochmut nicht länger ertragen will. Und der an sich denken muss, weil alles andere die soziale Existenz bedroht. Wer sich nicht wehrt, hat schon verloren. Und das womöglich unwiderruflich.
Kniefall des Monarchen
Ludwig XVI. hielt es für geboten, am 15. Juli 1789, einen Tag nach der Einnahme der Bastille durch das Volk, das Pariser Rathaus aufzusuchen, um dem neuen Souverän des Citoyen die Reverenz zu erweisen und sich die Brust mit einem Streifen Stoff schmücken zu lassen. Es zeigte zwischen den Rändern Rot und Blau, den Farben der Stadt Paris, das Weiß als Farbe des Königs. Ludwig stammelte unsicher, sein Volk könne immer „auf seine Liebe“ zählen, was Königin Marie Antoinette zu der Bemerkung trieb, gar nicht gewusst zu haben, dass sie mit einem „Bürgerlichen“ verheiratet sei. Emmanuel Macron wird für seine „Liebeserklärung“ sicher nach anderen Ausdrucksformen suchen – zum Beispiel einen Rücktritt. Erspart bleiben wird sie ihm nicht.
Kommentare 34
Danke für den guten Artikel, Daumen hoch.👍
Bin gespannt, was die deutschen BesserwisserInnen jetzt zu meckern haben?!
Von Frankreich nach Deutschland
Historische Aspekte zur Politik im modifizierten Kapitalfaschismus Deutschlands 2018.
Im Klartext, wenn nicht heute, wann dann?
Die Wirkung der Massenpsychologie des Kapitalfaschismus in Deutschland, seit 1933 und bis ins 21. Jahrhundert – und heute 2018!
Die Verbürgerlichung der Industriearbeiterschaft.
Von Wilhelm Reich
Der Faschismus dringt in die Arbeiterklasse von zwei Seiten ein: durch das sogenannte »Lumpenproletariat« (ein Ausdruck, gegen den sich alles sträubt) mit Hilfe direkter materieller Korrumpierung und durch die »Arbeiteraristokratie« sowohl mit Hilfe materieller Korruption als auch durch ideologische Beeinflussung [siehe hier auch nur die Korrumpierung der ostdeutschen Arbeiterklasse, nach der vom materiellen Konsuminteresse herbeigeführten Implosion des Antifaschismus der SED und des Antiimperialismus der DDR].
Der deutsche [Kapital-] Faschismus versprach in seiner politischen Skrupellosigkeit jedem jedes; so zum Beispiel hieß es in einem Artikel von Dr. Jarmer »Kapitalismus« (Angriff 24.9.31):
»Hugenberg hat sich auf dem deutschnationalen Parteitag in Stettin mit erfreulicher Deutlichkeit gegen den internationalen Kapitalismus gewandt. Er hat aber gleichzeitig betont, dass ein nationaler Kapitalismus notwendig wäre.« – [Was auch heute unter dem ideologischen Firmenschild »Soziale Marktwirtschaft« von CDU/CSU, SPD, AfD, FDP, Suppengrün und Teilen der bürgerlichen Linken auch weitergeführt wird.] –
»Damit hat er zugleich erneut die Trennlinie zwischen Deutschnationalen und Nationalsozialisten [heute modifiziert als »Rechtspopulisten« - nicht nur im Parlament und allen bürgerlichen Medien und Ver-Bildungseinrichtungen – benannt] gezogen; denn diese sind sich darüber klar, dass die jetzt auf der ganzen Welt zusammenbrechende kapitalistische Wirtschaftsordnung durch eine andere ersetzt werden muss, weil selbst beim nationalen Kapitalismus keine Gerechtigkeit herrschen kann.«
Das klingt fast kommunistisch. Hier appellierte der [kapital-] faschistische Propagandist direkt und mit bewusst betrügerischer Absicht an das revolutionäre Empfinden des Industriearbeiters. Die große Frage war aber, warum die nationalsozialistische Industriearbeiterschaft nicht sah, dass der [Kapital-] Faschismus jedem jedes versprach. Es war bekannt, dass Hitler mit Großindustriellen verhandelte, von ihnen Geld bekam und Streikverbot versprach. Es musste an der psychologischen Struktur des durchschnittlichen Arbeiters liegen, trotz intensiver Aufdeckungsarbeit revolutionärer Organisationen. Im Gespräch mit dem amerikanischen Journalisten Knickerbocker sagte Hitler zur Frage der Anerkennung der ausländischen Privatschulden:
»Ich bin überzeugt davon, dass die internationalen Bankiers bald einsehen werden, dass Deutschland unter einer nationalsozialistischen Regierung ein sicherer Anlegeort ist, dass ein Zinsfuß von rund 3 Prozent für Kredite bereitwilligst zugestanden werden wird.«
Wenn die revolutionäre Propaganda die kardinale Aufgabe hatte, »das Proletariat zu entnebeln«, so konnte das nicht einfach dadurch geschehen, dass man an sein »Klassenbewusstsein« appellierte, auch nicht allein dadurch, dass man ihm die objektive ökonomische und politische Lage ständig vor Augen führte, gewiss nicht dllein dadurch, dass man den an ihm geübten Betrug ständig entlarvte. Die allererste Aufgabe der revolutionären Propaganda wäre die verständnisvollste Rücksichtnahme auf die Widersprüche im Arbeiter gewesen, auf die Tatsache, dass nicht etwa ein klarer revolutionärer Wille überdeckt oder vernebelt war, sondern dass das Revolutionäre in der psychischen Struktur teils unentwickelt, teils mit gegenteiligen reaktionären Strukturelementen durchsetzt war. Das Herausdestillieren der revolutionären Gesinnung der breiten Massen ist wohl die Grundaufgabe bei der Freilegung ihrer gesellschaftlichen Verantwortlichkeit. //
Ein modifizierter Auszug, vgl. Wilhelm Reich: »Die Massenpsychologie des Faschismus«
PS: 1933 erschien Reichs: Massenpsychologie des Faschismus. Das Buch kam zu spät, um noch viele Leser zu erreichen. Es wurde zur Lektüre der Emigranten und blieb im Kampf gegen den Kapitalfaschismus notwendig folgenlos. So auch heute im imperialistischen Deutschland und EU-Europa.
