Tatort "Gentechnik und Naturschutz sind keine Widersprüche": Ballauf und Schenk befrieden im Kölner "Tatort: Auskreuzung" im Handstreich das Forscher- und Aktivistenmilieu
Köln geht dagegen immer. Gesellschaftlich relevantes Thema (Gentechnik vs. Naturschutz) rein, Mord dazu, und, zack, am Ende
ms aber nicht am schönen Sonntagabend um 20.15 Uhr, weshalb Denn sie wissen nicht, was sie tun am letzten Freitag um 22 Uhr lief.Köln geht dagegen immer. Gesellschaftlich relevantes Thema (Gentechnik vs. Naturschutz) rein, Mord dazu, und, zack, am Ende ist die Lage befriedet ("Alex geht mit in die Staaten. Naturschutz und Gentechnik sind keine Widersprüche"). Nebenbei ist Auskreuzung auch ziemlich lustig (Buch: Karl-Heinz Schäfer, Regie: Torsten C. Fischer), Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) performen einen trockenen Humor ("Na, bitte, hört sich doch viel besser an"/"Sie können ruhig einen Augenblick länger überlegen"), und man würde gern wissen, wie sich eine Folge schaute, in der etwas mehr künstlerisches Wollen herrschte und dem Affen noch mehr Zucker gegeben würde.Der Feind des Witzes sind die fallbezogenen Informationen, die Schenk und Ballauf permanent geben müssen (den ersten Mord mit Trockeneis haben wir trotzdem nicht ganz verstanden). Sowie die Applizierung des Gesellschaftsthemas auf das eigene Leben: Schenk fragt nach dem Erstkontakt mit dem Fall in der Kneipe natürlich umgehend nach der gentechnischen Basis der Pommeskartoffeln, wie überhaupt dieser Kneipenbesuch nur für diese Frage da ist.Siamesische ZwillingeWas zu lernen ist über die Wirklichkeit: Der Konkurrenzdruck im Forschungsmilieu ist derbe hoch und dazu auch noch gewollt, und wie alles, was gewollt ist, aber unsinnig und vielleicht auch unmenschlich, heißt das dann "kreativ". Was dann aber nicht so recht vermittelt wird, wieso es ungelernte Kräfte bis zur Mitarbeit an wissenschaftlich bedeutsamen Aufsätzen schaffen (90 mal zitiert!). Die Nummer mit der mangelhaften, gephotoshoppten Versuchsreihe, mit der – what a Name! - Rubener (für einen kurzen Moment den Traum gehabt, dass der große Misel Maticevic nicht der Böse sein müsste, aber nicht der Böse sein, das darf er dann nur bei Dominik Graf in Komm mir nicht nach aus dem Dreileben-Projekt) durchzukommen glaubt, wirkt etwas hanebüchen: Beschiss im Forschungsmilieu läuft doch anders (fremde Federn, Plagiat). Die Engführung der Karrieristenforscher-Lara und des Idealistengengegners Alexander (Tom Schilling) als Sandkastenpaar aus Greifswalder Tagen samt pathetischem Liebesschmerz (Siamese twins) gibt Rätsel auf, weil das vorhandene Potential der Gegenüberstellung zugunsten des Ausgleichs ("mit in die Staaten") ignoriert wird.Auf der Nebenhandlungsebene wird über die Charaktere des Ehepaars Ballauf-Schenk variiert ("Kann's sein, dass du ein Problem mit intelligenten Frauen hast?"), Alfred (touché, Franzi!) "Freddy" Schenk verguckt sich halb in die Forscherin Lara Bahls (Luise Berndt), derweil der gebeutelte Ballauf mal wieder von einem Leben heimgesucht wird, das er nicht hat, in Gestalt des Sohnes Finn (Kai Malina), von dem wir trotz des illegalen Nasenbluttaschentuchvaterschaftstest beim Doc (Joe Bausch) nie erfahren werden, ob er's nun ist. Der Alkoholabusus und gewisse widerkehrende Verhaltensmuster ("Das hab ich auch mal gemacht") sprechen indes eine eindeutige Sprache.Für Köln also: überdurchschnittlich, die Kamera von Theo Bierkens darf auch mal aus der Ferne auf den tollen Windhund von Professor Kaltenbruch (Klaus Schindler) und seine Begleiter halten. Das mit dem Hund weckt Sehnsüchte: Wie Kaltenbruch, der unveränderbare, dauerhafte Oben seinen Status und die dazugehörige snobistische Eleganz durch eben dieses Tier vorzeigt. An den Nerven zerrt nur die Lara-Forscherin, die spricht, wie eine ironiefremde Kathrin Angerer auf Valium. Und Tom Schilling als junger Stutzer der Weltrevolution (müssen eigentlich alle engagierten Figuren immerfort durch alte VW-Busse desavouiert werden; im Van-Segment der Automobilbranche ist doch in letzten Jahren unheimlich viel passiert) sehen wir seit seinem Auftritt in der desaströsen Tabori-Verfilmung Mein Kampf von Urs Odermatt immerfort nur le jeune Schicklgruber.Darüber hinweg tröstet der Rollenname. Alexander Geyda – wer denkt da nicht an Arkadi Gaidar und dessen Bestseller über einen Trupp jugendlicher Handlanger des Guten: Тимур и его команда.Don't try this at home: wie Finn einfach an die Zimmerwand pullernSchöne Grüße an die Kollegen: Das Kennzeichen von Prangels Porsche fängt an mit "K-DD"
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