Eher widerwillig hat ihn Yassir Arafat zum Ministerpräsident ernannt. Aber das ist nur ein Grund dafür, dass Machmud Abbas (Abu Masen) um sein Amt nicht zu beneiden sein wird. Schon sehr lange nicht mehr schien ein souveräner palästinensischer Staat in so weiter Ferne wie heute. Zudem darf Abbas im eigenen wie im Feindeslager nicht auf viel Sympathie und Unterstützung hoffen. Der ob seiner schleichenden Entmachtung alarmierte Arafat wird alles daran setzen, die Handlungsfreiheit seines Premierministers einzuschränken. Auch die palästinensische Bevölkerung zeigt sich bislang vom Aufstieg des Machmud Abbas wenig begeistert, gilt der doch bei vielen als von Israel und den USA eingesetzte Marionette, die keineswegs die wirklichen Interessen der Palästinenser im Auge hat. So gewinnt in den Slums von Gaza die radikale Hamas an Einfluss, die schon bei den gescheiterten innerpalästinensischen Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Kairo keinen Respekt für Machmud Abbas´ Appell zum gewaltlosen Widerstand gezeigt und angekündigt hatte, jede Annäherung der Konfliktparteien mit Gewalt zu zerstören. Zu guter Letzt ist da noch Ariel Sharon, der einen willigen Vollstrecker sucht, um seiner Vision von einer Bantustanisierung der Autonomiegebiete folgen zu können.
Allein US-Präsident Bush hat es in der Hand, ob Abbas und die Diplomatie noch einmal eine Chance erhalten. Die USA könnten mit der Road Map dem Friedensprozess in Nahost neues Leben einhauchen. Die lang angekündigte Veröffentlichung dieses Planes wird in Ramallah ebenso wie in Jerusalem ängstlich erwartet. Entscheidet sich Bush für die von den Israelis veröffentlichte »modifizierte Version«, die nicht mehr klar von einem palästinensischen Staat spricht, sondern nur von »gewissen Attributen der Selbstständigkeit«, und den Palästinensern einen »territorialen Zusammenhang« nur dort gewähren will, »wo das möglich ist«? Oder - so sorgt sich Sharon - musste Bush die Allianz mit Tony Blair im Irak-Krieg mit dem Versprechen erkaufen, die unrevidierte Version der Road Map gegen den Widerstand der Israelis durchzusetzen?
Noch sind die Konturen einer möglichen Neuordnung in den Rauchschwaden über Bagdad nicht zu erkennen. Sicher ist jedenfalls, dass Bush mit der Bekanntgabe seiner Optionen bis zum Ende des Krieges warten möchte. Darin ist er sich mit Premierminister Machmud Abbas einig. Auch der möchte die Schlacht um Bagdad lieber abwarten, denn die - ansonsten begehrte - Einladung nach Washington mit Fototermin beim lächelnden Präsidenten wäre in Zeiten, da amerikanische Bomben den Irak in Schutt und Asche legen, der Reputation unter den Palästinensern wenig zuträglich. Ariel Sharon ist sowieso jede Verzögerung recht. Ihn beherrscht weiter die Hoffnung, dass »aufgeschoben« vielleicht auch »aufgehoben« bedeuten könnte.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.