Zukunft braucht Herkunft

DDR Text Seit zwei Jahren beobachtet unser Autor, wie sein Nachbar Karsten Krampitz einen Roman schreibt. Nun liegt er vor: die Abrechnung eines Sohns mit dem Vater
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 39/2014
Vom Wohnzimmer aus hat der Autor einen guten Blick auf die Fensterfront des Hauses gegenüber, wo sein Kollege an seinem Roman arbeitet
Vom Wohnzimmer aus hat der Autor einen guten Blick auf die Fensterfront des Hauses gegenüber, wo sein Kollege an seinem Roman arbeitet

Foto: Sibylle bergemann / Ostkreuz

Von meinem Wohnzimmer aus habe ich einen guten Blick auf die Fensterfront des Hauses gegenüber. An manchen Abenden entspinnt sich hinter den Scheiben eine Alltagschoreografie, ein Ballett unaufgeregt beiläufiger Verrichtungen, dargeboten für mich allein. Denn nur ich kann eine Verbindung herstellen, sagen wir, zwischen dem dicklichen Mann in Unterwäsche im dritten Stock links, der sich ein Spiegelei am Elektroherd brät und dafür just in dem Moment zur Holzkelle greift, in dem die dunkellockige Frau schräg oben im vierten Stock den Deckel ihres Klaviers anhebt, um ihre abendliche Klavierroutine – Tonleitern, kleine Fugen, gefolgt seit Monaten schon von Schumanns Dichterliebe – zu beginnen. Zahllose dieser Szenen habe ich bereits beobachtet, Ges