Nicht selbst schämen, Fremdschämen!!!!!!!!

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Motto: FKK und sich nicht schämen

(Gunter Gabriel: „Deutschland ist...“)

Es wurde allerlei Biologie durchgenommen die letzten Tage. Aber nicht nur

Trotzdem, ich repetiere mal: Es gibt eine weibliche Scham, aha. Es gibt sie konkret und abstrakt. Bei Männern gibt’s nur konkrete Schamhaare und beiden Geschlechtern gemeinsam ist das Schambein. So arg beinharte Unterschiede gibt’s also gar nicht zwischen Männern und Frauen. Das war der Genderaspekt.

Kommen wir zum allgemein-menschlichen: Der Mensch sucht ständig neue Herausforderungen. Er stürmt die Gipfel der Natur, die Höhen der Kultur manchmal mit fiesen Abstürzen. Und – weil es auch in der Vertikalen was veritabel Verwegenes geben muss - überschreitet er beherzt die Schamschwelle, überwindet Schamgrenzen und „findets wunderbar“ wie einst Ingrid Steger den Schlitz im Kleid.

Es muss Schluss sein mit dem Schämen – ein deutscher Schriftsteller hat schon vor Jahren bekundet, er könne die anhaltende Forderungen nach nationaler Scham über deutsche Untaten in Sachen Drittes Reich und Judenvernichtung nicht länger zu erdulden. Er hat ja Recht, wenn sich keiner mehr schämen will, dann ist eben Schluss damit. Er hat nur ausgesprochen, was Sache ist.

Es ist alles schon gebrochen, jedes Tabu in dieser Welt. Selbst der tabulose SMLer schämt sich nicht mehr, wenn er nicht mal die Peitsche mehr hochkriegt, wenn er zum Weibe geht.

Nur jetzt auf einmal fehlt was, wenn die Scham weg ist. Die Befreiung davon bringt so richtig keine Freude. Man kann sich unterhaken und andauernd singen: „Wir schämen uns nicht mehr, wir schämen uns nicht mehr...“ und dann ist nicht mehr lustig.

Aber, die Deutschen sind pfiffig und schnell mit Ersatzlösungen und -handlungen. Wenn man sich nicht selbst schämen will, dann muss man sich halt fremd schämen. Eine Art von falsch verstandenem Scham-outsourcing setzt sich durch.

Das ufert in letzter Zeit komplett aus, dieses Fremdschämen. Die Westdeutschen schämen sich kolossal fremd für die Ostdeutschen. Dass die das nicht einsehen wollen mit dem Unrechtsregime und das noch beschönigen, tss,tss. Die Ostdeutschen finden noch immer die Großklappigkeit von Westdeutschen so was von furchtbar.

Gemeinsam fremdschämen sich die Deutschenfür die Diktaturen und Diktatoren der Welt, vor allem, wenn deren Stern im Sinken ist. Wenn Diktaturen die Signale der Aufklärung nicht verstehen wollen, die ihnen so großzügig künstlerisch vermittelt wurden, das ist ein ´Fall fürs Fremd erröten.

Dass die Deutschen diese Errungenschaften im eigenen Schwingkreis mehr und mehr zurückfahren, ist nicht so schambesetzt. Da schämen wir uns lieber für andere Völker. Wir fordern diese andauernd auf, sich mal unsere Schamarbeit der Vergangenheit zu eigen zu machen und auch ihre Genozide und finsteren historischen Vorkommnisse ordentlich abzuschämen und aufzuarbeiten.

Hubertus Knabe, der Stasi-Aufarbeiter und Fremdschämer will gleich nach Tunis und dort die Schamarbeit ordentlich befeuern, in dem er die Aktenlage prüft. Das ist deutsches Schamwesen – es geht immer nach Aktenlage. Dass der polnische Revolutionär Lech Walesa auch solche Reisepläne hat, bringt die Deutschen nun wieder zum fremdschämen.

Wenn ich selbst was zum Fremdschämen suchen würde. Was hätte ich denn da? Ach ja, ich schäme mich fremd für Blogger im off, die sich als virtuelle Kammerjäger betätigen. In wordgepresster Schutzkleidung, die Giftspritze mit der zu applizierenden Verbalinjurie immer in Bereitschaft und die Rundum-Bezichtigung im Anschlag. Geht gar nicht, so was.

Man schämt sich für andere, so dass ein Teil der Deutschen auf den anderen guckt und ständig sowas murmelt wie: Voll peinlich, voll peinlich.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda