Der Obelix im Manne

Depardieu Gérard Depardieu hat in einem eigenen Clip sein Flugzeug-Malheur verarbeitet und inszeniert sich als Obelix, der unter Druck steht. Seine Landsleute verzeihen ihm alles

Es war Mitte August, er war auf dem Weg von Paris nach Dublin. Aber bevor das Flugzeug abheben konnte, hatte Depardieu eben noch diese petit souci, eine kleine Sorge. Er machte auf sich aufmerksam, doch die Stewardessen ignorierten Monsieur, der ein Fluggast unter vielen war, bereits angeschnallt.

C'est moi, Depardieu, dachte er, und durfte bei Air France-KLM trotzdem nicht, was ihm ein so dringendes Bedürfnis war: urinieren. Aber weil einer wie er sich nicht vorführen lässt wie ein Schuljunge, und kein Non akzeptiert, hat er es eben mit einer Flasche versucht, er kennt sich ja gut aus mit bouteilles. Aber er hatte das Fassungsvermögen "überschätzt", die Flasche war einfach zu klein für einen "Elefanten", erklärte er hinterher den Journalisten. Also pisste Depardieu in den Gang. Die Stewardessen und die mifliegenden Franzosen - niemand sagte ein Wort. Sie lächelten höflich, auch wenn das Flugzeug umkehren und gereinigt werden musste und erst zwei Stunden später starten konnte.

Die "Druck"-Affäre hat Depardieu hinterher in einem Clip verarbeitet, der auf Youtube inzwischen mehr als 37.000 Mal aufgerufen wurde. In dem Video sitzt der 62-Jährige als Obelix verkleidet in einem vollen Flugzeug, neben ihm Asterix, die Zeitung L' Equipe lesend (gespielt von Schauspieler Edouard Baer). "Her mit einem Wildschwein", ruft Depardieu, "ich brauche es jetzt, ich kann nicht mehr warten". Die Stewardess versucht ihn zu halten, aber Obelix hält nichts. Er steht auf und verschwindet dann einfach aus dem Bild.

Gérard suggeriert: Pas moi, mes amies. Es war der Wilde in mir, der es nicht mehr aushalten konnte. Er minimiert seine Lächerlichkeit, indem er sich selber vorführt und als Getriebener, der sich nicht unter Kontrolle hat, inszeniert. Dabei hatten ihm die Franzosen sowieso längst verziehen.

Mon Dieu, es war Depardieu. Gérard, der Große, ihr Cyrano. Ein Superstar, mit dem sie aufgewachsen sind, einer für alle, soll er doch ruhig eine Diva sein, solche Eskapaden gehören eben dazu. Obwohl Depardieu seine Landsleute in einer BBC-Talkshow schon als "blöd" bezeichnet hat, ist er ein Teil ihrer Familie. Denn so sehen die Franzosen ihre Schauspieler, irgendwie als seien es Freunde. Also muss Depardieu auch nicht Pardon sagen.

Wer kann diesem grandiosen Schauspieler, der nicht trennt zwischen Leben und Rolle, etwas übel nehmen.

Verschiedene Filmszenen hatten schon vorweg genommen, wie weit es real mal mit ihm kommen würde. Auf Youtube wurden sie jetzt zusammengetragen:

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Geschrieben von

Maxi Leinkauf

Redakteurin „Kultur“

Maxi Leinkauf studierte Politikwissenschaften in Berlin und Paris. Sie absolvierte ein Volontariat beim Tagesspiegel. Anschließend schrieb sie als freie Autorin u.a. für Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel und Das Magazin. 2010 kam sie als Redakteurin zum Freitag und war dort im Gesellschaftsressort Alltag tätig. Sie hat dort regelmäßig Persönlichkeiten aus Kultur und Zeitgeschichte interviewt und porträtiert. Seit 2020 ist sie Redakteurin in der Kultur. Sie beschäftigt sich mit ostdeutschen Biografien sowie mit italienischer Kultur und Gesellschaft.

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