09.12.2018, R.S.
Zitat: "Wenn nun den „Gelbwesten“ ... gelingt, was den Gewerkschaften nicht gelungen ist, sagt das viel aus über ein Verständnis von Demokratie, das soziale Interessen als lästige Ansprüche wahrnimmt, die missachtet gehören. Nehmt Euch zurück und seht zu, wo ihr bleibt!"
Darin offenbart sich der altbekannte Konflikt zwischen Arm und Reich. Die Verteilung von Vermögen/Einkommen und der Anteil eines Bürgers an der volkswirtschaftlichen Leistung, dem bekannten "Kuchen", ist nicht nur eine Frage von Gerechtigkeit.
Ungleichheit ist unbestritten der Motor für Wirtschaftswachstum, neue Technologien, die Erhöhung des allgemeinen Lebensstandards und damit mehr Wohlstand für alle. Mit einer ganz zentralen Einschränkung: Zu viel Ungleichheit hat nicht nur negative Folgen für den sozialen Frieden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt, es schadet auch dem Wirtschaftswachstum.
Zu letzterer Erkenntnis sind inzwischen sogar die globalen Währungshüter des IWF gekommen, die bislang nicht mit besonderer Kritik an den negativen Folgen einer ungezügelten neoliberalen Marktwirtschaft in Erscheinung getreten sind.
Die Aussicht der Bürger, durch mehr Anstrengung mehr verdienen und sich mehr leisten zu können, gilt in der neoklassischen Wirtschaftstheorie als Triebfeder für Wirtschaftsaufschwung und Wohlstand.
Was aber erwartet die herrschende "Elite", wenn im realen Leben mehr und mehr Bürger die Erfahrung machen müssen, dass sich Leistung eben nur für die da "oben" lohnt und die Reichen immer reicher werden, während die da "unten" den Gürtel fortwährend enger schnallen und sparen sollen?
Eine Demokratie, in der die Hyperreichen immer noch reicher werden und der Sozialstaat darauf reduziert wird, dass bei uns niemand verhungern müsse und sich die Armen im Extremfall bei der Tafel anstellen können, wenn sie krank, arbeitslos, behindert usw. sind und das Geld vorne und hinten nicht reicht, ist über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt.
Wer die Schere zwischen Arm und Reich dadurch verharmlost, dass es Deutschland gut gehen würde, während gleichzeitig arbeitslose Hartz IV-Empfänger als dumm und/oder faul und Flüchtlinge pauschal als Sozialschmarotzer abgestempelt werden, vertritt nicht die Mitte der Gesellschaft, sondern gehört zu den geistigen Brandsstifter der Rechtsextremen und Nationalisten.
Der mentale Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich besteht nämlich offenkundig darin, dass in Deutschland die da "unten" tendenziell auf die treten, die noch weiter unten sind, und in Frankreich die da "unten" gelegentlich auch nach oben treten.
Der ordentliche deutsche Untertan macht eben keine blutige Revolution. Da fangen die anständigen deutschen Ehrenmänner und Ehrenfrauen lieber den Dritten Weltkrieg an. Auch das schafft Wirtschaftswachstum.
Es mag ja sein daß sich die Präsidialdemokratie in Frankreich als unfähig, sozialer Gerechtigkeit Geltung zu verschaffen, aber wie ist das in der Kanzlerdemokratie in Deutschländerland ?
Die Rest-SPD zählt(e) Macron zu den Ihren ! Der DGB versagt fast vollständig bei der Korrektur der Verwerfungen, die das bestehende Regime hervorbringt, immer treu an der Seite eben dieser Rest-SPD. Natürlich wollten Scheißhausparolenschreier die Gelbwesten in die rechte Ecke stellen, aber nach der Lektüre der ca. 40 Forderungen (eben nicht nur die Spritpreise) fand ich da nichts rechtes - im Gegenteil (das sollte auch der Riexinger mal lesen bevor er was falsches behauptet).
Dann natürlich die GEWALT ! Distanziert Euch ! das kenne ich jetzt schon Jahrzehnete, Pamela Andersons Statement dazu trifft den Nagel auf den Kopf. Es muss sich was ändern, auch in dieser Republik ! Das ist natürlich nichts für "Linke" die sich dem gutbürgerlichen urbanen Milieu verpflichte fühlen (speziell die Kinder der ehemaligen DR-Nomenklatura, die endlich im Westen ankommen wollen), einer Rest-SPD die nicht weiß wo es lang geht, oder den Grünen, die bei brennenden Barikaden entsetzt vorm Feinstaub zurückweichen.
Lampenputzer ohne Bahnsteigkarte ?
Übrigens schrieb schon Friedrich Engels in der Analyse der Niederlage des Pariser Gemeinderates: Barikaden taugen nichts mehr gegen die militärische Ausrüstung des Klassenfeindes (das war vor knapp 150 Jahren, um wieviel weniger taugen sie heute ?
Wir müssen uns endlich die Demokratie erobern um die Interessen der übergroßen Mehrheit der Menschen hier im Land und anderswo durchzusetzen. Aber gelbe westen, oder auch orangene, können da einen Anfang machen.
Ich glaube, dass Macron zu jeder Zeit seiner Regierung genau gewusst hat, was er tut (getan hat). Immerhin war er mal Investmentbanker, die seit jeher gewohnt sind, das Volk auszunehmen und er hat geglaubt, damit durch zu kommen. Nun, da er merkt, dass er sich geirrt hat, ist er buchstäblich sprachlos - oder hat jemand etwas gehört?
Vielleicht aber darf er auch einfach nicht sprechen.
Merci, schön formuliert. Seine Jugend, sein Kapital bei seiner Wahl, sein großes handicap heute. Seine Generation der Bourgeoisie verfällt durchweg dem "Alleswollertum". Seine private Seite zeigt einen ganz schwachen Jungen. Die Karriere macht blind, auf beiden Augen. Nicht im Anwenden des ENA-Gelernten kann sich sein Amt erschöpfen. Auch die besten Beziehungen zum Geld und den Grandes familles reichen nicht. Alle 3 bisher vorgelegten Veröffentlichungen des Unsichtbaren Komitees treffen heute exakt den Nerv. Der Aufstand ist gekommen, er ist da. Die Gelbwesten wollen das Referendum. Jetzt. Stimmt das Volk mehrheitlich gegen Macron, muss er gehen. Neuwahlen. Das allerdings könnte FN bedeuten. Bitte nicht den Teufel mit Luzifer austreiben. Kippt Frankreich, kippt Europa. Kippt Europa, wird es sehr dunkel. Die Weber bei Hauptmann waren vorgestern.
Die Präsidialdemokratie, besonders unter de Gaulle und Mitterrand, mit Abstrichen auch bei Giscard d'Estaing und Pompidou, hat sich durchaus bewährt. (Keiner der Genannten hat übrigens snobistisch am Fort de Bregançon, dem Feriensitz französischer Präsidenten rum gewerkelt, erst das Jüngelchen hat sich dort, weil ja nur am Mittelmeer gelegen, einen exorbitant teuren Swimmingpool einbauen lassen.) Ein guter Busfahrer bringt einen zum Ziel, ein anderer fährt besoffen in den Graben, daran trägt dann nicht der Bus die Schuld. Also bitte nichts gegen das Präsidialsystem. Deutschland, mit diesem unüberschaubaren Gemischtwarenladen aus Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung, Bundeskanzler, Bundespräsident und unzähligen Ministerpräsidenten, Landesministern, die allesamt in Regierungen sitzen, dort Stäbe und Ministerien in unübersehbarer Zahl verschwenden, ist nun mit dieser Art von Versorgungsblase weder Garant sozialer Gerechtigkeit noch deren Hort. Der „Freitag“ hat es gerade in einer wochenlangen Artikelserie eindringlich aufgezeigt.
Die Franzosen sind - eigene Schuld - einem Investmentbanker mit Schauspielerpotenzial aufgesessen, der mit allen Marketingkünsten zauberte. Natürlich war er nie mehr als ein politischer Scharlatan und Vollstrecker einer neoliberalen Politikagenda. So etwas soll in besten Familien vorkommen, man denke nur an einen heutigen Gasmann mit Vornamen Gerhard. (Selbiger hat just zum heutigen Advent, schon wieder in alter Großkotzmanier - natürlich über das Handelsblatt - verkündet: „Die CDU hat einen Fehler gemacht. Merz war eine Chance.“ Was für ein toller und wahrer „Sozialdemokrat“, dieser Herr Schröder.) Wir Deutschen müssen also wahrlich nicht mit dem Finger zeigen. Andern geht’s nicht besser. Nennt man in England den Namen Blair, hört man auch viel, Freudiges ist selten darunter.
Hierzulande ist Macron, schon lange vor Amtsantritt, als eine Art Jesus aus Paris medial gesalbt und politisch heiliggesprochen worden. Wer erinnert sich nicht an einen Kanzlerkandidaten Schulz, der jede Rede mit der Blase „Ich habe heute mit Macron telefoniert“ eröffnete. Gerade bei den Wirtschafts- und Medieneliten, noch mehr in weiten Teilen unserer politischen Obrigkeit, genießt der Herr aus Paris immer noch Kultstatus. Man muss sich gegenwärtig nur den verächtlichen Ton gegen die Gelbwesten, der jedes BILD-Niveau erfüllt, unserer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten anhören, dann begreift man wieder, wer hierzulande die Uhr ticken lässt. (Es fehlt eigentlich nur noch Putin als Drahtzieher hinter den Gelbwesten.) Dass der arme Visionär Emmanuel, mit so ausgefeilten Manieren und schicken Anzügen sich nun aber auch mit heimischem Pöbel und Plebs herumschlagen muss, ist in diesen Kreisen schwer zu verdauen.
Was weiteten sich doch die freudigen Pupillen, man denke an Herrn Lindner von der FDP, dessen Stimme sich fast überschlug, als Macron umgehend die Reichensteuer abschaffte und im Nachgang nun den ärmeren Franzosen gleich noch den neoliberalen Instrumentenkasten zeigte. Jetzt machen doch diese Franzosen einfach nicht mehr mit, wollen den König vertreiben. Lesen die denn keine deutschen Zeitungen über die Großartigkeit ihres Präsidenten?
Abschließend noch eine Überlegung. Man stelle sich solch eine drastische Polizeigewalt in Auftreten und Masse gegen das eigene Volk, beim Urbösewicht, dem Paten allen Grauens, Wladimir P., auf Moskaus Straßen vor! Jedenfalls von oben nach unten, die Rechten, die Linken, die Gutmenschen in Vollformation, jeder mit Mund und/oder Tastatur, würde die Minuten unserer Zeit stehlen und befeuern, der ARD-Brennpunkt das ZDF-spezial jagen und wieder zurück, die NATO sich sorgen, das Bündnis alarmiert sein, Flugzeugträger in Bewegung gesetzt werden. Und erst Herr Kleber vom ZDF! Natürlich ein böser Vergleich. Macron ist ja ein Demokrat, sogar ein Musterdemokrat. Und was für einer! Die Franzosen singen ihm gerade ein dankbares Lied. Tapferes Volk.
Große Klasse! Danke Ihnen und Lutz Herden!
Die Gelbwesten-Proteste sind auch in Belgien und den Niederlanden angekommen
https://www.tagesspiegel.de/politik/proteste-in-frankreich-belgien-und-niederlande-fast-1000-festnahmen-bei-gelbwesten-demonstrationen/23735602.html
https://www.vrt.be/vrtnws/de/2018/11/30/gelbwesten-ziehen-durch-bruessel-und-blockieren-strassen/
https://www.vrt.be/vrtnws/de/2018/11/30/ausschreitungen-bei-protest-der-gelbwesten-in-bruessel/
Nun den Dank an Hern Herden sollten Sie dann aussprechen, wenn er seinem geliebten Autoraten Putin und dem schillernden Politikzirkus in Russland ähnliches ins Stammbuch schreibt.
Ich mag solche Journalisten wie Herrn Herden nicht. Sie sind Irrlichter gegen unsere demokratische Ausrichtung agierend.
Sie müssen ihn auch nicht "mögen", was Herr Herden vielleicht auch nicht mögen würde.
Aber zur Situation in Frankreich dürfen Sie auch etwas beitragen.
Bleiben Sie bitte sachlich:
Forderungen der Gelbwesten-Bewegung: ein höherer Mindestlohn, Rente ab 60, kleinere Schulklassen, gerechtere Steuern & einheitliche Sozialversicherung, keine Privatisierungen, mehr Sozialwohnungen, mehr direkte Demokratie und vieles mehr. Das ist ein sehr vernünftiges Programm.
Die NachDenkSeiten haben eine Übersetzung der Forderungen online gestellt.
Immer wieder stelle ich fest, wie wenig doch deutsche Journalisten vom tatsächlichen Leben in Frankreich wissen. In vielen Artikeln, auch diesem, wird entsprechend den eigenen Hoffnungen interpretiert und hingebogen bis es passt.
Lieber Herr Herden,
danke für den Artikel, der schön das Wichtigste sortiert und mal wieder Ihren scharfen analytischen Verstand aufblitzen lässt!
Soeben versandte Frau Dr. Wagenknecht eine Forderungsliste der Gelbwesten. Zu finden ist diese Liste hier:
https://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/181206_Forderungen-der-Gelbwesten.pdfutm_campaign=Team%20Sahra&utm_medium=email&utm_source=Revue%20newsletter
Diese Liste im Wortlaut (Die Ziffern wurden von mir zur Vereinfachung einer Kommunikation eingefügt):
Abgeordnete Frankreichs,
hiermit überbringen wir Ihnen die Anweisungen des Volkes, damit Sie diese in Gesetze fassen:
01
Schluss mit Obdachlosigkeit: DRINGEND.
