Jeder, der schon einmal den kommerziellen Musiksendern im Radio gelauscht hat, ist sicherlich dem Eindruck erlegen, dass die Pop-Musik größtenteils sehr ähnlich klingt. Es wäre doch dann aber zu einfach, diese Beschwerde als das bloße Nörgeln der Alten und der Zyniker abzutun, doch tatsächlich bestätigt die Wissenschaft: Die Pop-Musik ist im Laufe ihrer Geschichte sehr homogen gewesen – und wird es sogar immer mehr.
In einer Studie aus dem Jahr 2014 untersuchten Wissenschaftler aus den USA und Österreich über 500 000 Alben über 15 Genres und 374 Sub-Genres. Die Komplexität jedes Musik-Genres im Laufe der Zeit wurde mit seinen Verkäufen verglichen. Und fast immer war es so, dass Genres mit zunehmender Popularität immer ähnlicher klangen.
Für sich genommen bedeutet dies jedoch nicht viel, da Genres und Sub-Genres immer wieder auseinander hervorgehen. Es mag als Binsenweisheit betrachtet werden, dass ein Genre als etabliert gilt, sobald seine Regeln definiert sind – und dass, sobald das Genre etabliert ist, Abweichungen davon in neuen Genres oder Sub-Genres resultieren. So entwickelte sich beispielsweise Funk als ein neues Genre aus dem Soul und R’n‘B heraus, mit einem weit stärkeren Fokus auf den Bass und den rhythmischen Groove.
Eine andere Studie aus dem Jahr 2012 untersuchte die Entwicklung der westlichen Popmusik, indem sie auf ein großes Archiv zurückgriff, das als das ‚Million-Song-Dataset‘ bekannt ist, und das eine gewaltige Menge an Daten über den Inhalt jedes Songs enthält. Sie fand heraus, dass zwischen 1955 und 2010 die Songs lauter und weniger vielfältig in Bezug auf ihre musikalische Struktur geworden sind.
Dies sind Trends – doch die Wahrnehmung vieler Zuhörer ist, dass diese Homogenisierung der Musik in den letzten Jahren einen großen Sprung vorwärts gemacht hat. Und es gibt eine Reihe wichtiger, technologischer Entwicklungen, die dies möglich gemacht hat.
Der Krieg der Lautstärke
Kompression über einen großen Dynamik-Bereich ist das (meist automatisierte) kontinuierliche Anpassen der Level eines Audio-Signals mit dem primären Ziel, die Variationen in der Laustärke zu reduzieren.
Ihre übermäßige Anwendung hat zu einem „Krieg der Lautstärke“ geführt. Der Musiker, der eine laute Aufnahme haben möchte, der Produzent, der eine Klangmauer haben möchte, die Techniker, die sich mit den wechselnden Lautstärke-Leveln während der Aufnahme befassen, die Ingenieure, die die Inhalte für die Veröffentlichung vorbereiten und die Sendeanstalten, die um Zuhörer kämpfen, sind alle Kämpfer in diesem Krieg der Lautstärke.
Doch der Krieg der Lautstärke ist möglicherweise bereits an seinem Höhepunkt angelangt. Audiowissenschaftler äußern sich besorgt darüber, dass die anhaltende Lautstärke neuer Platten Hörschäden produzieren könnte und Musiker heben das Problem mit der Klangqualität hervor. Es wurde einmal jährlich der Tag des dynamischen Ausgleichs ins Leben gerufen, um das Bewusstsein dafür zu stärken. Es entstand die Non-Profit-Organisation ‚Turn Me Up!‘, um Aufnahmen mit einer größeren dynamischen Bandbreite zu bewerben.
Normierungsorganisationen haben Empfehlungen dafür bereitgestellt, wie Lautstärke und Lautstärke-Bereiche für die zu veröffentlichenden Inhalte gemessen werden können. Sie haben auch die jeweils angemessenen Bereiche für jene Werte empfohlen. Zu den Entwicklungen mit dem Ziel, einen Waffenstillstand im Krieg der Lautstärke zu etablieren, war es ein weiter Weg.
Und dann kam der Autotune
Doch es gibt noch einen anderen technologischen Trend, der keine Anzeichen des Niedergangs zeigt. Autotune, von einer überraschend hohen Anzahl der Plattenfirmen heutzutage benutzt, um die Tonhöhe ihrer Sänger zu korrigieren, entstammt ursprünglich einem Nebenprodukt in der Bergbauindustrie.
Von 1976 bis 1989 arbeitete Andy Hildebrand in der Ölindustrie und wertete seismische Daten aus. Durch das Senden von Schallwellen in den Boden konnte er die Reflexionen aufdecken und potentielle Bohr-Standorte ausmachen. Er untersuchte die Benutzung von Schallwellen, um unter der Erde Öl aufzuspüren. Hildebrand, allgemein bekannt als Dr. Andy, hatte Komposition an der Rice University in Houston, Texas, studiert und wandte sein Wissen in beiden Bereichen an, um Audioverarbeitungsprogramme zu entwickeln. Das berühmteste ist eben jenes Autotune.
Bei einer Abendgesellschaft forderte ihn ein Gast heraus, ein Werkzeug zu entwickeln, das dabei helfen würde, richtig zu singen. Basierend auf dem ‚Phase Vocoder‘, der eine Reihe mathematischer Methoden anwendet, um die Frequenzdarstellung eines Signals zu manipulieren, entwickelte Hildebrand Techniken, um Töne auf musikalisch relevante Art und Weise zu analysieren und zu bearbeiten. Hildebrands Kollege, Antares Audio Technologies, veröffentlichte Autotune Ende des Jahres 1996.
Autotune war darauf ausgerichtet, falsche Töne zu finden und zu kaschieren. Es bewegte die Höhe einer Note zum nächstmöglichen, korrekten Halbton (das nächste musikalische Intervall in der traditionellen, oktavenbasierten westlichen Tonmusik), und ermöglichte so, dass die Gesangsleistung für die Ohren einigermaßen gefällig war.
Das ursprüngliche Autotune besaß einen Geschwindigkeits-Parameter, der zwischen 0 und 400 Millisekunden eingestellt werden konnte. Dieser bestimmte, wie schnell die Note zur Zielhöhe bewegt wurde. Techniker erkannten schnell, dass dies als ein Effekt genutzt werden könnte, um Töne zu verfälschen und es klingen zu lassen, als ob der Ton von Note zu Note springe, während er dabei perfekt und unnatürlich im Einklang bleibt. Es gibt der Stimme außerdem einen künstlichen, synthesizerartigen Klang, der je nach persönlichem Geschmack irritierend oder angenehm sein kann. Dieser unübliche Effekt wurde der Markenzeichen-Sound von Chers Song ‚Believe‘ vom Dezember 1998, der die erste kommerzielle Aufnahme darstellte, die den hörbaren Nebeneffekt von Autotune bewusst anwendete.
Techniker und Interpreten fanden eine kreative Möglichkeit, Autotune zu nutzen, der von der intendierten Nutzung deutlich abwich. Wie Hildebrand sagte: „Ich hätte niemals erwartet, dass jemand bei klarem Verstand so etwas wollen würde“. Dennoch sind Autotune und konkurrierende tonhöhenkorrigierende Technologien, wie beispielsweise ,Celemony’s Melodyne‘, mittlerweile bei Amateur- und bei professionellen Aufnahmen – sowie über viele Genres hinweg verbreitet und werden künstlerisch angewendet – egal, ob dies nun so gedacht war oder nicht.
Es ist sogar so vorherrschend, dass es heutzutage beinahe universell bei kommerzieller Pop-Musik erwartet wird. Kritiker sagen, dies sei einer der Hauptgründe, warum heutzutage so viele Aufnahmen gleich klängen (obwohl der Lautstärke-Krieg und die generelle Überproduktion auch bedeutende Faktoren sind). Und einige junge Zuhörer, die damit aufgewachsen sind, mit Autotune bearbeitete Musik zu hören, glauben sogar, dass ein Sänger mangelndes Talent hat, wenn sie eine unbearbeitete Stimme hören.
Autotune wurde in der Musik, beim Fernsehen und in den sozialen Medien verspottet. Das Time Magazine bezeichnete es sogar als eine der „50 Schlimmsten Erfindungen“. Dennoch, wenn auch dezent, wächst die korrigierende und kreative Nutzung weiterhin. Und wenn Sie Chris Brownnicht mehr von Kanye West unterscheiden können, dann könnte dies an Dr. Andy liegen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf netzpiloten.de
Kommentare 6
Der Siegeszug der Dynamikkompression sowie der verstärkte Einsatz von Autotune ist sicherlich der kommerziellen Verwertung geschuldet. Mehr »Wums«, und das möglichst konstant, ist – Dance, Disco, House und Techno sei es mitgedankt – seit den 1990ern der Haupttrend in der Musiktechnik schlechthin. Ebenso die Perfektion, der man mit Klangkorrrekturen nötigenfalls auf die Sprünge hilft. Möglich also, dass ich bei Cher und Believe (das ich in der Tat für ein supergeiles Stück halte) konditioniert bin.
Wir kriegen also die Differenzen nicht mehr mit – den Wechsel zwischen laut und leise, zwischen langsam und schnell. Die Wechsel selbst werden unmodern. Ergebnis: die im Artikel prognostizierte Popmusik-Einheitssauce. Ungeachtet dessen kann ich der kulturpessimistischen Note des Beitrags nicht ganz folgen. Zum einen erscheint es mir fraglich, allein auf Basis einer Datenstruktur-Analyse einen (langfristigen) Trend zu konstruieren. Meines Wissens ging das mit den Kompressionstechniken (und entsprechend der Forcierung des Bass-gestützten Rhythmus) richtig erst seit den Neunzigern los. Meines Erachtens ein Indiz, dass die Untersucher auch die »Lautheit« von Rockmusik als Negativ-Indikator verwandt haben. Da sind wir dann nicht mehr weit weg vom Elitarismus Adornos und der kulturpessimistischen Kulturkritik von Spengler.
Wesentlicher Punkt scheint mir allerdings zu sein, dass die haupt-vereinheitlichenden Parameter gar nicht erst untersucht wurden (und in obigem Beitrag entsprechend randständig auftauchen): der ökonomische Druck hin zu Formatradio, zu uniformer Beschallung, zu Haupt-Genres und kaufkräftigen Märkten generell. Wesentlich schlechter geworden sein dürfte seit den 1980ern auch die Verhandlungsposition von Musiker(inne)n. Fazit, wie der schöne Spruch schon sagt: It’s the economy, stupid! Und nicht die Vorliebe für Dynamikkompression und Autotune – die im Kampf um die größtmögliche Penetrierung der Musikmärkte lediglich technische Hilfsmittel sind.
Wie kann’s weitergehn? Ich sehe die Entwicklung weitaus optimistischer. Im Zug der fortgeschrittenen Globalisierung wird auch die Popmusik zunehmend globaler und internationaler. Neue Ethno-Sounds werden frischen Wind bringen – und nicht nur das. Sie werden auch das Kennenlernen entsprechend beschleunigen. Cumbia in London, Rai in Paris, Irish Folk in St. Petersburg, African Beats in Rio. Das ist die Entwicklung – wobei es den Schuß Sexyness und Rebellion gratis dazu gibt. Wie stark die Aufnahmen schlussendlich komprimiert oder perfektioniert wurden, ist dabei Nebensache. Und seien wir ehrlich: ein iTunes-Stück von heute klingt einfach um Längen besser (und im Zweifelsfall authentischer) als eine Schelllack-Platte von 1930.
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Unsere Dudel- und Quasselradiosender sind eben weichgespült, ob das Musik oder Politik oder sonstwas ist. Bloß nicht anecken. Totaler Mainstream! Schrecklich!
Nun zur Musik. Computerprogramme können mittlerweile Songs, die von absolut Unmusikalischen mit fortgeschrittener Angina und Stimmbandentzündung, mit total verstimmten Instrumenten aufgenommen wird, in genormten Genren fehlerfrei aufgenommen werden. Die Authenzität der Musiker spielt keine Rolle mehr.
Dabei machte es in vordigitaler Zeit den großen Reiz aller Musikrichtungen aus, dass Instrumente nicht 100 Prozent richtig gestimmt waren, Einsätze aller Instrumente auf 1/1000 Sekunde erfolgten. Das gilt für die gesamte Musikgeschichte. Einige Stilarten hätten sich bei der heutigen digitalen korrekten Trostlosigkeit gar nicht entwickeln können. So z.B. Jazz, der von falschen Tönen (Bluenotes) verzögerten Einsätzen (Synkopen, Swing) lebt, hätte nie mehr als eine regionale Bedeutung irgendwo im Mississippi Mündungsgebiet gehabt. Für Klassik gilt das gleiche. Die an Tänze oder Chöre angelehnten Musikstücke, das sind fast alle zwischen Palestrina und Strawinsky, erhalten ihren Reiz, ihre Spannung, ihren Schwung aus eben nicht ganz exakt gestimmten Instrumenten und verzögerten Einsätzen (1/32 oder 1/64 Note zu früh oder zu spät) einzelner Instrumente. Selbst penible und perfektionistische Dirigenten , wie Karajan z.B., wussten das und setzten es ein.
