Durch die Wüste und über Dubai. Rücksichtslose Experimente in der Erdatmosphäre.

Meteorologische Veränderungen. Was sind die Gründe für die heftigen Regenfälle und die nachfolgenden Überschwemmungen in einer der trockensten Regionen der Welt? Das Experiment unseres Lebens.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Ein rücksichtsloses Experiment in der Erdatmosphäre führt zu Überschwemmung einer Wüstenmetropole.

Das war die Geschichte letzte Woche, als auf der Arabischen Halbinsel, einer der trockensten Regionen der Welt, an einem Tag mehr als ein Jahr Regen fiel. Wüstenstädte wie Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) wurden von Überschwemmungen heimgesucht, die Autobahnen und Landebahnen von Flughäfen überfluteten. In den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Oman kamen 21 Menschen ums Leben.

Der heftige Regen vom Dienstag, dem 16. April, wurde zunächst auf „Cloud Seeding“ zurückgeführt: eine Methode zur Anregung von Niederschlägen, indem Wolken mit winzigen Partikeln injiziert werden, an denen sich Feuchtigkeit festsetzen kann – diese Tröpfchen verschmelzen dann und vermehren sich. Als das Wasser jedoch zurückging, tauchte eine weitaus beunruhigendere Erklärung auf.

Richard Washington, Professor für Klimawissenschaften an der Universität Oxford, hat oft 'das Innere eines Sturms' gesehen. Um zu bestätigen, ob die Wolkenbildung wirklich zu rekordverdächtigen Regenfällen führen kann, bestieg er ein Flugzeug, das zu einer Gewitterwolke über der Grenze zwischen Südafrika und Mosambik flog.

„Unsere Mission bestand darin, durch den aktivsten Teil des Sturms zu fliegen, ihn zu messen, erneut durchzufliegen, während wir eine Tonnenladung Trockeneis abladen, hart zu drehen und für eine abschließende Messung hindurchzufliegen“, sagt er.

„Abgesehen von dem Spaß, mit einem Learjet durch das Zentrum eines Gewitters zu fliegen, habe ich nicht viel über diese Messungen nachgedacht. Bis ich von dem jüngsten Unwetter in Dubai hörte.“

https://news.sky.com/story/carnage-at-dubai-airport-as-uae-hit-by-heaviest-rainfall-in-75-years-13116978

https://economictimes.indiatimes.com/news/international/world-news/dubai-flash-flood-uae-hit-by-heaviest-rainfall-in-75-years-airport-flooded-roads-shut/videoshow/109364178.cms

Also?

Was hat die Fluten verursacht?

Es gibt keine zwei identischen Wolken, mit denen man das Ergebnis der Aussaat vergleichen könnte, sagt Washington, daher sei es unmöglich direkt zu beweisen, inwieweit diese Technik das Ergebnis eines einzelnen Sturms verändern kann. Aber indem sie viele Missionen flogen, die Hälfte mit und die andere Hälfte ohne Wolkenbildung, und die Niederschlagsmenge zwischen beiden maßen, zeigten Meteorologen schließlich, dass Wolkenbildung die Regenraten bei einigen Stürmen veränderte.

Das ist jedoch nicht der Grund für die Überschwemmungen in Dubai.

„Es stellt sich heraus, dass die VAE seit mehreren Jahren ein Cloud-Seeding-Projekt betreiben, das 'UAE Research Program for Rain Enhancement Science'. Ihr Ansatz besteht darin, hygroskopische (wasserbindende) Salzfackeln aus Flugzeugen in warme Kumuluswolken abzufeuern“, sagt Washington.

„Hätte eine solche Aussaat ein riesiges Sturmsystem von der Größe Frankreichs entstehen lassen können?

Um es klarzustellen:

Das wäre wie eine leichte Windbrise, die einen auf Hochtouren fahrenden Intercity-Zug stoppen würde.

Und die Aussaat-Flüge des Projekts hatten an diesem Tag nicht stattgefunden. Die Art von tiefen, großflächigen Wolken, die am 16. April entstanden sind, sind nicht das Produkt des Experiments.“

Für Washington ist jedoch ein anderes atmosphärisches Experiment das relevantere, eines, an dem jeder von uns jeden Tag beteiligt ist.