02 Höhere Progression der Einkommenssteuer (mehr Stufen) Anhebung des Mindestlohnes auf 1.300 Euro netto.
03
Mehr Unterstützung für die kleinen Geschäfte in den Dörfern und Stadtzentren. Schluss mit dem Bau von großen Gewerbezonen rund um die Großstädte, die nur den Einzelhandel abwürgen. Für mehr kostenlose Parkplätze in den Stadtzentren.
04
Masterplan für die Isolation von Wohnungen. (Ökologie betreiben und zugleich den Haushalten Einsparungen zu ermöglichen)
05
Die GROSSEN (McDonald ́s, Google, Amazon, Carrefour ...) sollen viel zahlen und die Kleinen (Handwerker, Klein- und Mittelbetriebe) sollen wenig zahlen müssen.
06
Für ein gleiches System der Sozialversicherung für Alle (auch Handwerker und kleine Selbständige eingeschlossen). Abschaffung der gesonderten Sozialversicherung für Selbständige (RSI)
07
Das Rentensystem muss solidarisch und gesellschaftsfähig bleiben. Keine Rente nach Punkten. Schluss mit den Steuererhöhungen auf Kraftstoffe.
08 Keine Rente unter 1.200 Euro.
09
Jeder gewählte Abgeordnete hat nur Anrecht auf den Medianlohn. Seine Reisekosten werden überwacht und nur dann erstattet, wenn sie gerechtfertigt waren. Anrecht auf Restaurant- und Urlaubsgutscheine.
10
Die Löhne aller Franzosen sowie die Renten und andere Zuteilungen müssen an die Preisentwicklung angepasst werden.
11
Die französische Industrie schützen: Verbot von Betriebsverlagerungen. Schutz unserer Industrie heißt Schutz unseres Know-hows und unserer Arbeitsplätze.
12
Schluss mit der Entsendung von Arbeitnehmern. Es ist widersinnig, dass jemand, der in Frankreich arbeitet, nicht den gleichen Lohn bekommt und die gleichen Rechte hat wie ein Einheimischer. Jeder, der eine Arbeitserlaubnis auf französischem Gebiet hat, muss einem französischen Staatsbürger gleichgestellt werden und sein Arbeitgeber muss für ihn dieselben Abgaben entrichten wie ein französischer Arbeitgeber auch.
13
Zur Sicherung der Beschäftigung: Befristete Arbeitsverträge in großen Unternehmen stärker begrenzen. Wir wollen mehr unbefristete Arbeitsverträge.
14
Abschaffung der CICE (Steuergutschrift für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung), und Nutzung dieser Gelder zum Aufbau einer französischen Industrie für mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen (was umweltfreundlicher ist als, Elektroautos).
15
Ende der Austeritätspolitik. Schluss mit der Zahlung von Zinsen auf Schulden, die als unrechtmäßig erklärt wurden und Beginn der Schuldentilgung – ohne auf das Geld dafür von den Armen und weniger Armen zu nehmen, sondern durch das Aufspüren von 80 Milliarden Steuern, die hinterzogen worden sind.
16
Die Ursachen für erzwungene Migration müssen offen gelegt werden Asylbewerber müssen anständig behandelt werden. Sie haben Recht auf Wohnung, Sicherheit, Ernährung sowie auf Bildung für die Minderjährigen. Zusammenarbeit mit der UNO, damit Aufnahmelager bis zum Abschluss des Asylantrages in zahlreichen Ländern eröffnet werden können.
17
Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihr Ursprungsland.
18
Umsetzung einer wirklichen Integrationspolitik. In Frankreich zu leben heißt, Franzose/Französin zu werden – Französisch-Kurse, Kurse in französischer Geschichte und in Bürgerkunde mit Abschlusszeugnis am Ende des Zyklus.
19
Festlegung eines Maximallohns von 15.000 Euro.
20
Schaffung von Arbeitsplätzen für Arbeitslose.
21
Erhöhung der Behindertenzulagen
22
Mietbegrenzungen. Schaffung von Sozialwohnungen – insbesondere für Studenten und prekär Beschäftigte.
23
Verbot des Verkaufs von französischem Volkseigentum (Staudämme, Flughäfen...)
24
Zurverfügungstellung von ausreichenden Mitteln für Justiz, Polizei, Gendarmerie und Armee. Die Überstunden der Ordnungskräfte müssen bezahlt oder abgefeiert werden.
25
Alle Mauteinnahmen müssen für den Unterhalt der Autobahnen und Landstraßen Frankreichs sowie für die Straßenverkehrssicherheit verwendet werden.
26
Die Gas – und Elektrizitätswerke, deren Preise im Zuge der Privatisierungen gestiegen sind müssen wieder öffentliche Werke werden und die Preise müssen wieder fallen.
27
Sofortiger Stopp der Einstellung öffentlicher kleiner Transportlinien, Stopp der Schließung von Postämtern, Schulen und Entbindungsstationen.
28
Besseres Wohlergehen für unsere älteren Mitbürger. Verbot der Gewinnerzielung auf ihre Kosten. Schluss mit den Zeiten des „Grauen Goldes“, die Zeiten des „Grauen Wohlergehens“ müssen beginnen .