Warum lassen gute Musiker aller Genres heute endlich wieder ihre Aufnahmen wieder parallel zur CD und DVD wieder auf Vinyl pressen? Zu einem Verkaufspreis der ca. 30 Prozent über dem digitalen Schnickschnack liegt. Weil eine Vinyl LP vom Sound her nicht der aneren 100 Prozent gleicht.
Dem vom digatalisierten Mainstream Radio berieselte Publikum kennt leider nichts anderes mehr. Lebendige Musik von lebendigen Menschen gemacht wird ihm voenthalten. Schlimmstenfalls redet man ihm ein, dass der tote Digitalkram viel besser sei.
Warum lassen gute Musiker aller Genres heute endlich wieder ihre Aufnahmen wieder parallel zur CD und DVD wieder auf Vinyl pressen? Zu einem Verkaufspreis der ca. 30 Prozent über dem digitalen Schnickschnack liegt. Weil eine Vinyl LP vom Sound her nicht der aneren 100 Prozent gleicht.
Der Trend zu Vinyl ist allerdings einer Minderheit von High-End-Enthusiasten geschuldet, die schon die winzigen Unterschiede in dem leicht reduzierten digitalen CD-Algorithmus gegenüber der analogen Vinyl-Pressung auf ihren High-End-Anlagen zur Religion erheben.
Die Unterschiede gibt es zwar tatsächlich (besonders in der Dynamik), sie sind aber marginal und vom "gemeinen" Konsumenten nicht wahrnehmbar.
Hier geht es aber um die MP3-Generation, die es gewohnt ist, höchst komprimierte Konserven, bei denen die natürliche Dynamik völlig verloren ging, meist über Ear-In-Hörer zu konsumieren. Mit Qualität hat das sowieso nichts zu tun, im Vergleich zum "Original" eher unzumutbar.
Damit es aber wenigstens ein gutes Bauchgefühl macht, wenn der Kopf schon nicht befriedigt wird, haben die Radiostationen diesen Wumsfaktor vor ein paar Jahren eingeführt, der aber als Nebenwirkung das Hörmaterial akustisch egalisiert.
So kommt wenigstens in der unteren Hälfte des Körpers auch bei Mini-Hardware noch Signifikantes an.
Warum auch nicht?
Hinweis: Dynamik in der Musik ist der Unterschied zwischen der leisesten und der lautesten Stelle des Stücks.
Bei den aktuell hoch komprimierenden Verfahren geht diese fast vollständig verloren, was auch zu dem Eindruck von Einhgeitsbrei führt. Da Radiosender keine CDs oder gar Vinyl abspielen, sondern von Daten-Servern, erklärt sich auch der Qualitätsverlust und die gleichzeitige Verwechselbarkeit im gesendeten Material.
"Warum irgendwann alle Popsongs gleich klingen werden."
Diese Befürchtung kennen wir ja gefühlt schon ewig. Wann ist irgendwann? Es hat eben viel mit der Perspektive und dem musikalischen Horizont zu tun, den jemand oder auch eine Gesellschaft, pardon: die Konsumenten, haben. Wer in einem großen Spektrum -- Alte Musik, Klassik, traditionelle- oder "Ethno"-Musik, Jazz bis eben Pop -- zu Hause ist bzw. dieses kennt wird anders urteilen, als jemand, dessen musikalisches Gedächtnis gerade mal bis zu Elvis zurückreicht. Und diese beiden wiederum und jeweils ganz anders, als das Kind unserer Tage, das mit Justin Bieber oder gleich mit Haftbefehl aufwächst.
Gleichwohl wird auch der 'Klassik'-Hörer seltener in Hörsituationen geraten, die den zeitgenössischen, also damaligen, Aufführungssituationen entsprechen. Auch er wird überwiegend einen Klang bzw. ein Klanggeschehen kennen, der, das, zwar different zu dem der Popmusik ist aber dennoch auch einer Optimierung zur technisch möglichen Jeder-Zeit-Wiedergabe unterworfen ist.
