Gesucht: Platz in der Parteienlandschaft

Die Linke in der Krise Umfragewerte um die 5 Prozent, wenig mediale Aufmerksamkeit und ein ziemlich ungewisser Ausgang der Wahl in Niedersachen. Die Linke kann sich nicht als soziale Opposition profilieren, trotz sozialer Krise. An was liegt das?

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Die Partei Die Linke steckt fest in ihrer Krise und verharrt in Umfragen bei um die 5 Prozent. Dabei benötigt die politische Landschaft in der aktuellen Situation eigentlich eine Partei in der Opposition, die sich mit linken Positionen der Regierung entgegenstellt und den Menschen ein alternatives Angebot macht. Leider ist die Ursache für die aktuelle soziale und wirtschaftliche Krise auch der Grund, warum die Linke so tief im Krisenmodus festgefahren ist.

Das große Problem der Linken ist Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine. Besser gesagt, die Haltung zu diesem Krieg. Auf der einen Seite steht der Teil der Partei, der die NATO, die nationalistische Ausrichtung der Ukraine und die Verletzung russischer Sicherheitsinteressen als Ursachen für den Kriegsausbruch betrachtet. Der Teil, der schon seit dem Euromaidan die Entwicklungen in der Ukraine kritisch betrachtet, schon lange die Bandera-Verehrung und das Verbot der russischen Sprache scharf kritisiert und angeprangert hat. Es ist der Teil der Linken, den ein Anti-Amerikanismus eint und der die NATO zutiefst ablehnt.

Diesem Teil steht wiederum die Anschauung gegenüber, dass Russland ganz allein, ohne Wenn und Aber, die Schuld an diesem Krieg trägt und dass man die Regierung in Kiew unterstützen muss. Alles andere gilt als unsolidarisch der ukrainischen Bevölkerung gegenüber. Es ist der Teil der Linken, der Verständnis für Waffenlieferungen zeigt und der die NATO nicht mehr grundsätzlich überwinden will. Wo es sogar die Forderung gab, die Linksfraktion sollte im Bundestag sich zumindest enthalten bei der Abstimmung über den Beitritt von Schweden und Finnland zur NATO, ein Nein würde in der Bevölkerung nicht nachvollziehbar sein.

Am Ende ist es der alte, nie richtig inhaltlich gelöste Konflikt der Linken, der sich darum dreht, ob die Partei eine radikale, sozialistische Oppositionspartei sein will oder eine im Bund regierungsfähige linke Partei. Die sich als Teil einer Mitte-Links-Koalition mit SPD und Grünen arrangieren kann. Logisch betrachtet sind aber dann auch die Zielsetzungen dieser beiden Ausrichtungen grundverschieden. Die Opposition-Linke müsste sich klar abgrenzen von den „bürgerlichen“ Mitte-Links Parteien mit radikalen und nicht verhandelbaren Visionen und Forderungen wie der Überwindung des Kapitalismus, einem Ende der NATO und dem Auflösen des geopolitischen Bündnisses mit den USA. Im Gegenzug dazu könnte die Regierung-Linke auf Bundesebene nur dann salonfähig werden, wenn sie sich als linke Partei definiert, die den Kapitalismus per se ablehnt, sich aber damit abfindet, dass er existiert und ihn so sozial und gerecht wie möglich mitgestalten will. Forderungen wie ein Ende der NATO und ein Anti-Amerikakurs in der Außenpolitik müssten zugunsten des Zugangs ins bürgerliche Mitte-Links-Lager aufgegeben werden. Sozialpolitische Forderungen und die Umverteilung von unten nach oben könnten nur noch in einem Rahmen angestrebt werden, der das System im Ganzen nicht umwirft. Am Ende also eine Art linke, vor-Agenda SPD.

Die Frage ist, ob Deutschland eine Linke braucht, die sich ohne Rücksicht auf Verluste sozialistischen und linksalternativen Visionen verschreibt und sich als der konsequent linke Gegenentwurf zu SPD und Grünen präsentiert? Oder ob das Potenzial für eine sozialere und grünere Partei im Mitte-Links Lager vorhanden ist, die als soziales und ökologisches Gewissen in diesem Lager auftrifft und als solches vom Wähler auch als Mehrwert betrachtet und gewählt wird?

Bei der letzten Bundestagswahl hat die Linke in der Fläche verloren. Verluste gab es in Bundesländern und Wahlkreisen, in denen tendenziell eher der Oppositionskurs favorisiert wird, aber auch dort, wo die Partei eher dem Regieren nahe steht und kein fundamentales Problem mit SPD und Grünen hat. Aktuell steht die Linke leider für nichts Ganzes und nichts Halbes. Die NATO ist eigentlich schlecht und sollte laut Parteiprogramm überwunden werden. Gleichzeitig ist aber auf einmal Russland ja viel gefährlicher und die NATO dann doch nicht ganz so verkehrt. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete werden offiziell abgelehnt und wurden auch in früheren Kriegen nie ernsthaft als Mittel zum Zweck diskutiert, jetzt aber gibt es Stimmen, die Waffen für die Ukraine als zwar ungeliebtes, aber einzig wirksames Mittel gegen Russlands Aggression in Kauf nehmen. Dies Hin und Her schreckt zum einen die stramm linke Klientel ab, die der NATO eine Mitschuld zuweist, aber auch die eher linksliberale Wählerschicht, die sich dann vom grünen Original besser vertreten sieht, in Sachen Hilfe zur Selbstverteidigung durch Waffenlieferungen.

Am Ende wird sich die Partei ausrichten müssen in eine der beiden Zielsetzungen. Die Zeiten, in der die SPD mit sich selbst beschäftigt war und die Grünen als Öko-Partei sich mit dem Veggie-Day Eigentore schoss, sind lange vorbei. Es gibt wieder eine sozialdemokratische SPD, die sich vom Dogma der Schröder-SPD gelöst hat und die sich auch nicht mehr scheut eine Vermögenssteuer zu fordern. Es gibt nun eine grüne Partei, die sich vom SPD-Anhängsel gelöst hat und selbstbewusst das Streben von Teilen der Gesellschaft nach Diversität, Antirassismus und Klimaschutz bedient. Und es gibt die Partei Die Linke, die um ihren Platz in der Parteienlandschaft noch innerlich ringen muss.

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Geschrieben von

MonsieurC

Meinung und Kommentar mit Schwerpunkt Politik."Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker" (Che Guevara)

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