Wer ist eigentlich Bundeskanzler?

Haushaltsdebatte Olaf Scholz redet vom Deutschlandpakt und entwirft das große Modernisierungsprogramm - Wer ist eigentlich gerade Bundeskanzler?

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Mittwoch, 6. September im Bundestag in Berlin. Die Stimmung ist irgendwie ein bisschen anders als sonst, die "Zeitenwende"-Rede von Olaf Scholz ist jetzt etwas über anderthalb Jahre her. Hat sich was geändert?

Das "ungeliebte Kind"

Friedrich Merz und die CDU sind wieder zum ureigenen Steckenpferd zurückgekehrt: Die Bundeswehr braucht mehr Geld - und das am besten gestern schon. Das Sondervermögen werde ja eh nur dafür benutzt, zu verschleiern, dass man es mit dem 2%-Ziel der NATO doch eigentlich gar nicht so ernst meine. Die Geschichte kennen wir, die Vorgeschichte auch: sechzehn Jahre Richtlinienkompetenz der CDU und das Haushaltsloch der Bundeswehr ist nicht kleiner geworden.

Da kann auch ein Olaf Scholz in zwei Jahren nicht viel rütteln, schon gar nicht mit Christian Lindner. Der hat diesen Haushalt zurechtgestutzt wie ein Gärtner die Hecke. Dabei ist die Natur der Dinge ja offensichtlich: Das Sondervermögen für die Bundeswehr wird irgendwann, sogar sehr bald, aufgebraucht sein - das wussten alle Beteiligten, als sie es letztes Jahr beschlossen haben, auch Friedrich Merz. Aber in Zeiten, in denen die Beliebtheit der Regierung auf einem Allzeit-Tief hängt, lässt sich sowas natürlich zum einen sehr schnell vergessen und dann im selben Schachzug perfekt für eine Attacke gegen selbige nutzen.

Immer ganz groß

Nun soll es also die nächste "nationale Kraftanstrengung" sein, die Olaf Scholz auf die Beine stellen will. Den griffigen Namen "Deutschlandpakt" hat er sich sicher nicht erst bei der Rede im Bundestag aus dem Ärmel geschüttelt - nach dem "Deutschlandtempo", der "Zeitenwende" und dem berühmten "Wumms" ist das jetzt die nächste Schöpfung aus der Willy-Brandt-Straße. Irgendwie ist dieser "Pakt" aber genau das gleiche, was schon das "Deutschlandtempo" und der "Wumms" sein sollten, halt nur in ein neues Gewand gehüllt.

Scholz will alle Beteiligten an einem Strang ziehen lassen, "am besten auch in die gleiche Richtung" grinst er bei der Verkündung seines Vorhabens. Ob das funktioniert, das sei mal dahingestellt. Die Ministerpräsident*innen weigern sich ja schon jetzt, einigen angekündigten Vorhaben des Bundeskanzlers definitiv zuzustimmen - in Schleswig-Holstein gibt's auf jeden Fall schon die ersten Andeutungen eines Koalitionsstreits was die sicheren Herkunftsländer angeht. Die Gemeinden, die immer mehr in Richtung der finanziellen Hochnot dümpeln, hat auch mal wieder niemand gefragt - so scheint es.

Schau'n wir mal was wird

Dieses große, die Regierung übersteigende Konzept, das Scholz vorgeschlagen hat, scheint aber auch bei der Union zu verfangen. Zumindest für ein paar sarkastische Bemerkungen. Ob es am Ende tatsächlich zu dieser Mehrebenen-Kooperation kommt (und in welchem Umfang), das bleibt fraglich. Zuerst müssen in dieser Woche, nach dem Haushalt, die Abgeordneten auch noch über das Gebäudeenergiegesetz abstimmen - und dann wäre da noch die Diskussion über einen subventionierten Industriestrompreis. Schau'n wir mal was wird, aus dem "Deutschlandpakt".

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Geschrieben von

nkl.wlm

B.A. in Geschichte und sog. "Bananenhistoriker"

nkl.wlm