„Das Interessante ist, dass es den Menschen schwerfällt, sich mit der Tatsache abzufinden, dass 2.400 Gigatonnen Kohlenstoff (unsere Gesamtemissionen seit vorindustrieller Zeit) einen Unterschied für das Klima machen, aber gerne glauben wollen, dass ein paar hygroskopische Fackeln, an einem Tag Regenmengen von 18 Monaten verursachen.“

Eine heißere Atmosphäre speichert mehr Feuchtigkeit, die als Regen fallen kann. Obwohl die Überschwemmung letzte Woche ungewöhnlich war, kommen auf der Arabischen Halbinsel tendenziell die größeren Niederschläge in Form von heftigen 'Stoß-Schauern'.

Die jüngste Einschätzung des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) prognostizierte zwar keine künftigen Niederschlagstrends für die Region, sagte jedoch, dass die globale Erwärmung solche heftigen Regenfälle voraussichtlich häufiger und heftiger machen werde.

-

Was in Teilen der Welt wahrscheinlich mehr Menschen töten wird, wenn die Temperaturen steigen, ist nicht Wasser, sondern Hitze. Tom Matthews (Loughborough University) und Colin Raymond (California Institute of Technology) sind Wissenschaftler, die den Klimawandel und seine Auswirkungen auf unseren Körper untersuchen.

Im Laufe der menschlichen Evolution ist die Feuchtkugeltemperatur (wie heiß es ist, wenn man den kühlenden Effekt der verdunstenden Feuchtigkeit, wie Schweiß auf der Haut, abzieht) selten, wenn überhaupt, über 35 °C gestiegen. An dieser Schwelle ist die Luft so heiß und feucht, dass wir Ihre Temperatur nicht durch Schwitzen auf ein sicheres Niveau absenken können. Wir überhitzen und sterben ohne dringende medizinische Hilfe.

https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BChlgrenztemperatur

„Die Häufigkeit extremer Feuchtkugeltemperaturen hat sich seit 1979 weltweit mehr als verdoppelt, und an einigen der heißesten und feuchtesten Orte der Erde, etwa an der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate, sind die Feuchtkugeltemperaturen bereits auf über 35 °C gestiegen.“ Sagen Matthews und Raymond.

„Die Klimahülle des Planeten dringt in Bereiche vor, in denen unsere Physiologie nicht mithalten kann.“

Beunruhigt darüber, wie schnell wir durch das sich ändernde Klima unbewohnbare Regionen erzeugen, haben einige Wissenschaftler Sofortmaßnahmen gefordert. Peter Irvine, Dozent für Geowissenschaften an der UCL, schlägt vor, die Sonne zu verdunkeln, indem man mikroskopisch kleine Partikel in die obere Atmosphäre pumpt, um einige ihrer Strahlen zu reflektieren.

Der Versuch, den kühlenden Effekt eines Vulkanausbruchs nachzuahmen, aber auf dauerhafter Basis (bis eventuell die Treibhausgaskonzentrationen wieder auf ein sicheres Niveau zurückgekehrt sind), ist ein weiteres Glücksspiel mit der Atmosphäre.

Diese Gasschichten, die unseren Planeten umgeben, haben das Leben, die Evolution, gefördert, indem sie die Temperaturen stabil gehalten und schädliche Strahlung ferngehalten haben.

Irvine räumt ein, dass es riskant ist, die Erde auf diese Weise künstlich zu kühlen, argumentiert jedoch, dass die Nebenwirkungen – wie veränderte Wind- und Niederschlagsmuster, saurer Regen und verzögerte Erholung der Ozonschicht – „im Vergleich zu den Auswirkungen des Klimawandels verblasst“ seien.

Catriona McKinnon, Professorin für politische Theorie an der University of Reading, hat weitere Bedenken hinsichtlich des Versuchs, die Sonnenstrahlung auf diese Weise zu steuern, einschließlich der Frage, wer das Recht hat, den globalen Thermostat zu regulieren.

-

Während die Menschheit also über ein weiteres groß angelegtes Experiment in unserer Atmosphäre nachdenkt, wartet ein anderes, weitaus größeres immer noch darauf, gelöst zu werden.

Die Lösung ist einfach: Hören wir auf, fossile Brennstoffe zu verbrennen.

-

https://theconversation.com/dont-blame-dubais-freak-rain-on-cloud-seeding-the-storm-was-far-too-big-to-be-human-made-228272

Überarbeitet aus dem Englischen nach Jack Marley, April 2024

-

manfred staab, mekong river basin

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

man.f.red

„Wenn einer, der mit Mühe kaum, gekrochen ist auf einen Baum, schon meint, daß er ein Vogel wär, so irrt sich der.“ ... permakultur@startmail.com

man.f.red

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden