So schenkt man richtig

Weihnachten Schenken ist das Komplizierteste an Weihnachten - bis man diesen Leitfaden gelesen hat.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Ich erhalte nicht viele Geschenke. Selbst schenke ich noch viel weniger.

Wahrscheinlich ist das besser so. Sowohl das Erhalten von Geschenken als auch Schenken werden leicht zu einer traurigen Angelegenheit. Ich erinnere mich an die Zeiten, als ich stundenlang in Buchhandlungen stöberte, um ein passendes Buch als Geschenk für jemanden auszuwählen. Jahre später hatte die Beschenkte es noch immer nicht gelesen. Genauso traurig war es, als mir jemand einen Gutschein für ein Meeresfrüchterestaurant überreichte, oder immer wenn jemand eine Flasche Alkohol mitbringt, ohne zu wissen, dass ich nichts trinke. Oder die dicken Handschuhe vor dem Umzug in die Sahara. Oder das großflächige Ölgemälde, wenn ich in wenigen Wochen mit nur zwei Taschen nach Argentinien ziehe.

Die meisten dieser Missgeschicke passieren weil der Schenkende entweder gar nicht nachdenkt oder das schenkt, was ihm selbst gefällt, und dabei annimmt, dass alle Menschen den gleichen Geschmack haben, oder sich vorstellt, was die andere Person mögen sollte oder was er an der Stelle des Beschenkten erhalten wollen würde. Das funktioniert nur selten. Es kann so weit gehen, dass ein auf den ersten Blick großzügiges Geschenk zu einem geradezu egozentrischen Akt wird, mit dem der Schenkende dem Empfänger seinen Willen aufzudrängen versucht, z.B. durch die implizite Aufforderung “Du liest besser dieses Buch” oder “ändere endlich Deine Kleidung” oder “Deine Wohnung sieht viel besser aus, wenn Du das Bild aufhängst, das ich Dir gemalt habe”. Es ist eine Form der Nötigung. Im Falle der Einladung zu einer Zirkusvorführung, die man eigentlich gar nicht sehen wollte, wird Euch sogar Eure Zeit gestohlen.

“Du machst das mit dem Schenken so kompliziert, ich schenke am besten gar nichts mehr,” höre ich Euch sagen. Das ist eine Lösung. Aber für die, die weiterhin schenken und beschenkt werden wollen, gibt es noch weitere Lösungen.

  1. Schenkt Geld. Das findet jeder nützlich, und die Beschenkten können es für etwas ausgeben, was sie wirklich wollen oder benötigen. Ich gebe aber zu, dass es etwas unromantisch aussieht, und bei einem Rendezvous könnte es fehlinterpretiert werden.
  2. Schenkt etwas, was jeder braucht. Es wäre so einfach, wenn es gesellschaftlich akzeptabel wäre, Brot, Milch, Tiefkühlpizzas, Karotten und andere Gegenstände zu schenken, die jeder braucht. Dabei gäbe es aber natürlich noch immer Unterschiede, denn nicht alle Menschen auf der Welt finden immer alles gleich nützlich. Es gibt Orte und Zeiten, wo Munition oder Verbandsmaterial sehr gefragt sind. Wenn ich mich auf eine Sache festlegen müsste, die weltweit nützlich ist und die jeder Mensch braucht, wäre es Toilettenpapier, was den zusätzlichen Vorteil hat, keinem Verfallsdatum zu unterliegen. Selbst wenn Euch 10 Freunde jeweils 10 Rollen schenken, werdet Ihr diese irgendwann aufbrauchen.
  3. Fragt Leute, was sie sich wünschen. Das ist nun wirklich einfach und sollte das Mindestmaß an Höflichkeit unter zivilisierten Menschen darstellen, bevor man in der Wohnung von jemandem auftaucht und eine Kiste voll unerwünschter Sachen zurücklässt. Wenn jemand zu schüchtern oder höflich ist und mit “oh nein, Du musst mir nichts schenken” antwortet, erklärst Du ihm: “Ich weiß, dass ich nicht muss, aber ich will. Also, was zum Henker nochmal brauchst Du?” Wenn derjenige dann immer noch vorgibt, wunschlos glücklich zu sein, lasst Ihr es eben bleiben, und der Nichtbeschenkte erhält eine kostenlose Lektion über die Folgen übertriebener Höflichkeit.
  4. Der nächste Schritt ist eine Wunschliste. Stellt eine Liste mit Dingen (oder Aktivitäten) zusammen, die Ihr gerne haben würdet. Wer immer Euch etwas schenken will, wird sich freuen, weil er sich sicher sein kann, dass er Euch nichts schenkt, dass dann ungenützt in der Schublade verschwindet.
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Moser

Nach Abschlüssen in Jura und Philosophie studiere ich jetzt Geschichte, ziehe um die Welt und schreibe darüber.

Andreas Moser

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden