Überflüssige Durchsuchung

Stuttgart 21 Gestern ist die Polizei in Räume von Stuttgart21-Gegnern eingedrungen. Carola Eckstein von den „Parkschützern“ über eine unverhältnismäßige Polizeiaktion

Der Freitag: Frau Eckstein, Sie protestieren seit langem gegen Stuttgart 21. Gestern wurden die Räume der „Parkschützer“ durchsucht. Weshalb?

Carola Eckstein: Es ging um Beweismaterial, das Gewalt gegenüber der Polizei während einer Anti-Stuttgart21-Demo belegen sollte. Die Hausdurchsuchung wurde damit begründet, dass das Video- und Bildmaterial nicht übergeben worden sei. Dabei gab es nicht mal eine Anfrage von Seiten der Polizei oder der Staatsanwaltschaft. Wir hätten auch keinen Grund, Material zurückzuhalten. Im Gegenteil: Wir sind daran interessiert, dass die Informationen über die Vorgänge am 20. Juni öffentlich verfügbar sind.

Was ist gestern genau passiert?

Die Polizei stand am frühen Morgen bei unserem Sprecher Matthias von Herrmann vor der Tür. Er war aber nicht zu Hause. Dann wurde uns mitgeteilt, dass die Polizei auch einen Durchsuchungsbefehl für das Büro der Parkschützer habe. Daraufhin gab es um neun Uhr ein Treffen im Parkschützer-Büro und Matthias von Herrmann hat die Videos und Bilder übergeben.

Hat die Polizei-Aktion etwas gebracht?

Das Material ist auf jeden Fall nicht neu. Wir haben schon vor längerer Zeit eine Pressekonferenz gemacht, weil wir wollten, dass dieses Material bekannt wird. Es steht alles im Netz.

Was ist auf den Videos zu sehen?

Die Aufnahmen zeigen sehr deutlich, dass der Zivilpolizist sehr aggressiv aufgetreten ist und provoziert hat. Die Bilder belegen, dass die Darstellung der Polizei zu den Vorfällen am 20. Juni in ganz vielen Punkten falsch ist.

Wie war es denn in Wirklichkeit?

Nach allem, was wir bislang sehen und erschließen können, hat der Zivilpolizist die Auseinandersetzung gesucht. Zwei Personen sind in eine Schlägerei mit ihm hineingeraten. Es waren aber sofort Demonstranten da, die diese Auseinandersetzung beendet haben. Sie haben auch dafür gesorgt, dass der Zivilpolizist aus der Menge hinausgeleitet wurde.

Hat sich die Lage zuspitzt? Wird der Protest gegen Stuttgart21 nun härter?

Das sehe ich nicht. Die Provokationen der Polizei werden extremer.

Wie reagieren Sie als Organisation auf die zunehmende Gewaltgefahr?

Wir haben einen Aktionskonsens. Es gibt ein ganz klares Bekenntnis zum gewaltfreien Widerstand.

Und wenn es doch zur Gewalt kommt?

Man wird nie verhindern können, dass irgendwo ein Verrückter unterwegs ist. Man wird auch nie verhindern können, dass irgendwem der Kragen platzt. Aber wir wollen keine Aggression und jeder kann dazu beizutragen, solche Situationen zu entspannen. Wir sehen auch, dass es viele Demonstranten gibt, die von den anderen Demonstrationsteilnehmern Gewaltfreiheit einfordern.

Wie stehen Sie zur Polizei – jetzt, nach der Durchsuchung?

Wir verurteilen scharf, dass die Polizei mit solchen Methoden arbeitet. Das Aktionsbündnis hat aber auch erst kürzlich ein Gespräch mit der Polizei geführt und dabei ist klar geworden, dass wir mit vielen Beamten kein Problem haben. Es ist anscheinend so, dass es Ausnahmen gibt. Diese Polizisten handeln völlig losgelöst von dem Konsens innerhalb der Polizei.

War das gestern die erste Durchsuchung?

Es gab schon zwei weitere Hausdurchsuchungen bei Zeugen, die am 20. Juni die Rangelei beobachtet haben. Außerdem wurde eine Demonstrantin angeklagt, dabei wollte sie schlichtend eingreifen. Die Polizei geht unverhältnismäßig vor, denn alle Bilder und Videos zeigen, dass diese Person versucht hat, mäßigend einzuwirken und die Auseinandersetzung zu beenden.

Das Gespräch führte Michael Götting

Weitere Informationen unter . Das Bildmaterial zu den Vorfällen am 20. Juni kann heruntergeladen werden.www.bei-abriss-aufstand.dehier

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