Ansichten einer Revolution

Wende Wenn vom Mauerfall gesprochen wird, sind oft allerhand schablonenhafte Bilder im Spiel. Doch das Erleben der Einzelnen entzieht sich eindeutigen Zuordnungen

Es ist in diesem Jahr schon viel geschrieben, erzählt und interviewt worden zum 20. Jahrestag der Wende. Oft ist von Gewinnern und Verlierern die Rede, von denen, die es nach 1989 „geschafft“ haben und jenen, die „gescheitert“ sind. Triumph und Niederlage, Täter und Opfer, Stasi-Offiziere und Bürgerrechtler – allerhand schablonenhafte Bilder geistern durch die deutsch-deutsche Erinnerungslandschaft.

Doch das individuelle Erleben entzieht sich den scheinbar eindeutigen Bildern. Der Freitag will daher in seinen Wendeporträts persönliche Rückblicke einfangen, Geschichten jenseits der großen Erzählung vom Mauerfall. Es wurden ehemalige DDR-Bürger aus verschiedenen Berufen und Gesellschaftsschichten, aus der Hauptstadt und vom Land gefragt, wie sie die großen Umwälzungen im Kleinen erlebt haben. Was sich am Arbeitsplatz, in der Familie, im Alltag verändert hat, was seit damals in ihrem Leben passiert ist und wie sie heute darauf zurückblicken. Vier Frauen und zwei Männer haben ihre Wohnzimmertüren geöffnet, in ihren Fotoalben geblättert, in alten Kisten gekramt und in ihrem Gedächtnis. Herausgekommen ist eine Momentaufnahme ostdeutscher Erinnerungen in Bild und Ton, fotografiert von Studierenden der Berliner „Ostkreuzschule für Fotografie“.

Da ist die Grafikerin, die sich erinnert, wie es war, der erste „Vorzeigeossi“ in einem westdeutschen Callcenter zu sein. Der ehemalige Feldbaubrigadier, den die Wende auf einer Reise in die BRD überraschte und der heute – nach vielen Neuanfängen – Esel züchtet. Die Studentin aus Chile, die in Ostberlin statt an der Universität in einer Nähfabrik landete und das Lebensgefühl der DDR noch immer vermisst.

Geschichten voller Nachdenklichkeit, Selbsterkenntnis und Humor, von Menschen, die sich weder als Gewinner noch als Verlierer fühlen. Sie erzählen von Umwegen, von plötzlichen Brüchen im Vertrauten und dem zögerlichen Herantasten an das Neue. Vom Zweifel über das, was war, und der Angst vor dem, was kommen würde. Von herben Enttäuschungen und unerwarteten Glücksfällen. Und vom eigenartigen Gefühl, in einem Land gelebt zu haben, das es nicht mehr gibt.

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