29
Maximal 25 Schüler pro Klasse von der Vorschule bis zur Abschlussstufe.
30
Bereitstellung von Geldmitteln für die Psychiatrie.
31
Volksentscheide sollen in die Verfassung aufgenommen werden. Schaffung einer gut lesbaren und effizienten Website, überwacht durch ein unabhängiges Kontrollorgan auf der die Menschen Gesetzesvorschläge einbringen können. Wenn ein solcher Vorschlag 700.000 Unterschriften erhält, muss er von der Nationalversammlung diskutiert, ergänzt und gegebenenfalls mit Änderungsvorschlägen der Nationalversammlung vorgelegt werden, die verpflichtet ist, ihn genau ein Jahr nach dem Stichtag der Erlangung der 700.000 Unterschriften, der französischen Bevölkerung zur Abstimmung vorzulegen.
32
Rückkehr zu einem 7-Jahres-Mandat für den Präsidenten der Republik. Die Wahl der Abgeordneten zwei Jahre nach der Wahl des Präsidenten würde dem Präsidenten der Republik ein positives oder negatives Signal zu seiner Politik geben. Dies würde dazu beitragen, der Stimme des Volkes Gehör zu verschaffen.
33
Rente mit 60 Jahren. Recht auf Rente mit 55 Jahren für alle Personen, die körperlich schwer arbeiten – beispielsweise Maurer oder Schlachthausarbeiter.
34
Da ein Kind von 6 Jahren noch nicht auf sich selber aufpassen kann: Verlängerung des Systems PAJEMPLOI (Zuschüsse für Kinderbetreuung) bis zum 10. Lebensjahr des Kindes.
35
Förderung des Schienengütertransports.
36
Kein Quellensteuerabzug.
37
Schluss mit den lebenslangen Bezügen für Altpräsidenten.
38
Verbot zur Erhebung einer Gebühr durch Händler, wenn ihre Kunden mit Kreditkarte bezahlen.
39
Besteuerung von Schiffsdiesel und Kerosin.
Diese Liste ist nicht vollständig aber später wird der Wille des Volkes gehört und angewandt werden über die Schaffung eines Systems des Volksentscheides, das schnell eingeführt werden muss.
Abgeordnete, lasst unsere Stimme im Parlament sprechen Gehorcht dem Willen des Volkes
Wendet diese Anweisungen an
Die Gelbwesten
“Ich mag solche Journalisten wie Herrn Herden nicht. Sie sind Irrlichter gegen unsere demokratische Ausrichtung agierend.“ Völlig falsch! “Irrlichter“ sind diejenigen, die einen vorschreiben - wie man heute zu denken hätte, dass macht Herr Herden nicht! Und lesen Sie bitte ( auch wenns schwer fällt ) Nobelpreisträger Robert Shiller: "Wer im Kapitalismus zu moralisch ist, wird weggefegt" weiter ... Im Kapitalismus werden die Menschen täglich betrogen und ausgetrickst, sagt Nobelpreisträger Robert Shiller. Und Putin, ist berechenbarer wie irgendwelche kalten Krieger, vom Antikommunismus heute noch zerfressen, aber nützlich für die neue Rechthaber. Nur das Wort Russland, löst Pawlow'sche Reflexe auch bei bestimmten Menschen aus ... Wissen Sie, das begreifen manche Leute nicht die Reagierenleider wie Sie. Peter Scholl-Latour: "Wir leben in einer Zeit der Massenverblödung" hier im Freitag ist noch eine Nische, dass kennt der Ossi!
"Solche Bücher läßt du drucken! Teurer Freund, du bist verloren! Willst du Geld und Ehre haben, Mußt du dich gehörig ducken. Nimmer hätt ich dir geraten, So zu sprechen vor dem Volke, So zu sprechen von den Pfaffen Und von hohen Potentaten! Teurer Freund, du bist verloren! Fürsten haben lange Arme, Pfaffen haben lange Zungen, Und das Volk hat lange Ohren!" (Heinrich Heine)
unsere demokratische Ausrichtung? Wessen? Demokratisch? Noch nix gemerkt?
Meinen Dank an den Verfasser des Artikels und Extralob für den Kommentar von Reziplikativ
Nur zur Info:
nach einer Verfassungsänderung von 2007 kann der französische Präsident vom einer Zweidrittelmehrheitenheit der Nationalversammlung nur bei „schwerwiegenden Amtsverfehlungen“ abgesetzt werden.
Schlußfolgerung: um normale sozialdemokratische Forderungen durchzusetzen, ist eine Revolte oder Revolution notwendig.... der Weg der Gelbwesten ist alternativlos.....
Danke für das eindringliche Heine-Zitat.
Ich meine hierzu:
Macht wirkt nur, wenn der Beeinflusste sich der Macht unterordnet. Wird diese Unterordnung verweigert, ist keine Macht vorhanden. Daran ändert auch Gewalt nichts!
