Hilfe, ich bin süchtig!

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Die erste Dosis gab es vor rund einem Monat. Mit zaghaften, kleinen, tastenden Schritten. Richtig begonnen hat es am Dienstag. Osterdienstag nachmittag. Ich hatte noch frei. Und stieß auf einen genialen ersten Post und einen wutschnaubenden Kommentar des Bloggers dazu. Der Blog selbst? Kein Wort mehr dazu hier. Und jetzt? Bin ich süchtig. Seit Tagen schon. Ich will schreiben, lesen, gelesen werden. Ich will mich einmischen. Mich austauschen. Gehört werden. Hören.

Ich habe meinen Tagesablauf umgestellt. Morgens lese ich nicht mehr online Zeitung. Ich lese in der Freitag Community. Schreibe gar, noch vor dem wachwerden. Dem richtig wachwerden. Im Job geht es weiter. Zum Glück ist im Moment nicht so viel los. Stunde um Stunde. Lesen, verstehen, austauschen, schreiben. Die Fahrt nach Hause ist lang. Zu lang. Ich möchte jetzt in der Community sein. JETZT. Nicht erst gleich. JETZT SOFORT. Angekommen, endlich angkommen, wird das Notebook angeworfen. Weiter geht’s.

Weiter geht’s? So kann es nicht weiter gehen. Aber wie komme ich runter von der Droge? Wie nur? Ich war jetzt schlappe sechs Stunden in meinem Garten. Habe Pflanzen, die diesen merkwürdigen Winter nicht überstanden haben, ausgebuddelt. Habe geschnitten, den Rasen vertikutiert. Nachgesät und gedüngt. Habe Pflänzchen – neue Mitbewohner – ihrenPlatz zukommen lassen. Helleborus, eine schwarz und eine weinrot. Eine „Rotkäppchen“-Tulpe. Osterglocken. Kurz, ich habe mich geerdet. Und an was habe ich gedacht? Was wohl? Was wohl in „meinen“ Blogs passiert. Und an diesen, meinen ersten „Beitrag“ habe ich gedacht. Beim Pflanzen habe ich an Formulierungen gedacht. Echt, ohne Schmu.

Ich bin mir ziemlich klar, warum ich süchtig bin. Ich bin begeistert davon, die intellektuellen Klingen zu kreuzen. Von thematischer Auseinandersetzung. Ich mag Sprache, Gedanken, Ideen, neue Gedanken und Ideen. Buntes und quer gedachtes. All das habe ich gefunden. Und ich bin wahrgenommen worden. Ich habe Prügel bekommen und Wertschätzung. Für meine Einschätzungen, Meinungen, Vorschläge. Das habe ich vermisst. Nicht (mehr) gesucht und gefunden.

Aber. Großes ABER. A B E R. So kann es nicht weitergehen. Ich werde sonst asozial. Verliere meinen Job, meine Freunde, ernähre mich nur noch von Tütesuppen.

Hilfe, ich bin süchtig! Ein Hilferuf an die Community: Ging es euch auch so und vor allem: Geht das von allein vorbei oder muss ich etwas unternehmen? Ich sehe, dass einige Kommentare mitten in der Nacht eingestellt werden. Andere schreiben – wie ich auch – mitten am Tag. Seid ihr alle Freiberufler. Arbeitslos. Arbeitslos geworden wg. Blogs? Hilfe, ich hoffe, ich bin kein Einzelfall.

Und jetzt. Tusch und Fanfaren. Mein erster „Beitrag“ ist fertig. Und wenn ihr nicht antwortet, werde ich mir 25 neue Mailadressen zulegen und mir selbst schreiben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

oi2503

Wat dem een sin uul is dem annern sin nachtigall

oi2503