Um auf die Ähnlichkeit resp. das Gleich-Klingen von Musik zurückzukommen: Unter dem Aspekt der Komplexität der musikalischen Strukturen ist es sicher richtig, dass Popmusik (i.w.S.) hier wenig bereithält - i.d.R. passiert in einem Popsong nicht viel. Auch das, was an Abweichungen neu ist, etwa abseits des klassischen Strophe-Refrain-Musters passiert, wird sehr schnell kanonisch. Dynamische Abstufungen wiederum haben im Bereich des Pop ja noch nie eine große Rolle gespielt. Radiosender komprimieren generell. Im Gegensatz etwa zur vorindustriellen Zeit, in welcher die gesamte Umwelt bedeutend leiser und Musik ein rares Ereignis war, muss gerade die primär kommerziell orientierte Musik heute möglichst überall funktionieren. In unserer akustisch wie überhaupt von Sinnesreizen überladenen Welt muss sich eben offenbar auch ein Musikwerk entsprechend durchsetzen und allein von seiner akustischen Zurichtung allenorts funktionieren können. Das geht kaum mit einem differenziert-struktuellen wie differenziert-dynamischen musikalischen Geschehen. Wo soll etwa eine leise Musik hier, bei uns, noch ihren Ort finden? Wenn man jedoch einmal nicht nur in vergangene Epochen der Musikgeschichte, sondern noch einengender in Zeitrahmen etwa einiger Jahrzehnte hineinzoomt wird man feststellen, dass die musikalischen Vertreter der jeweiligen Zeit auch sehr gleich klangen. So unterscheidet sich die Musik der Klassik, etwa zwischen Mannheimer Schule und Wiener Klassik, so gewaltig nicht. Je nachdem, wie differenziert man zu hören in der Lage sowie willens ist, wird man entweder sagen, das klinge alles gleich oder man wird eben auf die Unterschiede im Detail zu achten wissen und ggf. auf diese einen besonderen Wert legen. Und nicht anders verhält es sich auch in und mit der Popmusik.
" Fazit, wie der schöne Spruch schon sagt: It’s the economy, stupid! Und nicht die Vorliebe für Dynamikkompression und Autotune – die im Kampf um die größtmögliche Penetrierung der Musikmärkte lediglich technische Hilfsmittel sind."
Genau das ist es ! In den 80ern setzt sich der sogenannten Radiomix für Singelauskopplungen durch. Der wurde auf fast durchgängig O db komprimiert, aber nicht weil die Radostationen selber schon komprimiert haben , um lauter zu sein als der Sender auf der Frequenz nebenan, sondern weil der Song erst gar nicht in die Playlisten der Stationen aufgenommen wurde, wenn er nicht entsprechend komprimiert war und also "Bums" hatte. Man hat dann lieber schon selber komprimiert, als das den Sender irgendwie machen zu lassen. Die Plattenfirmen drägten aus ökonomischen Gründen darauf, weil sie ihr Produkt verkaufen wollten. Der Song sollte bei der Bemustrung der Stationen herausstechen, spielbarer sein, es ging um Airplay. Auch die Musiker haben also dieser Variante immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt.
Der ganze andere Kram wie zB. Sampling, digitale Sequenzierung, Drummaschiens und eben auch Autotune und Melodyne sind letztendlich der kostensparenden Digitalisierung der Musikproduktion im Popbereich geschuldet. Dass dann damit auch kreativ gearbeitet wurde sozusagen auf der Suche nach einem Alleinstellungsmerkmal auf der Ebene des eignen , "authentischen" Sounds eines Künstles, ist selbstverständlich. Man versuchte also diese neue Maschinenwelt auzutricksen, indem man sie anders benutzte als vorgesehen. Dieser Trend führte zur Dekonstruktion der Popmusik. Nach Björk und den Radio Heads lässt sich dann auch nicht mehr sehr viel Neues zur Popmusik sagen, und das ist fast 20 Jahre her. Ich wage mal die Prognose , dass Popmusik tot ist. Die kreativen Bereiche leiten sich heute wieder viel stärker vom Jazz ab und dem damit verbundenen Feel. Lautstärke ist out - zumindest bei Kenneren anspruchsvolleren, neuen Produktionen.