Angst vor Repressionen kenne ich nicht, da ich als ehemaliger Funktionär der Linken seit Jahren diesen ausgesetzt bin und mich daran gewöhnt habe. Zur Zeit hält sich die Angst vermutlich bei ganz anderen Menschen auf ;-)
Vielen Dank für diesen Kommentar.
Wenn man heute früh Bahn fahren wollte, konnte man sehr gut erkennen, dass französische Verhältnisse, mind. 70 % der Bevölkerung stimmen den Protesten zu, in Deutschland so schnell nicht zu erreichen sind. Die Schuld für die Unannehmlichkeiten des Streiks wurde mehrheitlich bei den Gewerkschaften und den Fahrdienstleitern gesucht. Von Solidarität war wenig zu spüren. Die MSM werden ein übriges tun.
>>Die Schuld für die Unannehmlichkeiten des Streiks wurde mehrheitlich bei den Gewerkschaften und den Fahrdienstleitern gesucht.<<
Ja, der Chef könnte vielleicht schimpfen wenn so Viele zu spät zur Arbeit kommen.
»Die Schuld für die Unannehmlichkeiten des Streiks wurde mehrheitlich bei den Gewerkschaften und den Fahrdienstleitern gesucht.«
Und so treibt es auch Matthias Koch vom RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Ihm habe ich soeben eine Email geschrieben:
From: j.beineke@t-online.de
Sent: Monday, December 10, 2018 10:21 AM
To: RedaktionsNetzwerk Deutschland
Subject: Kommentar von Matthias Koch: 10.12.2018 | Pariser Verhältnisse - Die gelbe Gefahr
10.12.2018 | Pariser Verhältnisse - Die gelbe Gefahr
Ausgabe 'RN Dortmund D1 Süd', 10.12.2018, Seite 2
Mein Gott, was schreiben Sie doch einen Blödsinn zusammen. Oberfläche, bis zum Geht-nicht mehr! Kein Wort zu den berechtigten Anliegen der Gelbwesten-Bewegung.
Hallo Matthias Koch,
es geht nicht darum, dass Deutschland anders organisiert ist als Frankreich und sich darum vor Aktionen wie denen der Gelbwesten in Frankreich weniger fürchten muss. Es geht um die Anklage der skandalösen und skrupellosen Politik im Sinne der monetären Machthaber á la Blair, Schröder und jetzt auch Macron.
Und was für eine verblendete Argumentation Sie weiterhin führen: »Doch es gibt in Deutschland auch dämpfende Faktoren, vorneweg die viel bessere Wirtschaftslage. In Frankreich ist die Arbeitslosenquote doppelt so hoch.«
Sie tun so, als sei die Arbeitslosenquote als solche bereits ein Indikator für Massenarmut. Dabei sollten Sie wissen, dass es völlig egal ist, ob ich ohne Arbeit kein Geld in der Tasche habe oder mit Arbeit, wie hier in Deutschland.
Auch Ihre so-und-so-vielste Verneigung vor Angela Merkel kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie in inniger Symbiose mit dem „Parteienkartell aus CDU/CSU, SPD, FDP und GRÜNE“ mithilfe der AGENDA 2010 bekanntlich systematischen Besitzstandsklau und Prekarisierung der Bevölkerung betreibt, während sie Finanzwirtschaft und multinationalen Konzernen gleichzeitig devot die Wege für deren Beutezüge ebnet.
Hierzu gehören auch die unbezähmbare Alimentierung der internationalen Finanz-Hasardeure und die Kriege des supranationalen Angriffsbündnisses dieser „westlichen Wertegemeinschaft“.
Nein, nein – guter Mann. Es geht um arrogant vernachlässigte Bürgerinnen und Bürger, die ganz berechtigt eine Politik des sozialen Ausgleichs fordern. Schon Ihr gewählter Titel „gelbe Gefahr“ verdreht die Tatsachen und unterstellt, dass nicht die verkommene Politik der letzten zwei Dekaden schuld am gesellschaftspolitischen Desaster dieser Tage ist, sondern die Bürgerinnen und Bürger, die sich jetzt zu einer Gelbwesten-Bewegung organisiert haben, weil sie diese verkommene Politik nicht mehr ertragen wollen.
Ihr Kollege Christian Böhmer bemüht eine ähnlich pathologische Interpretation (Ausgabe 'RN Dortmund D1 Süd', 10.12.2018, Seite 4): »Der französische Staatschef ist aber zwei Wochen vor Weihnachten seinen Bürgern eine Antwort schuldig geblieben, wie er die von den Massenprotesten ausgelöste politische Krise beilegen will.«
Nein, es ist keine von den Masseprotesten ausgelöste Krise, es ist die Krise, die die Politiker der letzten 20 Jahre herbeigeführt haben.
Gelbwesten und AfD sind die Kinder dieser Betrugspolitik, deren Gebrauchsanleitung die AGENDA 2010 darstellt.
Mit (nicht wirklich) freundlichen Grüßen
Jürgen Beineke
Mit der deutschen Kanzlerdemokratie verhält es sich nicht viel anders.
die misstaende- u. ungerechtigkeiten sind lange offensichtlich in f sowie in d.
das selbstbewusstsein der aufmuepfenden dort gibt anlass zu vermehrter hoffnung, auch hier, denn wer sich nicht wehrt... dem wird bekanntlich gehoer verwehrt.
danke fuer die klaren worte des artikels.
>>…der Anteil eines Bürgers an der volkswirtschaftlichen Leistung,…<<
Um das mal ungeschminkt zu betrachten: Der Anteil der Arbeitenden an den Ergebnissen ihrer Leistung ist bei 100 % angemessen, alles darunter ist Ausbeutung.* Auch wenn das Volk geduldig ist und Beziehern leistungsloser Einkommen („Kapitalrendite“) einen hohen Anteil an den Ergebnissen seiner Leistung gewährt: Die permanente Verringerung des Anteiles der Profitschaffenden zugunsten der Profitnehmer permanent zu verringern erreicht ihre Grenze, nicht nur in Frankreich.
*Geld arbeitet nicht.
Sie sind doch hier ebenfalls mit Engagement und heißem Herzen unterwegs! Chapeau.
Ihr Heine-Zitat geistert mir seit zwei Tagen im Kopf herum. Vielmehr die Frage danach, warum Sie es hier einstellten und an mich adressierten?
Auf mich wirkt es wie die Mahnung eines Lakaien der Oligarchen, der mich mit den darin enthaltenen Warnungen (Zitat/"Teurer Freund, du bist verloren! Willst du Geld und Ehre haben, mußt du dich gehörig ducken"//Zitat Ende)zu bremsen versucht, den in Frankreich aufgetauchten Forderungskatalog zur Änderung der Republik weiterhin zu verbreiten.
Mich würden Ihre Beweggründe interessieren, solche Keulen hier zu zeigen.
Ich stimme mit der Behauptung ... "In Frankreich hat sich die präsidiale als Spielart der bürgerlichen Demokratie als unfähig erwiesen, elementaren Normen der sozialen Gerechtigkeit Geltung zu verschaffen" ... nicht überein.
Korrekt ist, dass so Klons von Bonaparte, die sich auch - wie Sarkozy und eben Macron - gottähnlich gebärden, keine Chance mehr hat, eine Mehrheit zu erzielen:
Macron, ein Klon der Milliardare, konnte dies nur, indem er (so wie bei uns Kurz auch) fast alle Medien als Propagandaorgel hinter sich wusste.
- - -
Man stelle sich mal das Konstrukt so einer Präsidialrepulbik (Macron zertrümmerte quasi die Gewerkschaften per Dekret am Parlament vorbei) - und einen Präsidenten von der Marke eines Jeremy Corbyn vor, der dann alles was der Allgemeinheit dient einfach re_verstaatlicht, die NHS auf gesunde finanzielle Beine stellt, die irr hohen Studiengebühren abschafft und auch noch alle Steueroasen komplett schliesst:
hört sich gut an - ist es auch !
Also,
es hängt nicht von der Konstruktion ab, sondern von der Person, die diese Funktion aufüllt.
Klasse!
Zur Zeit wird in Frankreich nichts neu verteilt. Man erhöht die Schulden der Gesellschaft. Gewonnen ist erst einmal fast nichts.
Das Geld für die geplante Energiewende muß nun anderweitig besorgt werden. Durch neue Schulden wird es wohl nicht möglich sein. Deutschland hat dafür bisher ca. 100 MilliardenSubventionen aufgewendet. Dazu den etwa doppelten Strompreis gegenüber Frankreich.
Frankreich bezieht seinen Strom zu ca. 60% aus KKW. Grüne und andere möchten diese abschalten, insofern ist ein riesen Paket zu schnüren.
ÜBERSCHRIFTEN- UND VORSPANN-MANAGEMENT
Die Herolde eingangs eines Artikels sind in Zeiten der Clickbait-Bettelei mehr denn je Missbrauchsopfer, auch hier im Freitag. Aktuell findet auf SPON eine echt üble Stimmungsmache durch Vorspann statt, in dem Fall dadurch, dass die "Gelbwesten" und der Straßburger Anschlag zusammengeschraubt werden, hier der vollständige Vorspann (und hier der Artikel):
"Wieder trifft der Terror Frankreich - UND WIRFT EINEN DUNKLEN SCHATTEN AUF DIE JÜNGSTEN PROTESTE DER "GELBWESTEN" [Hvm]. Mit einer besonnenen Reaktion könnte Präsident Macron seine angekratzte Autorität stärken."
Infam.
Aus dem verlinkten Spon-Artikel:
>>So zynisch das klingen mag, dem Präsidenten im Élysée-Palast kommt es nicht ungelegen, dass die Demonstranten nun weniger Aufmerksamkeit bekommen.<<
>>Tatsächlich kann man jetzt nur auf Macrons Seite sein.<<
Wieder mal genau zum richtigen Zeitpunkt: Auf die Jungs kann man sich verlassen.
Lenin und 1789. Fetter geht es wohl nicht. Da passen die Gelbwesten so gar nicht ins Bild. Da weiß man gar nicht wer nun auf dem Trittbrett steht.